Jagst nicht ökologisch tot

Kleinstlebewesen haben überlebt – Erste Ergebnisse aus dem Arbeitskreis – Messwerte weiter im Blick

Schwäbisch Hall. (pm) Eine sehr gute Nachricht erreichte das Landratsamt Schwäbisch Hall am Vormittag: Die Jagst ist nicht ökologisch tot, sondern entgegen aller Befürchtungen haben die Kleinstlebewesen in vollem Spektrum, nur mit Ausnahme des Flohkrebses und des Hakenkäfers, überlebt. Der Flohkrebs kam in dem Teil der Jagst aber relativ selten vor. Im Juni 2012 wurden bei Mistlau (Kirchberg/Jagst) nur drei Exemplare gefunden. Die Untersuchung des vom Landratsamt beauftragten Stuttgarter Gewässerbiologen Walter Steineck ergab, dass das biologische Gesamtbild der Jagst unterhalb der Brandstelle recht ähnlich der unbelasteten Jagst ist. „Eine Einwirkung der Schadstoffwelle ist anhand des Merkmals Makrozoobenthos praktisch nicht nachweisbar, weder im Nah- noch im Fernbereich (Mistlau bzw. Oberregenbach)“, sagt der Experte unter Vorbehalt der genaueren Auswertungen, der zum Vergleich die Jagst bei Neidenfels (Gemarkung Satteldorf) untersucht hat. Das massenhafte Fischsterben habe wohl keinen benthischen Effekt ausgelöst.

Die Nahrungsgrundlagen für Fische sind also vorhanden, daher kann nicht von einem ökologischen Tod der Jagst gesprochen werden. Die Häufigkeit des natürlichen Vorkommens von Flohkrebsen und Hakenkäfern in der Jagst oberhalb der Brandstelle wird untersucht.

Auch die Fischereiforschungsstelle Langenargen schätzt die Situation vor Ort in einer Stellungnahme von Dr. Alexander Brinker optimistisch ein: „Die Jagst hat einen schweren ökologischen Schaden erlitten, der sich auch längerfristig auf die Artenzusammensetzung auswirken kann. Der positive Aspekt, wenn man das in diesem Zusammenhang sagen kann, ist, dass nach aktuell kommunizierter Sachlage nur Ammoniumnitrat eingetragen wurde. Dies bedeutet, der Fluss ist nicht strukturell geschädigt und wird in Zukunft auch sein vorher bekanntes ökologisches Potential aufweisen. Unter der Voraussetzung, dass keine Fisch-Art komplett ausgelöscht wurde, können wir berechtigter Hoffnung sein, auch die genetischen Varianten der Jagst in Zukunft zu erhalten. Der Fluss selber wird auch in den stark betroffenen Bereichen schnell wieder Leben zeigen, wenn auch die Artengemeinschaften sich in ihrer Diversität und relativen Zusammensetzung erst in der Zukunft einstellen werden. Insgesamt schätzen wir die Situation im Hinblick auf eine Genese optimistisch ein.“

Um schnellstmöglich effektive Maßnahmen zur Wiederansiedlung von Fischen und anderen Lebewesen in der Jagst zwischen Kirchberg-Lobenhausen und der Kreisgrenze umzusetzen, entschied sich das Landratsamt Schwäbisch Hall dafür, die Kräfte zu bündeln, um gleich auf der fachlichen Ebene mit der Arbeit beginnen zu können. Am gestrigen späten Nachmittag tagte deshalb erstmals der Arbeitskreis „Unsere Jagst“

  • Das Gremium erarbeitete insbesondere folgende vordringliche Maßnahmen bzw. traf folgende Feststellungen:
  • DieNahrungskettein der Jagst muss wieder hergestellt werden, bevor Fische eingesetzt werden können. Vor der Wiedereinsetzung erfolgt deshalb eine genaue Artenanalyse.
  • ImSchadensberichtdurch den LUBW werden die heimischen Arten festgelegt, so dass ein artengerechter Wiederbesatz erfolgen kann.
  • Die Durchgängigkeit der Jagst für Fische wird forciert.
  • Als Ausgleichsmaßnahme sollen im Bereich der JagstAuebiotopeangelegt werden.
  • DieSeitenbächeder Jagst werden auf Fische, Muscheln und Kleinlebewesen untersucht, und Bestandsdaten werden erhoben.
  • Die Landwirte werden gebeten, in der Jagstaue und im Bereich der Seitengewässer aufDüngungzu verzichten, damit sich das Jagstwasser weiterhin erholen kann. Es ist darauf zu achten, dass die Gülleverordnung des Landes eingehalten wird.
  • Die Kommunen werden gebeten, eineKontaktdatenliste der Fischereiberechtigtenzu erstellen, die im Gemeindegebiet vorhanden sind. Nach dem derzeitigen Fischereirecht sind die Nutzungsberechtigten nicht einheitlich erfasst.
  • In der Universität Freiburg werden derzeitdrei verendete Fische untersucht. Das Ergebnis wird dem Landratsamt baldmöglichst mitgeteilt.
  • DieAnschwemmungvon verendeten Fischen aus dem Landkreis Schwäbisch Hall im Hohenlohekreis wird von dort überwacht.
  • Die Frage desSchadensersatzesfür die Fischereivereine wird auch vom Landesfischereiverband geprüft.
  • Das Landratsamt wird die von den Fischereivereinen gemeldetenSchädenan das Regierungspräsidium weiterleiten. Informationen über verendete Vögel, die evtl. gefunden werden, werden an das Veterinäramt des Landratsamts weitergegeben.
  • DieKlärwärterder Anrainerstädte werden regelmäßig über die laufenden Sauerstoffwerte des Jagstwassers informiert.

Die über 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren – neben den Mitgliedern des Krisenstabs beim Landratsamt – Vertreter/innen der betroffenen Fischereivereine, der Umweltverbände, die Bürgermeister Klaus-Dieter Schumm (Gerabronn), Roland Wurmthaler (Ilshofen) und Wolfgang Class (Langenburg) sowie Ordnungsamtsleiter Jürgen Köhnlein (Kirchberg/Jagst) als Vertreter der Anliegerstädte und Vertreter des Regierungspräsidiums aus den Bereichen Naturschutz, Oberirdische Gewässer und Fischerei. In dieser Runde waren auch der Erste Landesbeamte Gotthard Wirth und der Fachbereichsleiter Wasserwirtschaft des Hohenlohekreises sowie eine Vertreterin der Gemeindeverwaltung Mulfingen beteiligt.

Der nahezu identische Personenkreis der Hauptbetroffenen war bereits vor einer Woche, am Dienstag 25.08.2015, ins Landratsamt einberufen worden, wo Erster Landesbeamter Michael Knaus über den aktuellen Stand der Erkenntnisse berichtet hatte. Im Arbeitskreis „Unsere Jagst“ herrschte eine ernste, jedoch optimistische Stimmung.  

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Bestätigt wurde, dass die Information über den Unglücksfall bei der Lobenhausener Mühle nach der Brandnacht bereits am Sonntagvormittag bei den betroffenen Fischereivereinen angekommen ist. Deutlich wurde, dass sich die Fischereivereine derzeit große Sorgen um ihre Zukunft machen. Wegen der anstehenden Aufgaben, die ehrenamtlich zu bewältigen sind, befürchten Sie zurückgehende Mitgliederzahlen und finanzielle Probleme. Erster Landesbeamter Michael Knaus hatte vor diesem Hintergrund veranlasst, dass bereits am vergangenen Montag ein Spendenkonto eingerichtet wurde. Mit den eingehenden Mitteln soll auch das Ehrenamt in den Fischereivereinen gefördert werden. Die Bankverbindung ist auf der Startseite der Homepage des Landkreises Schwäbisch Hall eingestellt.

Sobald in ca. drei Wochen der Schadensbericht vorliegt, findet das nächste Zusammentreffen des Arbeitskreises „Unsere Jagst“ statt. Der Expertenkreis wird im Laufe der Arbeit noch ausgeweitet.

Weiterhin werden die Wasserwerte laufend überprüft und Belüftungsmaßnahmen zur Verbesserung des Sauerstoffgehalts durchgeführt. Der erhöhte Ammonium-Wert in der Jagst bei Mistlau geht mehr und mehr zurück. Die aktuellen Sauerstoffwerte werden täglich aktualisiert auf der Internetseite des Landratsamts eingestellt.

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