Neckar-Odenwald-Kliniken folgen bundesweitem Trend. (Archivbild)
Kommunen brauchen endlich echte Entlastung“
Limbach. (pm) In ihrer jüngsten Fraktionssitzung haben die Freien Wähler den Haushaltsentwurf für das Jahr 2026 beraten und dabei deutliche Worte zur aktuellen Finanzlage gefunden. Die Situation der Kommunen sei dramatischer denn je – und ein einfaches „Weiter so“ könne es nicht mehr geben.
Kommunale Finanzen mit Rekorddefizit
„Man kann Sandsäcke stapeln, solange das Wasser steigt. Aber wenn der Deich selbst instabil wird, hilft kein Sandsack der Welt mehr – dann steht das ganze Land unter Wasser“, so die Fraktion. Die Landkreise, Städte und Gemeinden hätten 2024 ein nie dagewesenes Rekorddefizit von fast 25 Milliarden Euro verzeichnet; im laufenden Jahr steige dieses voraussichtlich auf über 30 Milliarden Euro an.
„Wir haben jahrelang auf das steigende Wasser hingewiesen. Jetzt, zum Jahresende 2025, wird der Deich sichtbar instabil.“ Die Rücklagen seien aufgebraucht, die Kassenkredite gestiegen, die Investitionen brächen trotz Sondervermögen drastisch ein.
„Die Fremdbestimmung unserer Kreisfinanzen nimmt weiter zu. Die Schere zwischen dem, was wir sollen, und dem, was wir können, öffnet sich Jahr für Jahr weiter.“
Ein besonders prägnantes Beispiel seien die Neckar-Odenwald-Kliniken, deren Defizite nicht durch Fehlentscheidungen vor Ort erklärbar seien, sondern Ausdruck eines bundesweiten Trends: „80 Prozent der Krankenhäuser schreiben rote Zahlen. Viele sind bereits insolvent. Wir werden in eine Strukturdiskussion gedrängt, die niemand möchte – aber bei 12 Millionen Euro Defizit unausweichlich ist.“
Bund und Land lassen Kommunen im Regen stehen
Die Ursachen seien nicht nur in internationalen Krisen zu suchen. „Vieles ist hausgemacht. Der angekündigte ‚Herbst der Reformen‘ ist ausgeblieben. Die Krankenhausfinanzierung bleibt miserabel, das Kliniksterben geht weiter.“
Auch die neue Bundesregierung habe bislang keinen Aufbruch erzeugt, zuletzt sorgten Kampfansagen an die Arbeitgeber für Verwunderung – so werde man die anhaltende Wirtschaftskrise nicht lösen.
„Unsicherheit, Reformstau und Vertrauensverlust prägen das Klima. Und wir auf kommunaler Ebene tragen die Folgen zuerst.“ Pflichtaufgaben wie das Bundesteilhabegesetz, die Jugendhilfe oder die Hilfe zur Pflege wüchsen deutlich schneller als deren Finanzierung.
Ein aktuelles Beispiel für überbordende Bürokratie und Einzelfallgerechtigkeit sei auch das Datenschutzverfahren gegen Boris Palmer wegen eines öffentlichen Geburtstagsgrußes.
„Solche Auswüchse zeigen, wie dringend ein echter Bürokratieabbau und eine wirksame Entlastungsallianz für Kommunen sind.“
Zurückhaltung bei Investitionen – Haltelinie beim Personal
Die Freien Wähler erinnern an ihren Sparantrag aus dem ersten Halbjahr, der vom Kreistag nicht mit der notwendigen Entschlossenheit aufgegriffen wurde, jedoch das Problembewusstsein geschärft habe.
„Wir begrüßen ausdrücklich, dass größere Investitionen – darunter der geplante Verwaltungsneubau – vorerst zurückgestellt werden. Das muss so bleiben, bis die Haushaltslage eine verantwortbare Umsetzung zulässt.“ Auch bei den Personalstellen müsse die Haltelinie gelten. „Ein Zuwachs ist derzeit nicht darstellbar.“
Kreisumlage erreicht Schmerzgrenze – Sondervermögen keine Lösung
Besondere Sorge bereitet der Fraktion die erneute Erhöhung der Kreisumlage um zwei Prozentpunkte. „Die Kreisumlage ist eine Pflichtabgabe und trifft die Städte und Gemeinden unmittelbar. Ihre Höhe entscheidet mit darüber, ob vor Ort noch in Kitas, Schulen, Sporthallen oder Feuerwehrhäuser investiert werden kann.“
Die mittelfristige Finanzplanung lasse erkennen: „2027 wird eine weitere Erhöhung nötig sein. Sollte die Steuerkraft um fünf Prozent sinken, wären rund 40 Prozent Kreisumlage erforderlich. Das zeigt die Dramatik der Lage.“
„Der Landkreis darf nicht gezwungen sein, der jedes Jahr neue Lasten weiterzureichen“, so die Freien Wähler. Wer Aufgaben übertrage, müsse sie solide finanzieren. Vom sogenannten „Sondervermögen“ dürfe sich niemand täuschen lassen: „Das ist wie ein Feuerwerk – kurz beeindruckend, schnell verglüht, aber es löst nicht die strukturellen Probleme.“
Abstimmungsverhalten als Signal
Die Freien Wähler werden den Haushalt 2026 nicht einstimmig unterstützen. „Wir erkennen die gesetzlichen Notwendigkeiten an. Aber wir können nicht den Eindruck erwecken, als wären wir mit dieser Entwicklung einverstanden.“ Auch Enthaltungen seien in diesem Jahr ein bewusstes Signal: „Ein Zeichen der Ohnmacht gegenüber Rahmenbedingungen, die wir nicht ändern können – deren Folgen wir aber tragen müssen. Die Grenzen sind erreicht: finanziell, strukturell, personell.“
