Romeo und das weiße Bettlaken

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(Foto: Michael Pohl)

Ziemlich frei nach Shakespeare

Von Martin Hammer

Osterburken. (pm) Bernd Lafrenz macht mit seinem Solo-Theater-Stück William Shakespeares „Romeo und Julia“ zu einer außergewöhnlichen Komödie

Es gehört zu den am häufigsten inszenierten Dramen überhaupt, seine Thematik wurde in Filmen und Musicals verarbeitet und berührt das Publikum mittlerweile seit über 400 Jahren. Die Rede ist von „Romeo und Julia“, eines der Meisterwerke von William Shakespeare und eigentlich eine Tragödie um die destruktive Natur von unversöhnlichem Hass und Vorurteilen und die verbotene Liebe zweier junger Menschen, die eine unsägliche Familienfehde letztendlich ihr Leben kostet.

Kaum jemand wird die Geschichte um eine unerfüllbare Liebe nicht kennen. Man hat sie gelesen, gesehen, gehört … und mitgelitten. Was allerdings der Schauspieler, Autor und Komödiant Bernd Lafrenz daraus macht, ist doch eher außergewöhnlich. Nicht nur, dass er die tragische Geschichte in eine humorvolle Interpretation verpackt – er spielt sogar alle Rollen selbst. Davon, dass dies wunderbar funktioniert, konnte sich das Publikum der Kulturkommode in der Baulandhalle überzeugen.

Zu Beginn der letzten Veranstaltung im laufenden Programmjahr des Osterburkener Kleinkunst- und Kulturvereins nutzte der erste Vorsitzende der Kulturkommode Osterburken, Michael Pohl, die Gelegenheit, nicht ohne Stolz auf ein erfolgreiches Jahr zurück zu schauen, verbunden mit dem Dank an das überaus rührige Leitungsteam, an die Sparkasse Neckartal-Odenwald für ihr Sponsoring sowie nicht zuletzt an die Stadt Osterburken, die durch die Überlassung der Halle ihre Wertschätzung darüber ausdrückt, was der Verein in Sachen Kulturarbeit in der Römerstadt leistet.

19 Jahre sei es bereits her, so Pohl, dass Bernd Lafrenz mit seinem „Othello“ im Ganztagesgymnasium gastierte. Diejenigen, die ihn damals erlebt hatten, wüssten, dass die Zuschauer sich auf ein Theaterstück freuen dürfen, bei der in einer durchaus freien Interpretation die tragischen Elemente durch viel Tempo, Witz und Clownerie oft ins Gegenteil verkehrt werden.

Wie bei all seinen elf überarbeiteten Stücken, die er erfolgreich auf deutschsprachigen Bühnen parallel im Programm hat, hält Lafrenz sich auch bei „Romeo und Julia“ in Grundzügen an Shakespeares Tragödie: Die Liebe zwischen Romeo Montague und Julia Capulet, die zwei verfeindeten Familien angehören, wird zwar in einer Ehe durch Pater Lorenzo heimlich besiegelt, ist aber durch Intrigen und Verwicklungen zum Scheitern verurteilt und mündet im Tod der beiden Hauptprotagonisten. Damit endet aber auch schon jede Gemeinsamkeit mit dem Original.

Die Geschichte wird beispielsweise aus der Sicht eines Nachfahren von Romeos treuem Diener Balthasar erzählt, der sich, gemeinsam mit dem Publikum, plötzlich im norditalienischen Verona des ausgehenden 16. Jahrhunderts wiederfindet. Und von da ab ist man auch schon mittendrin in der Handlung – und Bernd Lafrenz, der „Gaukler mit den vielen Gesichtern“ ganz offensichtlich in seinem Element.

In Sekundenschnelle springt der Schauspieler zwischen Rollen und Verkleidungen hin und her und lässt durch seine genialen wie witzigen Einfälle die Zuschauer beinahe vergessen, dass tatsächlich nur eine Person auf der Bühne steht: Ein Degen wird zum Gehstock umfunktioniert, eine Maske zur Kopfbedeckung, und Romeo hält ein unschuldig-weißes Bettlaken als Julia in seinen Armen.

Mit einem Dutzend ideenreich verwendeter Requisiten und gekonnter Gestik, Mimik und stimmlichem Einsatz gelingt es Lafrenz, jeder einzelnen Figur ihren ganz individuellen Charakter zu verleihen. Zwei Zaunelemente müssen gleichermaßen als Kampfgegner wie auch als berühmter Balkon herhalten. Eine Campingliege, am Ende als Todesbahre in der dunklen Gruft verwendet, dient kurz zuvor noch als Liebesnest. Und wer hätte gedacht, mit welcher Leichtigkeit man als Solo-Darsteller die Illusion des frisch vermählten Paares unter der gemeinsamen Decke erwecken kann.

Das wahrhaft virtuose Ein-Mann-Stück des Freiburger Multitalents zeigt eindrucksvoll, dass gut gemachtes Theater keine aufwendigen Kulissen und Kostümen benötigt, sondern dass man mit Kreativität, Humor und schauspielerischem Talent die klassische Literatur vom Podest holen und auch im Alleingang daraus einen unterhaltsamen und kurzweiligen Abend machen kann. Bernd Lafrenz ist mit seinen ganz eigenen Shakespeare-Persiflagen zweifellos eine Bereicherung auf allen Bühnen.

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