(Foto: Michael Pohl)
Warum der Sphinx der „Gimbl“ fehlt
Martin Hammer
Osterburken. Der Comedian Stefan Eichner liest aus seinem Dialekt-Band „Asterix bei die Bieramiden“ auf Oberfränkisch
Die Kulturkommode Osterburken hat in den beinahe 30 Jahren ihres Bestehens ein gutes Gespür dafür entwickelt, was als qualitativ hochwertige und gleichermaßen unterhaltsame Kleinkunst bei ihrem Publikum ankommt. Und doch reizt es die Programmverantwortlichen des Kleinkunst- und Kulturvereins, bisweilen die gewohnten Pfade zu verlassen und neue, innovative Veranstaltungsformen auszuprobieren. So geschehen, als Stefan „Das Eich“ Eichner eine Comic-Lesung von „Asterix und Kleopatra“ in der Baulandhalle präsentierte – allerdings auf seine ganz eigene Art, denn Eichner ist Oberfranke und hat das Privileg, ausgewählte Bände offiziell und exklusiv ins Oberfränkische zu übersetzen.
Asterix-Comics in Dialekten
Die außergewöhnliche Reihe der Asterix-Comics in verschiedenen, deutschsprachigen Dialekten erfreut sich großer Beliebtheit und der zuständige Berliner Verlag ist deshalb sehr darauf bedacht, authentische und zugkräftige Mundart-Autoren hierfür auszuwählen.
Es verwundert also nicht, dass Mitarbeiter des Verlags unter anderem durchaus vor Ort Erkundigungen einholen, ob denn der potentielle Übersetzungs-Kandidat auch tatsächlich diese Bedingungen erfüllt.
Künstlerischer Tausendsassa
Im Fall von Stefan Eichner wurde offensichtlich schnell klar, dass er der Richtige hierfür ist, denn der Kulmbacher ist ein künstlerischer Tausendsassa. Als „Das Eich“ tourt er seit geraumer Zeit äußerst erfolgreich mit oberfränkischer Mundart- und Musik-Comedy weit über seine Heimatregion hinaus und ist dort „bekannt, wie ein bunter Hund“, wie er sich selbst gern beschreibt.
Darüber hinaus kann man seit einigen Jahren (übrigens auch schon bei der Kulturkommode) tolle Liederabende mit ihm erleben, bei denen er ausnahmslos Reinhard-Mey-Songs interpretiert und in seinen Ansagen auch immer wieder Anekdoten aus seiner oberfränkischen Heimat einfließen lässt.
Mundart-Asterix auf Oberfränkisch
Wer also, wenn nicht Stefan Eichner, könnte prädestiniert dafür sein, einen Mundart-Asterix auf Oberfränkisch zu schreiben. „Denn der hat eindeutig noch gefehlt“, befand Eichner damals selbstbewusst – und sollte Recht behalten: Die Erstauflage seiner Erstling-Bandes „Dunnerkeil“ war innerhalb eines Tages ausverkauft. Mittlerweile sind, beinahe im jährlichen Rhythmus, zwei weitere übersetzte Bände hinzugekommen.
Asterix bei die Bieramiden
Sein zweites, in Osterburken vorgestelltes Werk, “Asterix bei die Bieramiden“, spielt in Ägypten, wo statt der sonst gewohnten Gallier natürlich die unbeugsamen und furchtlosen Oberfranken Asterix, Obelix, Miraculix und die „Fusshubn“ Idefix der ägyptischen Herrscherin Kleopatra dabei helfen, eine ehrgeizige Wette gegen den römischen Kaiser Caesar zu gewinnen; die Handlung dürfte nicht nur eingefleischten Fans bekannt sein.
Mit wieviel sprachlicher Detailverliebtheit, welchem Wortwitz und durchaus derbem Charme Eichner den hochdeutschen Text in seinen Heimatdialekt „übersetzte“ ist nicht nur bewundernswert, sondern auch sehr unterhaltsam. Und das, obwohl in den Original-Zeichnungen noch nicht einmal die Größe der Sprechblasen verändert werden durfte.
Dafür wurde ihm bei der textlichen Umsetzung weitestgehend freie Hand gelassen, weshalb Eichner die Eigenheiten seines Dialekts zwar nach selbst auferlegten Regeln aber dennoch mit Lust zur Kreativität umsetzen konnte, was auch in der einen oder anderen eigenen Wortschöpfung mündete. Dass es einen enormen Verständnisvorteil darstellt, wenn man den Dialekt-Text von einem „geeichten“ Oberfranken vorgetragen bekommt, zeigte sich bei dieser Lesung eindeutig, wobei sich der Unterschied zum Bauland-Fränkisch hörbar in Grenzen hält.
Teilhabe am Entstehungsprozess
Lektoriert werden Eichners Werke im Übrigen von einer studierten Japanologin aus Köln, die das Oberfränkische offensichtlich auch erst durch die Beschäftigung mit seinen Mundart-Texten lernte. Diese und weitere Absurditäten, interessante Hintergrundinformationen und falsche Mythen rund um die Dialekt-Asterixe wusste „Das Eich“ immer mal wieder humorvoll einzustreuen und ließ das Publikum so ganz nebenbei am Entstehungsprozess eines solchen teilhaben.
So wurde der Abend zu weit mehr als einer Lesung, bei welcher der Comic über eine Großbildleinwand hervorragend mitzuverfolgen war, sondern auch zu einer kurzweiligen Lehrstunde für die oberfränkische Sprache und Lebensart.
