Auch als Dancing Queen machte Rosi Scherer eine gute Figur. (Foto: Hofherr)
Frauen- und Mädchentag im Rahmen der Neckar-Odenwald-Tage 2020 – Historikertag wegen Corona abgesagt.
Waldbrunn. Mit der furios aufspielenden Kabarettistin Rosi Scherer, die ihr knapp zweistündiges Soloprogramm “Allein ist man weniger zu zweit!” voll Energie und Ausdauer auf die Bühne der Winterhauch-Halle in Strümpfelbrunn brachte, endeten die Neckar-Odenwald-Tage2020 in der Winterhauch-Gemeinde Waldbrunn außerplanmäßig bereits am Freitag. Der ursprünglich noch geplante Historikertag mit spannenden Themen aus den Dörfern am Katzenbuckel wurde im Hinblick auf die explodierenden Corona-Infektionen abgesagt, bedauerte Landrat Dr. Achim Brötel als Schirmherr in seinem Grußwort.
Zuvor hatte Angelika Bronner-Blatz, Beauftragte für Chancengleichheit und
Frauenförderung beim Landratsamt des Neckar-Odenwald, die Gäste begrüßt und auf das Hygienekonzept verwiesen. Zu den Ehrengästen gehörten neben Dr. Brötel noch MdB Alois Gerig und Bürgermeister Markus Haas als Hausherr der Winterhauch-Halle, die zahlreichen Kopperationspartner, die mit Infoständen in der Halle vertreten waren, die Kreisräte des Neckar-Odenwald-Kreises sowie alle Helferinnen und Helfer, die zum Gelingen des Mädchen- und Frauentags beigetragen hatten. Ein besonderer Gruß ging dabei an die Mitarbeiter*innen der Gemeinde Waldbrunn.
Nach einer Schweigeminute für die Corona-Verstorbenen hob Bronner-Blatz in ihrer Ansprache hervor, dass „Es Frauen sind, die das Land rocken!“. Aus einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit gehe nämlich hervor, dass überdurchschnittlich viele Beschäftigte in den Wirtschaftszweigen Einzelhandel, Nahrungsmittel, Krankenhaus, Kindergarten und Vorschule weiblich seien. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass es genau diese Berufe systemrelevant sind. Das sei keine überraschende Erkenntnis, ließ die Frauenbeauftragte die Zuhörer wissen. Denn bereits 2017 habe ein Gutachten zum Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung dieser systemrelevanten Aufgaben benannt.
Aus diesem Grund sei in dem Gutachten dann auch der Begriff SAHGE (Soziale Arbeit, Haushaltsnahe Dienstleistungen, Gesundheit und Pflege und Erziehung) geprägt worden. Bei einem Arbeitsmarktanteil von 18 Prozent sind es 80 Prozent Frauen, die in diesen SAHGE-Berufen tätig sind. Eine Sachverständigenkommission empfiehlt laut Bronner-Blatz die Aufwertung dieser Berufe, die hauptsächlich von Frauen ausgeübt werden. Neben einer angemessenen Bezahlung sei auch eine Reform der Aus- und Weiterbildung, die Vermeidung von Überlastung und die Schaffung entsprechender Aufstiegschancen erforderlich, damit diese Berufe zu Lebensberufen werden.
Es sei die Pandemie, die allen vor Augen führe, wie bedeutsam die SAGHE-Berufe sind, hebt Angelika Bronner-Blatz abschließend noch einmal heraus. Am Ende der Krise werde sich daher zeigen, ob der aktuell geschärfte Blick auf diese systemrelevanten Tätigkeiten auch zu einer gesellschaftlichen und finanziellen Aufwertung führt.
In seinem Grußwort fragte sich Bürgermeister Markus Haas mit einem Augenzwinkern, dass er sich überlegt habe, ob die vielen Besucherinnen vielleicht nur deshalb gekommen seien, weil er der letzte ledige Bürgermeister im Neckar-Odenwald-Kreis sei. Doch danach wurde er ernst und stellte den Anwesenden die Gemeinde Waldbrunn vor und warb mit der Katzenbuckel-Therme, als touristischem Leuchtturmprojekt in der Bäderlandschaft des Kreises für weitere Besuche auf dem Winterhauch. Darüber hinaus biete Waldbrunn seinen Gästen eine hervorragenden Gastronomie, die sich auch bei den Waldbrunner Stutenmilch- und Mostwochen mit regionalen Besonderheiten aufwarten. Abschließend ließ er die Zuhörer noch wissen. dass man mit der Realisierung des Waldbrunner Winterhauch-Kinder-Campus vor einer neuen Generationenaufgabe stehe. In den Räumlichkeiten der Winterhauch-Schule sollen künftig Kindergärten und Grundschule zusammengeführt und den Kindern dadurch der Übergang in die Schule erleichtert werden. Insgesamt seien Kosten in Höhe von 8,5 Mio. Euro zu erwarten, zeigte Haas die Herausforderung auf.
Schirmherr Landrat Dr. Achim Brötel überbrachte die Grüße des gesamten Neckar-Odenwald-Kreises und ließ das Publikum wissen, dass man sich vom Virus nicht unterkriegen lasse. Obwohl Corona alle im Griff habe, müsse man lernen, damit zu leben. Daher habe man trotz reduzierter Teilnehmerzahl an dem bewährten Format des Frauen- und Mädchentags innerhalb der Neckar-Odenwald-Tage festgehalten.
Deutschland sei im Vergleich zu seinen europäischen Nachbarn bisher wesentlich besser durch die Krise gekommen, was zu einem Großteil am hervorragenden Gesundheitssystem, auch in der Region, liege. Man könne aber dennoch von den europäischen Nachbarn lernen, die den Deutschen eine gewisse Leichtigkeit des Sein voraus hätten, so Brötel. Daher sei es die absolut richtige Entscheidung gewesen, „uns selbst wieder einmal den Spiegel vorhalten zu lassen. Und: wie ginge das besser als mit Kabarett? Ich bin jedenfalls sicher: Rosi Scherer wird uns den Spiegel vorhalten“, schloss Brötel seine Ausführungen.
Und in der Tat, hielt die Kabarettistin Frauen und Männern den Spiegel vor und beackerte die Themen Küche, Kinder, Kirche. Zunächst ging sie jedoch auf die Probleme machen Berufsgruppen, wie der hochbezahlten Profifußballer ein, denen am Arbeitsplatz nicht mehr gehuldigt wurde, an das Wegbrechen von Außenterminen für den Landrat, was sogar in einer 14-tägigen Quarantäne mit seiner Frau gipfelte. Auch ihre Biografie brachte Rosi Schäfer ihrem Publikum näher. Aus Ahorn stammend – auf der A 81 kurz blinzeln – schon ist man vorbei, habe sie schon früh die Auswahl zwischen Fußball und Kirche gehabt. Sie habe sich für die Kirche entschieden, sei dann aber ausgezogen in die große, weite Welt … nach Mosbach. Dort habe sie bemerkt, dass es in der Großen Kreisstadt viele, „ich sag mal“, spezielle Typen gibt, sodass der Schritt zum Kabarett nicht weit gewesen sei.
Dann habe sie sich nach 17 Jahren MOSkitos – sie sei sich schon vorgekommen wie die Merkel des Kabaretts – selbständig gemacht – LEADER, sei Dank! und starte nun solo. Um sich selbst zu entlasten und neue Mitarbeiterinnen zu finden, habe sie dann eine Anzeige im Stadtblatt aufgegeben, um im Sinne von der Suche nach dem „The next Top-Moppel“ ein Casting zu starten. Gemeldet hatten sich S´Berta aus Mosbach, die bereits in der Grundschule auf der Theaterbühne stand, dort gemobbt bzw. schikaniert wurde, da sie keine Barbie, sondern eher eine Miss Piggy gewesen sei. Zweite Kandidatin war die Lehrerin Frau Sauerstein, die Maria Theresia der Jugend, die sich mit einem Rap um die Zustimmung der Jury bewarb und als dritte Bewerberin die Mesnerin Gundula, Jeanne d´Arc der Beichtstühle, die aufgrund des Mangels an katholischen Pfarrer und Zusammenlegung von Gemeinden von Sorgen um ihren Arbeitsplatz betroffen ist. Daher sucht sie ein neues Betätigungsfeld, in dem sie ihre vielen verborgenen Talent einbringen könne.
Da das Publikum keine Kandidatin bevorzugte, entschloss sich Rosi Scherer dazu, einfach alle drei Bewerberinnen einzustellen und dafür einfach die Eintrittspreise zu erhöhen. Nachdem die Kabarettistin vom Publikum mit viel Beifall bedacht worden war, gab es als Zugabe noch ein humoristisches Lied.
In der Pause gab es einen Imbiss, der im Sinne des Fairtrade-Gedankens mit regionalen und fair gehandelten Produkten zubereitet worden war. Darüber hinaus waren die Kooperationspartner des Neckar-Odenwald-Kreises mit Infoständen vertreten, um sie dem Publikum zu präsentieren. Dazu gehörten das Fachdienst Gesundheitswesen, Gesundheitsförderung und Prävention sowie Pflegekindern- und Adoptionsdienst, Kindertagespflege und der Integrationsbeauftragte des Landkreises, die Initiative Fairtrade-Town Neckar-Odenwald-Kreis, der Arbeitskreis Rote Karte gegen häusliche Gewalt, der Caritasverband, das Diakonische Werk, der Förderverein des Frauen- und Kinderschutzhauses, der Kinderschutzbund Neckar-Odenwald-Kreis, die Mehrgenerationenhäuser aus Buchen und Mosbach, der Verein Partnerschaft in Einer Welt e.V., der Pflegestützpunkt Neckar-Odenwald, der Tageselternverein, die Gemeinde Waldbrunn und der Weltladen Osterburken.
_Unser Bild zeigt Schirmherr Landrat Dr. Achim Brötel, die Beauftragte für Chancengleichheit und Frauenförderung Angelika Bronner-Blatz, Bürgermeister Markus Haas, Adelheid Gerig und MdB Alois Gerig. (Foto: Hofherr)