Ana Alcaide Trio mit Folk jenseits des Mainstreams
(Foto: Michael Pohl)
von Martin Hammer
Osternburken. Die schwüle Sommerhitze und gehöriges Donnergrollen waren die äußeren Begleiter des Konzerts des Ana Alcaide Trios in Osterburken. Eigentlich der ideale Hintergrund für ein musikalisches Programm, das sich, wie auch das aktuelle Album „Leyenda“, inhaltlich vor allem mit einem mystischen Aspekt der Iberischen Halbinsel auseinandersetzt – den weiblichen Sagenwesen der nordspanischen Heimat Ana Alcaides.
Erfreulich viele Besucher durften die Veranstalter der Kulturkommode zur letzten Veranstaltung vor der Sommerpause in der Alten Schule begrüßen; ein Umstand, der nicht unbedingt zu erwarten war, denn die Musik von Ana Alcaide ist wahrlich kein Folk-Mainstream. Was das Trio den aufmerksamen Zuhörern bot, war nicht etwa der typische Flamenco sondern ein Stilmix, welcher auf der Musik der sephardischen Juden basiert. Diese entstand im mittelalterlichen Spanien und vereint selbst schon verschiedene spanische Volksmusikstile mit Einflüssen aus Marokko, dem gesamten Mittelmeerraum bis hin zum Balkan. Ana Alcaide kombiniert traditionelle sephardische Lieder mit eigenen Kompositionen und kreiert auf diese Weise ein überaus spannendes und abwechslungsreiches musikalisches Programm.
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Sie freue sich, so die in Toledo heimische Künstlerin zu Beginn des Abends, das Publikum auf eine Reise in die spanische Kultur mit deren traditionellen Musik und den Legenden ihrer Heimat, mitnehmen zu können. Legenden bergen immer Weisheiten in sich und können Ratschläge für das Leben geben, deswegen seien sie häufig dramatisch oder traurigen Inhalts. Erfreulicherweise gab es nicht nur melancholische Momente an diesem Abend sondern ebenso tanzbare und rhythmisch anspruchsvolle Kompositionen.
Was sich jedoch bei allen Stücken zeigte, war, wie wunderbar aufeinander eingespielt das Trio agiert. Rainer Seiferth legte an der akustischen Gitarre den harmonischen Klangteppich, während sich der ursprünglich aus New York stammende Bill Cooley virtuos und souverän gleichermaßen an solch ungewöhnlichen Instrumenten wie der Oud, eine Kurzhalslaute aus dem Vorderen Orient, und dem Psalterium, einer Urform von Zither und Hackbrett, präsentierte.
Zweifellos das musikalische Markenzeichen und Alleinstellungsmerkmal von Ana Alcaides künstlerischem Schaffen ist die von ihr gespielte, ursprünglich in Schweden beheimatete Nyckelharpa, die sie während eines Studienaufenthalts kennenlernte. Als Violinistin erwachte in ihr nicht nur der Wunsch, dieses traditionelle Streichinstrument zu erlernen, dessen Saiten, ähnlich einer Drehleier, mittels Tasten verkürzt werden, sondern auch die Idee, die Nyckelharpa in die traditionelle spanische Musik einzuführen. Im Zusammenspiel des in dieser Kombination einzigartigen Instrumentariums (im Deutschen auch „Schlüsselfidel“ genannt), gepaart mit Anas wunderbarem Gesang, entsteht ein Klangbild, das die Mystik und das Folkloristische in Ana Alcaides Programm absolut unterstreicht und Spannungsbögen auch innerhalb der Lieder erzeugt.
Die ausführlichen Erklärungen zu Inhalt und Entstehung der Stücke ließen beinahe vergessen, dass die Texte auf spanisch gesungen wurden, zumal die Musik die jeweilige Atmosphäre aufs Wunderbarste transportierte. Das sympathische Trio nahm sich in der Pause und nach dem Konzert gerne die Zeit, allen Interessierten ihre Instrumente näher zu bringen – an einem Abend, der den anwesenden Weltmusik-Fans ein unvergessliches Konzert bescherte.