Ministerpräsident Kretschmann soll Signal setzen
Neckar-Odenwald-Kreis. Letztendlich ist es doch sogar weit schlimmer gekommen als befürchtet. Als „rabenschwarzen Mittwoch“ bezeichnete Landrat Dr. Achim Brötel den Tag, als bekannt wurde, in welchem Umfang der Neckar-Odenwald-Kreis bei der Bundeswehrstrukturreform „bluten“ muss: Mit der Carl-Schurz-Kaserne in Hardheim und dem Munitionsdepot in Altheim sollen gleich zwei Standorte ersatzlos wegfallen. Zusammen mit der Stellenreduzierung in der Nibelungen-Kaserne in Walldürn und in der Untertageanlage in Neckarzimmern bedeutet das einen weiteren Arbeitsplatzverlust in einer Größenordnung von weit über 800 Stellen.
Seiner großen Enttäuschung über den überproportional starken Einschnitt bei der Bundeswehr im Kreis hat der Landrat jetzt in einem Brief an den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, Ausdruck verliehen, mit dem er zugleich Hilfe und Unterstützung des Landes für das anstehende Konversionsverfahren einfordert. „Für mich ist diese Entscheidung schon deshalb völlig unverständlich, weil die Politik uns bereits in der Vergangenheit immer wieder weit überdurchschnittliche Opfer auferlegt hat“, schreibt Dr. Brötel und erinnert an die Schließung des Kernkraftwerks Obrigheim, die Schließung der Neckartal-Kaserne in Mosbach und den Abzug der Luftwaffeninstandhaltungsgruppe 11 aus Neckarzimmern: „Einschließlich der jetzt verkündeten Standortentscheidungen bedeutet das allein in den letzten sechs Jahren den Verlust von rund 3.000 Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Für einen ländlich strukturierten Kreis wie den Neckar-Odenwald-Kreis, der ohnehin schon erhebliche wirtschaftsstrukturelle und demographische Probleme hat, ist ein solcher Einschnitt schlechterdings nicht zu verkraften.“
Parallel zur Beschreibung der desolaten Lage geht es dem Landrat aber auch um die Klärung der Entscheidungsabläufe. Ihm liegt nämlich ein Schreiben des bei der Bundeswehrstrukturreform federführenden Bundesverteidigungsministers Dr. de Maizière vor, nach dem die Bundesländer angeblich „am Planungsprozess beteiligt waren“. Hier verlangt Dr. Brötel eine Erläuterung:
„Zumindest dem Wortlaut des Schreibens nach klingt das …nach einer aktiven Beteiligung am Verfahren selbst. Sollte das zutreffend sein, würde sich allerdings nicht nur für mich, sondern auch für die Betroffenen vor Ort in Hardheim und Walldürn-Altheim die entscheidende Frage stellen, warum sich die Landesregierung von Baden-Württemberg dann nicht oder nicht stärker für sie eingesetzt hat.“
Im Übrigen begrüßt der Landrat die ersten Reaktionen des Ministerpräsidenten auf die Standortschließungen aber ausdrücklich, sofern dort Hilfen zur Bewältigung der Konversion in Aussicht gestellt werden. Hier sieht er allerdings insbesondere auch den Bund selbst in der Pflicht: „Gerade für Standorte wie Hardheim und Walldürn-Altheim, die nicht nur im Ländlichen Raum, sondern auch in unmittelbarer Nachbarschaft zahlreicher weiterer Konversionsflächen liegen (Külsheim, Tauberbischofsheim, Lauda-Königshofen, Mosbach und andere), wird dieser Prozess ohne entsprechende öffentliche Hilfen nämlich kaum gelingen können.“
Konkrete Pläne und Diskussionen vor Ort seien hier gefragt, so Dr. Brötel, der in diesem Zusammenhang den Ministerpräsidenten auch gleich zu einem persönlichen Besuch in Hardheim eingeladen hat, damit er sich selbst einen unmittelbaren Eindruck von der Situation verschaffen kann: „Das wäre sicher ein gutes Signal an die Region.“