Energieeinsparung muss Priorität haben
von Liane Merkle
Der bisherige Windpark Großeicholzheim. (Foto: Archiv)
Seckach. Zu einer etwas anderen Arbeitssitzung traf sich der Arbeitskreis “Wirtschaft“ im großen Sitzungssaal des Seckacher Rathauses unter Vorsitz von Kurt Hockwin. Zum einen erwartete man gespannt den ersten Bericht von Monika Karl, die als „frisch Gewählte“ über ihre Premiere einer Sitzung des DB-Fahrgastbeirats berichtete, wo sie als einzige Vertretung des „Hinterlandes“ unter Großstädtern teilnahm. Und die Erfahrung hatte sie begeistert, weil ihre Fragen und Anregungen sehr ernst genommen, beraten und weitgehend auch schon beantwortet worden waren. Natürlich müsse die Angelegenheit mit einem möglichen Ruftaxi beim Einsatz des S-Bahn-Sprinters erst noch detailliert geklärt werden. Wie Bürgermeister Ludwig ergänzte, spare der grundsätzliche Einsatz eines solchen Sprinters nach Heidelberg den Pendlern je Fahrt 20 Minuten. Und das sei nicht zu verachten. Monika Karl frohlockte euphorisch, dass sie sich schon auf die nächste Fahrgastbeiratssitzung freue, von der sie auf Bitte von Kurt Hockwin auch gerne wieder aktuell Bericht erstatte.
Begeisterung löste dann der eigentliche Referent des Abends aus, den Bürgermeister Thomas Ludwig auf Anregung von Hilite-Geschäftsführer Seitz als Profi der Materie Bio-Energie, in diesem Fall in Form von Windkraft, für diesen Infoabend gewinnen konnte. Sebastian Damm ist Geschäftsführer der Bio-Energie-Region HOT und als solcher nicht nur ein versierter Referent, sondern auch die Fachkraft überhaupt.
Natürlich stellte er zunächst die hauptsächlich beratende und vermittelnde Funktion der Bio-Energie-Region „HOT“ vor, bevor er auf die absolute Notwendigkeit von Windkraft einging, wobei er durchaus empfahl, wenn irgend möglich mit dem Aufbau von neuen Anlagen noch etwa fünf Jahre zu warten, denn dann könnte voraussichtlich auch die Speichertechnik mithalten. Eine weitere Empfehlung des Fachmanns war es, sich genau anzusehen, wer denn den neuen Windpark im Dorf baue. Zum einen, um die Wertschöpfung im Dorf zu halten und zum anderen um die Rentabilität so hoch wie möglich ansetzen zu können.
Als Kernaussage des Referenten, die auch Bürgermeister Thomas Ludwig noch einmal deutlich hervorhob, galt die Tatsache, dass für die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen weit mehr Flächen als nur das Aufstellungsgrundstück benötigt werden.
Hierbei wurde an den An- und Abtransport der Anlagen und an die Verlegung der Einspeiseleitung zum Stromnetz gedacht. Bürgermeister Ludwig: ,, Wenn also der Ausbau der Windkraft eine breite Unterstützung aus der Bevölkerung erfahren und für den Ort bzw. die Region eine optimale Wertschöpfung heraus springen soll, darf es nicht so weit kommen, dass der Eigentümer des Aufstellungsgrundstücks den gesamten Profit mit Pachteinnahmen und Entschädigungen kassiert und die Eigentümer der Nachbargrundstücke nur an den Lasten wie z.B. Schattenschlag oder Geräuschbelästigung beteiligt werden“.
Er appellierte daher in Anlehnung an die ,,Raiffeisenformel“ an eine gerechte Verteilung des Pachtzinses. Sebastian Damm wies noch darauf hin, dass es ganz wichtig sei, sich bei der Auswahl des Planers in keine Abhängigkeiten zu begeben, einen aktiven und offenen Dialog zwischen allen Beteiligten zu suchen und besonders die Bevölkerung bereits im Vorfeld eng in die gesamte Sachlage mit einzubinden. Im Rahmen einer anschließenden regen aber stets sachlichen Diskussion wurde auch dargelegt, dass bei immer größeren Anlagen natürlich auch der Geräuschpegel zunehmen werde. Bezüglich der “Verfahrensherrschaft“ betonte Bürgermeister Ludwig, dass diese zukünftig ganz eindeutig bei der Gemeinde bzw. dem für die Flächennutzungsplanung zuständigen Gemeindeverwaltungsverband liege, denn die vom Verband Region Rhein-Neckar ausgewiesenen regional bedeutsamen Vorrangflächen würden nur noch einen geringen Teil aller Windkraftstandorte ausmachen. „Das Hauptanliegen zum jetzigen Zeitpunkt muss sein, dass kein Grundstückseigentümer/Landwirt einen Pachtanbahnungs- bzw. Gestattungsvertrag unterschreibt“. Durch die enorme Höhe der neuen Windradgeneration werde es erstmals auch möglich sein, Windräder in Waldgebieten aufzustellen. Allgemein wurde der auch heute noch mangelhafte Ausbau des Stromnetzes bemängelt und deshalb komme es immer wieder vor, dass Erneuerbare-Energien-Anlagen abgeschaltet werden müssen, da die Stromnetze überlastet werden. Für den in dieser Zeit nicht eingespeisten Strom erhalten die Betreiber einen finanziellen Ausgleich, welcher wie die Einspeisungsvergütung selbst auf die Verbraucherpreise für Strom aufgeschlagen werden. Fazit der Diskussionen und des Referenten: ,,Bei allen Bemühungen um den Ausbau der Erneuerbaren Energien darf nie vergessen werden, dass die allererste Priorität stets das Einsparen von Strom sein müsse, dann komme an zweiter Stelle die Steigerung der allgemeinen Energieeffizienz wie die Dämmung bei Häusern usw. und erst auf dem dritten Rang folgt der Ausbau der Erneuerbaren Energien“. Gerade der Neckar-Odenwald-Kreis müsse aufgrund seiner geographischen Lage bis in zehn Jahren mit der Aufstellung von bis zu 70 neuen Windrädern rechnen und daher sei es unumgänglich, dass die Gemeinden durch die Ausnutzung ihrer Planungshoheit gestaltend eingreifen, um so einen “Wildwuchs“ zu verhindern. Abschließend dankte Bürgermeister Thomas Ludwig dem Referenten mit einem Präsent und wies darauf hin, dass die nächste Sitzung des Arbeitskreises ,,Wirtschaft“ am Dienstag, 17. Januar um 19 Uhr im Seckacher Rathaus stattfindet.