
(Symbolbild – Pixabay)
Abschied von einem charismatischen Vollblutpädagogen
Osterburken/Adelsheim. (bd) Das Bauland ist um eine imposante Persönlichkeit und einen „Vollblutpädagogen“ ärmer, dies wurde durch die Anteilnahme und die Nachrufe, die der Tod von Sonderschulrektor i.R. Herbert Pönitz ausgelöst hat, deutlich.
In der von Pfarrer Kurt Wolf geleiteten und vom evangelischen Kirchenchor umrahmten Trauerfeier wurden die vielfältigen Interessen und Kompetenzen des gebürtigen Wieners gewürdigt, der ins Bauland zog, um in der Adelsheimer Jugendstrafanstalt zu arbeiten, zu deren „Urgesteinen“ er gehörte.
Pönitz war er im Heilbronn der Nachkriegszeit aufgewachsen, im sozial belasteten Hawaii-Viertel, als einziger Gymnasiast seines Jahrgangs. Wohl auch deshalb setzte er sich stets für Benachteiligte ein und behandelte Menschen in schwierigen Lebenslagen mit Achtung und bot Unterstützung.
Dies wurde schon bei der Berufswahl deutlich – gegen den Willen des Vaters wollte er Lehrer werden. Schon mit 21 legte die erste Dienstprüfung für Volksschulen ab. 1965, nach Vorbereitungsdienst und zweiter Dienstprüfung, ließ er sich an die JVA Schwäbisch Hall abordnen, das damalige Baden-Württembergische Jugendgefängnis, und arbeitete dort bis 1970.
Neben Heirat und Familiengründung mit zwei Kindern studierte er Psychologie, absolvierte das Studium der Sonderpädagogik, unterrichtete im Heimen für sogenannte „schwererziehbare Jugendliche“, bevor er Ende 1975 mit seiner Bewerbung als Rektor in der neuen Adelsheimer JVA Erfolg hatte und deren Schule von 1976 bis Sommer 2003 leitete.
Wie der frühere Adelsheimer Anstaltsleiter Dr. Joachim Walter, der auch Namens Anstaltsleiterin Katja Fritsche sprach, schilderte, habe er in dieser Arbeit seine Bestimmung und Erfüllung gefunden, sei mit imposanter Erscheinung, zugewandter gewinnender Art und natürlicher Autorität zu einer Institution geworden.
Pönitz habe den Inhaftierten ein anderes „role-model“, eine vielen unbekanntes Männerbild vorgelebt – eine Persönlichkeit, die ihr Können und ihre Macht einsetzte, nicht um zu unterdrücken, sondern um den Mitmenschen Unterstützung zu gewähren und Erfolg zu ermöglichen.
Seiner Motivationsgabe und seinen Konzepten, insbesondere der von ihm realisierten lernpädagogischen Abteilung, die freies selbstbestimmtes Lernen mit dem Lehrer als „Lernpartner“ im Zwangskontext Gefängnis ermöglichte, sei großer Erfolg beschieden gewesen.
„Dank einem charismatischen, einfühlsamen Pädagogen, der den Mut hatte, neue und ungewöhnliche Wege zu beschreiten,“ hätten viele Hundert als Schulverweigerer und vermeintliche „Schulversager“ junge Inhaftierte Lernen und Schule als Erfolgsort neu kennengelernt und ihren Haupt- oder Realschulabschluß erworben, über 1.500 Insassen habe Pönitz maßgeblich beim Erreichen des Schulabschlusses unterstützt.
Pönitz, „ein sanfter, gebildeter und sensibler Riese also, mit erstaunlichen sozialen Kompetenzen. Hauptsächlich aber ein begnadeter Pädagoge“ werde sehr betrauert, schloss Dr. Walter.
Das ebenso reiche Privatleben des Verstorbenen war geprägt durch seine Liebe zur Musik und insbesondere dem Chorgesang, den er im Bauländer Gospelchor, im Fränkischen Madrigalchor sowie im Evangelischen Kirchenchor pflegte und dort mit seiner prägnanten Baß-Stimme imponierte.
Ebenso war er um seine Fitness auch noch über mit über 80 Jahren bemüht und wöchentlicher Trainingspartner im „Spartacus“. Ungebrochen bis zu seinem Tod auch seine Liebe zu Garten und Natur, zu Bienen und zum Obstbau, auch als Mitstreiter im Obst- und Gartenbauverein.
Seine Kinder und Enkelinnen ergriffen ebenfalls das Wort und brachten in bewegenden Worten ihren Dank und ihren Stolz auf den liebe- und humorvollen, klugen und stets reisefreudigen Familienmenschen zum Ausdruck – dass ihn der Tod auf dem Flughafen auf dem Weg zu seinem Enkel in Norwegen ereilte sei passend und tröstlich, da ihm entsprechend.