25.02.10
Kritik am baden-württembergischen Kommunalwahlrecht auf Kreismitgliederversammlung in Walldürn
Walldürn. Die Jusos Neckar-Odenwald haben sich auf ihrer Kreismitgliederversammlung am vergangenen Sonntag für die landesweite Abschaffung der unechten Teilortswahl ausgesprochen. Einen dementsprechenden Antrag werden die Jusos im Mai auf der Landesdelegiertenkonferenz (LDK) in Konstanz einbringen. Die Vorbereitung auf die LDK, das höchste beschlussfassende Gremium der Jusos Baden-Württemberg, stand auch im weiteren Verlauf der Sitzung im Mittelpunkt.
In seinem Bericht mahnte der Kreisvorsitzende Kai Gräf zur Geschlossenheit. „Die Agenda 2010 ist Geschichte. Endlose Diskussionen bringen uns nicht weiter“, erklärte Gräf. Vielmehr müsse man „mit Phantasie und Verstand“ einen Gegenentwurf zur schwarz-gelben Politik entwickeln. Der missglückte Start der neuen Bundesregierung biete ausreichend Anlass zur Kritik.
Der Kreisvorsitzende zog weiterhin eine positive Bilanz der Arbeit des seit Oktober vergangenen Jahres amtierenden Kreisvorstandteams. „Unsere 100-Tage-Bilanz sieht weit besser aus als die der Bundesregierung“, kommentierte Kai Gräf. Man habe sich verstärkt der Auseinandersetzung mit Sachthemen wie der Bildungspolitik zugewandt und diesbezügliche Forderungen auch in der Diskussion mit Landespolitikern vorzubringen gewusst. Für die Landesdelegiertenkonferenz, einer Art „Juso-Landesparteitag“, wünschte sich Gräf eine starke Delegation, die die Positionen des Kreisverbandes nachdrücklich vertreten werde.
Anschließend berichtete der stellvertretende Kreisvorsitzende Benjamin Köpfle über die Arbeit des Juso-Kreisverbands auf Landesebene. Köpfle hob dabei besonders das gute Verhältnis zum Landesvorstand hervor und ging sodann auf die bevorstehende Landesdelegiertenkonferenz ein. Man werde dort abermals für eine linke, aber pragmatische Politik eintreten.
Der Juso-Kreisverband Neckar-Odenwald wird sich in Konstanz mit einem Antrag zur landesweiten Abschaffung der unechten Teilortswahl auch inhaltlich zu Wort melden. „Die unechte Teilortswahl ist ein Anachronismus im dringend reformbedürftigen baden-württembergischen Kommunalwahlsystem und als solcher abzuschaffen“, begründete Benjamin Köpfle die Forderung. „Das System der unechten Teilortswahl verletzt den Gleichheitsgrundsatz der Wahl und ist in höchstem Maße undemokratisch“, erläuterte der Vorsitzende Kai Gräf.
Die unechte Teilortswahl sichert den Teilorten einer Gemeinde bei Kommunalwahlen eine bestimmte Anzahl von Sitzen im Gemeinderat. Das führt unter anderem dazu, dass Bewerber aufgrund ihrer Herkunft aus einem bestimmten Teilort einen Satz im Gemeinderat erhalten, obwohl sie im Vergleich zu anderen Kandidaten weniger Stimmen erhalten haben.
Im Anschluss an Diskussion und Beschluss des Antrags wurden die drei Delegierten ermittelt, die den Antrag der Jusos im Mai auf der Landesdelegiertenkonferenz vertreten werden: Gewählt wurden Benjamin Köpfle, Kai Gräf und Laura Rottermann. Ersatzdelegierte sind Eric Görlitzer und Florian Bogda.
Die gute Zusammenarbeit der Jusos mit den übrigen sozialdemokratischen Funktions- und Mandatsträgern betonten einmal mehr die verschiedenen Gäste. Die stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende Gabriele Teichmann lobte das Engagement der jungen Sozialdemokraten nicht nur in Wahlkämpfen. SPD-Ortsvereinsvorsitzender Ralf Beyersdorfer überbrachte Grüße des SPD-Ortsvereins Walldürn und stellte die Wallfahrtsstadt vor. Kreisrat Joachim Mellinger (Walldürn) berichtete aus der Arbeit der SPD-Kreistagsfraktion.
Im Zusammenhang mit der Debatte um den Bau der Tranversale Adelsheim-Eberstadt kritisieren die Jusos den Vorstoß des Kreisrats Dr. Xaver Nafz nach einer Änderung der Streckenführung zugunsten der Trassenvariante mit dem Abstieg ins Seckachtal ebenso wie den Ruf der Jungen Union Seckach nach einem Festahlten an der bisherigen Trassenvariante. „Diese Debatte zeigt, dass die Christdemokraten lediglich Kirchturmpolitik betreiben“, erklärte Benjamin Köpfle. Juso-Kreisvorsitzender Kai Gräf ergänzte: „Wer sich grundsätzlich für den Bau der Transversale ausspricht, muss bereit sein, verschiedene Varianten zu akzeptieren.“ Ein „Ja“ zur Transversale unter der Bedingung, dass die eigene Gemeinde verschont bleibt, halten die Jusos für unsachgemäße Politik.