Freizeitpädagogin Irmtraud Friedlein ist Hilde Kilian beim Aufbau des Weihnachtsbasars. Durch ihren Einsatz erhielt der Jugendvollzug in Adelsheim ein menschliches Gesicht. (Foto: pm)
Hilde Kilian verstorben – 45 Jahre ehrenamtlich im Jugendgefängnis aktiv
Adelsheim. (bd) „Ein wirklich erfülltes Leben ist zu Ende. Wir sind Hilde Kilian zutiefst dankbar”, reagierte Anstaltsleiterin Katja Fritsche sehr betroffen, als die Nachricht vom überraschenden Tod der Adelsheimer „Knast-Oma“ am gestrigen Mittwoch in der Justizvollzugsanstalt eintraf.
1975 begann Hilde Kilian ihr Engagement in der Adelsheimer Jugendvollzugsanstalt und leitete inhaftierte Jugendliche bei deren floristisch-gestalterischer Arbeit an. Dabei wurde sie von Anfang an von ihrer Familie unterstützt. Aus dem floristischen Projekt wurde schnell eine umfassende Gefangenenbetreuung, die erst der Corona-Lockout in diesem Frühjahr stoppte. Für ihr unermüdliches Engagement wurde die gelernte Floristin Hilde Kilian, die 1965 aus Paderborn kommend in Adelsheim ankam, mit hohen Auszeichnungen gewürdigt.
Im Mai 2004 wurde ihr von der “Internationalen Stiftung zur Förderung von Kultur und Zivilisation” die „Theodor und Friederike Fliedner-Medaille“. Mit dieser Ehrung wurde Kilians Beitrag zur Humanisierung des Strafvollzugs anerkannt. Am internationalen Tag des Ehrenamtes durfte die Knast-Oma 2009 aus den Händen des damaligen Ministerpräsidenten Günter Oettinger das Bundesverdienstkreuz entgegennehmen. Durch ihren Einsatz zum Wohle junger Menschen wurden auch Filmemacher auf Hilde Kilian aufmerksam. So portraitiert der SWR die Floristin in „Hilde und ihre Mörder“.
Jährlicher Höhepunkt ihres Engagements war der Weihnachtsbasar, den sie gemeinsam mit der Freizeitpädagogin Irmtraud Friedlein organisierte. In diesem Zusammenhang hob Anstaltsleiterin Katja Fritsche hervor, dass der Entstehungs- und Beziehungsprozess wertvoller sei, als die Erzeugnisse der Blumensteckgruppe, in der mehrmals wöchentlich gemeinsam mit Insassen florale Schmuck, Raum- und Tischdekorationen sowie kunsthandwerkliche Kleinskulpturen entstanden.
Kilian sei für Dutzende von jungen Straffälligen Ersatzmutter und –oma geworden. Als eine „Mutter Courage“ war sie Vertrauensperson für Probleme im Vollzug, stand den Häftlingen bei familiären Problemen zur Seite, vermittelte bei kriselnden Bindungen und half diese wieder in Gang zu bringen und zu festigen. Vielfach habe Hilde Kilian dazu beigetragen verlorene Kindheit nachzuholen. Dadurch leistete die Knast-Oma einen wertvollen Beitrag zur Resozialisierung der Jugendlichen. Häufig begleitete sie „ihre“ Jungs auch über die Haftentlassung hinaus.
Landrat Dr. Achim Brötel hatte Hilde Kilians Leistung mit folgenden Worten treffend gewürdigt: „Gerade Ihre wertvolle Arbeit in der Justizvollzugsanstalt Adelsheim hat maßgeblich dazu beigetragen, dem Jugendvollzug ein menschliches Gesicht zu geben und die in diesem Bereich besonders wichtigen Vollzugsziele im wahrsten Sinne des Wortes mit Leben zu erfüllen. Insofern kann das, was Sie dort in der ganz alltäglichen Arbeit geleistet haben, gar nicht hoch genug bewertet werden.“
Die ehrenamtlichen Mitarbeiter, darunter Hilde Kilian, bei der letztjähriger Exkursion mit Anstaltsleiterin Katja Fritsche. (Foto: pm)