Thesenanschlag im Neckar-Odenwald-Kreis. Bettina Zeus und Silke Becker (von links) mit dem gelben Plakat vor ihrer Mörtelsteiner Dorfkirche. (Foto: pm)
Protestaktion im Neckar-Odenwald-Kreis erfolgreich angelaufen
Mörtelstein. (pm) Mit einem Thesenanschlag an allen evangelischen Kirchen im Bezirk Mosbach im Neckar-Odenwald-Kreis machen Kirchenmitglieder auf den drohenden Verlust von Dorfkirchen im badischen Landesteil aufmerksam.
„Wir wollen, dass die Kirchen in unseren Dörfern bleiben“, so die beiden aus Mörtelstein stammenden Kirchengemeinderätinnen Silke Becker und Bettina Zeus, die entrüstet sind von den Plänen der badischen Landeskirche (EKIBA) mit Sitz in Karlsruhe.
Hintergrund ist ein laufender Strategieprozess der EKIBA. Nach den derzeitigen Planungen könnten allein im ev. Kirchenbezirk Mosbach bei 13 der 34 Kirchen die Mitfinanzierung durch die badische Landeskirche wegfallen. In ganz Baden dürften daher sogar weit über hundert Kirchen betroffen sein. Mit einer sogenannten Gebäudeampel wurden alle Kirchen bereits in die Kategorien „rot“, „gelb“ und „grün“ eingeteilt.
Während „grün“ die Weiterfinanzierung aus Karlsruhe bedeutet, werden „rote“ und „gelbe“ Kirchen sozusagen sich selbst überlassen. In einem Strategiepapier der badischen Landeskirche heißt es dazu, dass hier dann andere Finanzierungslösungen gesucht werden müssen bzw. die Kirchen aufgegeben oder verwertet werden sollen.
„Wir wollen uns gegen den Ausverkauf unserer Kirchen und unseres Glaubens wehren“, betonen die beiden Kirchengemeinderätinnen aus dem Neckar-Odenwald-Kreis.
In unserem kleinen Dorf Mörtelstein gibt es beispielsweise eine sehr aktive Kirchengemeinde, die Angebote für alle Generationen bereithält. Dies ist insbesondere auch für die Integrationsarbeit sehr wichtig. Die Mörtelsteiner haben bereits vor achte Jahren unter Beweis gestellt, dass sie nicht nur klagen, sondern handeln können.
Das ehemals evangelische Gemeindehaus wird seither ehrenamtlich von einem Förderverein verwaltet. Daher hat sich in Mörtelstein jetzt eine Initiative zum Erhalt von Dorfkirchen gegründet.
Die erste Aktion der neuen Initiative ist ein Thesenanschlag an allen evangelischen Kirchen im Raum Mosbach. In der vergangenen Nacht zum Sonntag wurde so an jede evangelische Kirchentür im Bezirk ein Thesenpapier angeschlagen, das über den laufenden Strategieprozess der badischen Landeskirche informiert und Auskunft über den jeweiligen Planungsstand der betroffenen Kirche gibt.
Dafür wurden ganz bewusst auch die von der badischen Landeskirche gewählten Farben „rot“, „grün“ und „gelb“ verwendet. So hängen beispielsweise an den „roten“ Kirchen auch rote Plakate mit der Überschrift „Pech gehabt! Hier zieht sich Kirche aus ihrer Verantwortung zurück.
Danach werden zehn Thesen aufgeführt, warum Kirche im Dorf bleiben muss. Das Thesenpapier schließt mit einer Aufforderung sich gemeinsam für den Erhalt aller Dorfkirchen zu engagieren und verweist auf die eigens eingerichtete Homepage.
„Wir haben uns bewusst für einen Thesenanschlag nach dem Vorbild von Martin Luther entschieden, weil wir glauben, dass der eingeschlagene Weg der badischen Landeskirche grundsätzlich in die falsche Richtung geht“, so die beiden Kirchengemeinderätinnen Becker und Zeus.
Wir wollen den Menschen aufzeigen, was es wirklich bedeutet, wenn sich die badische Landeskirche aus der Finanzierung von Dorfkirchen zurückzieht und welche fatalen Folgen dies gerade für den Ländlichen Raum hat. Daher lädt man am kommenden Donnerstag, den 15. Juni, um 19 Uhr, zu einer Dorfversammlung ins evangelische Gemeindehaus nach Mörtelstein ein. Hier soll beraten werden, wie man gemeinsam auf die Nöte der kleinen Kirchengemeinden reagieren kann.
Auch ein Imagevideo zum Erhalt von Dorfkirchen wurde bereits gedreht. Hier sieht man welchen hohen Stellenwert eine Kirche für die Menschen in den Dörfern hat.
Nach sehr vielen Gesprächen wird immer deutlicher, dass der laufenden Strategieprozess der evangelischen Landeskirche viele Menschen in ganz Baden emotional zermürbt. “Wir wollen Menschen, die gemeinsam evangelische Kirche gestalten zusammenbringen, um mit dem Oberkirchenrat in Karlsruhe und der Landessynode ins Gespräch zu kommen.
Wir hoffen sehr, dass man dort unsere Sorgen und Ängste ernst nimmt und uns hilft, unsere Dorfkirchen zu erhalten”, so die beiden Mörtelsteiner Kirchengemeinderätinnen. Interessierte und betroffene Kirchengemeinden können über die Internetseite melden.