Projekt „Ich hole Dich zum Spielen ab“ im Gleis 3 Neckarsulm gestartet – Über niederschwellige Zugänge sollen Flüchtlingskinder spielerisch zur Integration finden
Neckarsulm. (snp) Die Stadt Neckarsulm will Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien verstärkt in Angebote der offenen kommunalen Jugendarbeit einbeziehen, um ihnen Freizeitkontakte mit Gleichaltrigen zu ermöglichen und so die Integration zu erleichtern. Ein erster Baustein, der solche niederschwelligen Zugänge schaffen soll, ist das Projekt „Ich hole dich zum Spielen ab“, das jetzt im Kinder-Jugend-Kultur Zentrum „Gleis 3“ gestartet ist.
Alle 14 Tage jeweils am Mittwoch werden Flüchtlingskinder aus der Gemeinschaftsunterkunft im Rötel zum Spielen in das Gleis 3 eingeladen und dort von den drei Projektpartnern begleitet und pädagogisch betreut. Getragen wird das Gemeinschaftsprojekt vom Freundeskreis Asyl Neckarsulm, dem städtischen Kinder- und Jugendreferat und der Hermann-Greiner-Realschule im Rahmen des Schulprojekts „Soziales Engagement“. Auf städtischer Seite sind auch die Städtische Musikschule, das Stadtmuseum und die Integrationsbeauftragte der Stadt, Julia Bruns, beteiligt.
Für das Projekt „Ich hole Dich zum Spielen ab“ erhält die Stadt über eine Laufzeit von drei Jahren Fördermittel in Höhe von insgesamt 20.000 Euro aus dem Programm „Pädagogische Freizeitangebote für Kinder mit Fluchterfahrung“. Im Rahmen dieses Programms fördert die Stiftung Kinderland Baden-Württemberg in Kooperation mit dem Ministerium für Integration und der Heidehof Stiftung in den kommenden drei Jahren insgesamt 28 Projekte mit einer Gesamtfördersumme von 750.000 Euro.
„Bislang nehmen Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien nur sehr selten an Regelangeboten der offenen Jugendarbeit teil“, erläuterte der Kinder- und Jugendreferent der Stadt, Markus Mühlbeyer. „Um die Zielgruppe zu erreichen, reicht es nicht aus, die Angebote nur zu öffnen. Man muss die asylsuchenden Kinder und Jugendlichen persönlich einladen und abholen, und zwar im wortwörtlichen Sinne.“ Diese Aufgabe übernehmen Annemarie Adam, Koordinatorin der Kinderbetreuung beim Freundeskreis Asyl Neckarsulm, und ihre Mitstreiterinnen Marianne Franz und Elvira Aichert. Sie holen die Kinder aus der Asylbewerberunterkunft im Rötel ab und begleiten sie auf der Fahrt mit dem Bus zum Gleis 3. Dort können die Kinder je nach Altersgruppe basteln, spielen, kreativ sein oder bei Bewegungsspielen Spaß haben. Die Fahrtkosten finanziert die Stadt aus den Fördermitteln der Stiftung Kinderland.
Um zu zeigen, dass die Kinder im Gleis 3 gut aufgehoben sind, hatten die Projektpartner im November rund 40 Flüchtlingskinder zusammen mit deren Eltern in das „Cafe Zukunft“ eingeladen. Dieses wöchentliche Kontakt- und Gesprächsangebot der Caritas Heilbronn-Hohenlohe findet jeweils montags im Gleis 3 statt und richtet sich an Familien mit und ohne Migrationshintergrund. Markus Mühlbeyer begrüßte die Gäste aus Afghanistan, Pakistan, Syrien und Georgien und stellte ihnen mit Hilfe eines Dolmetschers das Angebot im Gleis 3 vor. Währenddessen spielten die Kinder im Veranstaltungssaal. Nicht nur zum Spielen und Freunde treffen ist das Gleis 3 der ideale Ort. Das kommunale Kinder-Jugend-Kultur Zentrum bietet auch Räume zum Kochen, Tanzen, Theater spielen, Musik machen oder Lernen, veranstaltet entsprechende Workshops und lädt Kinder und Jugendliche zu Ausflügen und Abenteuer-freizeiten ein.
Neben dem Kindernachmittag im Gleis 3 bietet der Freundeskreis Asyl auch in der Moschee in der Rötelstraße eine Kinderbetreuung für Flüchtlingskinder an. Die Kinder sind alle zwei Wochen abwechselnd mittwochs im Gleis 3 und donnerstags in der Moschee zu Gast. Von Januar 2016 an, wenn die neue Sammelunterkunft auf dem Gelände der Christian-Schmidt-Schule Neckarsulm voll belegt ist, werden auch Kinder aus den dort untergebrachten Flüchtlingsfamilien mittwochs im Gleis 3 von den Projektpartnern betreut, und zwar 14-täglich im Wechsel mit den Kindern aus der Unterkunft im Rötel. Dann findet im Rahmen des Projekts „Ich hole Dich zum Spielen ab“ jede Woche im Gleis 3 ein Spiel- und Betreuungsangebot für Flüchtlingskinder in Neckarsulm statt. „Die Kinder sollen angeregt und befähigt werden, die Angebote im Gleis 3 als Ferien-und Freizeitbeschäftigung möglichst auch alleine zu nutzen“, erklärte Koordinatorin Annemarie Adam.
Nicht nur das Kinder- und Jugendreferat nimmt sich den Bedürfnissen von Flüchtlingskindern an. Die Städtische Musikschule lädt Kinder aus Flüchtlingsfamilien ein, kostenlos an der musikalischen Früherziehung teilzunehmen. Die stellvertretende Leiterin der Städtischen Musikschule, Regine Kurzweil, stellte das Angebot im Gleis 3 vor. In zwölf Eltern-Kind- und musikalischen Früherziehungsgruppen können Kinder von zwei bis sechs Jahren unter fachlicher Anleitung singen, tanzen, sich bewegen und mit einfachen Instrumenten selbst Musik machen. Pro Gruppe kann ein Flüchtlingskind ab zwei Jahren gemeinsam mit den Eltern oder ab vier Jahren allein an diesem Förderangebot teilnehmen. Dank der Förderung durch die Stiftung Kinderland ist die Teilnahme kostenlos möglich.
[wp_bannerize group=”amazon”]
Darüber hinaus veranstaltet auch das Stadtmuseum von Februar 2016 an gemeinsam mit dem Albert-Schweitzer-Gymnasium (ASG) ein Projekt für Flüchtlingskinder. Wie Museumspädagogin Anette Eichhorn ankündigte, sind einmal im Monat Spiele, Sprachförder-angebote und Workshops zu stadtgeschichtlichen Themen geplant, um den Kindern aus den unterschiedlichen Herkunftsländern auf kindgerechte Weise Wissenswertes über ihre neue Heimat zu vermitteln. Auch dieses Angebot wird von der Stiftung Kinderland und einer Spende des Kiwanis Clubs Neckarsulm unterstützt.
Mittelfristig sollen dem Projekt weitere Bausteine hinzugefügt werden, um Flüchtlingskindern die Integration zu erleichtern. Geplant sind unter anderem ein Theater-Workshop, Freizeit- und Ferienangebote sowie eine hausinterne Fortbildung zum Umgang mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen.
Beim Elterntreffen im Gleis 3 stellte Oliver Urtel, Musiklehrer für Pauken, Schlagwerk und Perkussion an der Städtischen Musikschule, den Workshop „Plastic Beats“ vor, bei dem auf Plastikfässern musiziert wird. Darüber hinaus veranstaltet der Arbeitskreis „Sport und Asyl“ seit Oktober monatlich ein offenes Sportangebot für Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien. Dabei kooperiert der Arbeitskreis mit der Neckarsulmer Sport-Union, dem CVJM, dem Freundeskreis Asyl und dem Kinder- und Jugendreferat. „Alle diese Aktionen sollen Hürden und Ängste abbauen, damit junge Menschen unabhängig von der kulturellen Herkunft die offenen Freizeitangebote vor Ort für sich entdecken und nutzen können“, beschrieb Markus Mühlbeyer das Projektziel. „So tragen die verschiedenen Institutionen und Gruppen gemeinsam zu einer gesamtstädtischen Willkommenskultur bei.“
Im kommunalen Kinder-Jugend-Kultur Zentrum „Gleis 3“ in Neckarsulm ist das Kooperationsprojekt „Ich hole Dich zum Spielen ab“ gestartet. Ziel ist es, Flüchtlingskindern einen niederschwelligen Zugang zu den offenen Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit zu eröffnen und so die Integration zu erleichtern. (Foto: SNP)
Kinderbetreuung des Freundeskreises Asyl „sehr gut einsatzfähig“
Der Freundeskreis Asyl ist eine unabhängige und selbständige Interessengruppe, die seit 1992 in Neckarsulm wirkt. Er ist einzig dem Wohl der Asylbewerber verpflichtet, fungiert als Ansprechpartner und Begleiter der Flüchtlinge und verkörpert so echte Willkommenskultur in Neckarsulm. „Eine vertrauliche, nachhaltige und wertschätzende Haltung und eine verbindliche Präsenz vor Ort sind den Mitgliedern sehr wichtig“, betont Koordinatorin Annemarie Adam. Die Mitglieder der Kinderbetreuung beim Freundeskreis freuen sich über den Start des Projekts „Ich hole Dich zum Spielen ab“, wie Annemarie Adam versichert. Sie dankt den Kooperationspartnern, den Neuzugängen und dem tollen Kinderbetreuungs-Team des Freundeskreises. Die Kinderbetreuung sei derzeit „sehr gut einsatzfähig“.