Im Gespräch mit der Wind- und Solarbranche

Im Gespräch mit der Wind- und Solarbranche
Im Gespräch mit der Wind- und Solarbranche

(Foto: pm)

Teilregionalplans Windenergie „eine mittelschwere Katastrophe“

Altheim/Sindolsheim. (pm) Auf Einladung des Arbeitskreises Energie und Klimaschutz der Jungen Union Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit dem Kreisverband Neckar-Odenwald und dem Stadtverband Buchen der Jungen Union (JU) kamen Vertreter der Wind- und Solarbranche mit Jungpolitikern aus ganz Baden-Württemberg und interessierten Bürgern aus dem Neckar-Odenwald-Kreis in Altheim und Sindolsheim zum JU-Unternehmerforum Erneuerbare Energien zusammen.

Windpark in drei Ausbaustufen besichtigt

In Altheim bot sich die hervorragende Gelegenheit mit der Firma Windenergie S&H aus Buchen Windparks in drei Ausbaustufen zu besichtigen. Dies sind der schon im Jahr 2000 errichtete Windpark Altheimer Höhe I, der 2011 hinzugekommene Windpark Altheimer Höhe II sowie die Einzelanlage, die 2022 im Vorgriff auf den aktuell genehmigten Windpark Altheim III errichtet wurde.

Eindrücklich erläuterte Projektplaner Marek Steiff anhand einer Schätzfrage, wie sich durch technische Entwicklung die Turmhöhe über den Zeitraum von 20 Jahren verdoppelt hat, während die Nennleistung verfünffacht werden konnte.

Erschwernisse beim Ausbau Erneuerbarer Energien

Neben diesen positiven Entwicklungen kam Steiff auch auf Hindernisse zu
sprechen, die den Ausbau der Windenergie in den letzten zehn Jahren verzögert haben. Insbesondere sind die Anforderungen in den Genehmigungsverfahren deutlich angewachsen. So haben sich Kosten für naturschutzfachliche Untersuchungen heute beinahe versechsfacht, im Vergleich zum Jahr 2000.

Auch Windenergie S&H hat deshalb zwischen 2013 und 2020 keine neuen Projekte begonnen. Mit dem Auslaufen der geplanten Betriebsdauer von 20 Jahren bei den ältesten Windparks und dem anstehenden Generationswechsel in der Betriebsführung habe man aber entschieden, wieder in die Planung neuer Vorhaben einzusteigen.

Derzeit laufen neben der Errichtung des bereits genehmigten Windparks Altheim III zwei weitere Planungen in Wettersdorf und Buchen. Neben dem Artenschutz seien Windkraftplanungen dabei zunehmend durch Schutzbereiche für Militär und Luftverkehr eingeengt. Auch Vorbehalte in der Bevölkerung könnten, wenn auch weit geringer als noch vor 20 Jahren, Windkraftprojekte gefährden.

Windenergie in Bürgerhand

Die Windenergie S&H hat sich eine enge Selbstverpflichtung zu Transparenz und Rücksichtnahme auferlegt, und auch auf manche Windkraftanlage verzichtet. Die offene Kommunikationsklima mit Anwohnern, Gemeinden und Behörden seien aber Teil des Erfolgsrezepts des Unternehmens ist.

Ein weiterer Baustein ist das Konzept „Windenergie in Bürgerhand“, das bei Windenergie S&H in Form von Bürgerwindparks als Kommanditgesellschaften funktioniert und einen hohen Anteil der benötigten Investitionssummen aus der Region generiert. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch Harald Schmieg mit der Windenergie Gerichtstetten GmbH & Co. KG.

Kontroverse Diskussionen

Im Anschluss an die Projektvorstellung standen Marek Steiff und Harald Schmieg für die Fragen und intensiven Diskussionen mit den Veranstaltern und Gästen zur Verfügung.

Kontrovers diskutiert wurde die Rolle der Regionalplanung beim Ausbau der Erneuerbaren Energien. Zwar bestand Einigkeit darüber, dass eine überörtliche Lenkung und vereinheitlichte Kriterien notwendig und sinnvoll seien, wenn es um den Ausbau Erneuerbarer Energien gehe.

Jedoch führe die starre Reglementierung durch die Regionalplanung, dass längst abgestimmte Projekte torpediert und die Zukunft mancher Bestandsanlage in Frage gestellt werde. Aus Sicht von Marek Steiff sei der gegenwärtige Entwurf des Teilregionalplans Windenergie des Verbands Region Rhein-Neckar „eine mittelschwere Katastrophe“

Auf die Frage, wie sich die gesetzlichen Erleichterungen im Artenschutz und zu den Flächenbedarfen für Windenergie der letzten zwei Jahre bisher auf aktuelle Projekte auswirke, erläuterte Steiff, dass die direkten Folgen derzeit noch nicht absehbar seien.

Er stelle jedoch ein Umdenken in den Genehmigungsbehörden fest. Man stoße dort inzwischen durchweg auf Kooperationsbereitschaft und ein Arbeitsklima, das es Projektplanern und Behörden ermögliche, den flächendeckenden Ausbau der Erneuerbaren Energien als gemeinsame Aufgabe zu begreifen.

Solarpark in Sindolsheim besichtigt

Mit einem Ortswechsel in das benachbarte Sindolsheim wandte sich das JU-
Unternehmerforum nun verstärkt der Solarbranche zu. Besichtigt wurde der 2023 errichtete Solarpark der ZEAG Erneuerbare Energien GmbH aus Heilbronn.

Laut Geschäftsführer Harald Endreß und Projektleiter Michael Truckenmüller habe ZEAG seit 2005 in 37 Kommunen, davon sieben im Neckar-Odenwald-Kreis und drei im Main-Tauber-Kreis, mehr als 40 Windenergieanlagen und über 100 Solarparks geplant und errichtet. Durch das besondere Konzept des Unternehmens ist Bauherr und Betreiber der Anlagen jedoch stets eine lokale Gesellschaft aus ZEAG, Gemeinde und einer eigens gegründeten Bürgerenergiegenossenschaft (BEG).

Über den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können sich Bürger finanziell zu beteiligen. Ziel sei es, so Harald Endreß, dass auch der kleinste Anteilseigner den Solarpark vor seiner Haustür als „sein Projekt“ betrachten könne. Nur so, ist Endreß überzeugt, gelinge eine flächendeckende Akzeptanz und die Erreichung der gesamtgesellschaftlichen Ausbauziele der Energiewende.

Appelle an die Politik

Nicht zuletzt bleibe durch die Beteiligung der Gemeinden, die häufig auch den Baugrund stellten, der größte Teil der Wertschöpfung von den Pachteinnahmen über Gewerbesteuern bis zu den Ausschüttungen der BEG in der jeweiligen Region.

Harald Endreß wie auch Marek Steiff von Windenergie S&H appellierten dabei aber zu aktuell mehr Mäßigung bei der Gestaltung der Pachtpreise. Diese machten nicht nur der heimischen Landwirtschaft zu schaffen, sondern konterkarierten auch Bemühungen von Bürgerenergieprojekten, die gegenüber großen Energiekonzernen auf eine kontinuierliche Gewinnausschüttung angewiesen seien und darunter litten, wenn zu große Gewinnanteile in die Flächenpacht fließen.

Endreß präsentierte Vorzeigemodelle einzelner Gemeinden, die ihre Einnahmen aus Wind- und Solarparks bewusst nicht in den allgemeinen Haushalt einfließen ließen, sondern gezielt lokale Vorhaben umsetzten, die sonst nicht finanzierbar seien. Auch dies diene letztlich ungemein der Akzeptanz vor Ort.

Beispielhafte Projekte in Buchen vorgestellt

Am Beispiel der geplanten Solarparks Rödern bei Götzingen und Kleinhansenhöhe bei Rinschheim erläuterte Projektleiter Michael Truckenmüller den Vorgang einer Projektplanung. Zunächst habe sich der Gemeinderat Buchen frühzeitig mit der Aufstellung eines Kriterienkatalogs für die Errichtung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen beschäftigt, wie auch Stadtrat Jürgen Türschel (CDU) bestätigte.

Wichtig sei dem Gemeinderat dabei gewesen, dass der landwirtschaftlichen Produktion keine hochwertigen Ackerböden durch die Überplanung mit Photovoltaikanlagen entzogen würden und ein Mindestabstand (350 m) zur nächsten Wohnbebauung eingehalten würde.

Durch die Planung der Leitungstrasse aus Sindolsheim zum Umspannwerk Hettingen sei man bei ZEAG auf die Buchener Flächenpotenziale aufmerksam geworden. Nach der Flächenauswahl und der aufwändigen Leitungstrassenplanung habe man in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis zwei durch hochwertige Eingrünung ansprechend gestaltete Parks planen können.

Auch für den Umgang mit Brutrevieren der bedrohten Feldlerche und Biotopflächen habe man elegante Lösungen gefunden. Ein artenreiches Grünlandbiotop in Rinschheim werde man unter der Hochspannungsfreileitung neu anlegen, wo ohnehin eine Lücke in der Modulbelegung erforderlich sei.

Durch ein smartes Parkdesign sei in Abstimmung mit der Jägerschaft in Götzingen ein Wildtierkorridor durch den Solarpark möglich geworden. All dies entspreche auch den hohen Qualitätsansprüchen des Unternehmens.

Abschlussdiskussion und Ausblick

Truckenmüller bemängelte jedoch, dass solche „guten Projekte“ bei der Ausschreibung der Netzeinspeisung nicht besonders berücksichtigt würden.

Dort zähle allein der zu gewährleistende Strompreis und man konkurriere dabei mit Firmen, die sich weniger an den örtlichen Anforderungen orientierten. Daran scheiterten bislang auch innovative Pläne für Agri-Photovoltaik, also Anlagen in Kombination mit einer landwirtschaftlichen Unternutzung. Hier fehlten die nötigen politischen Rahmenbedingungen.

Die Mitglieder des JU-Arbeitskreises Energie und Klimaschutz nahmen diese und weitere Anregungen für ihre Mitarbeit an der Ausrichtung der Jungen Union Baden-Württemberg in Fragen der Energiewirtschaft und der Umsetzung der Energiewende gerne mit.

Lukas Schäfer als Buchener JU-Stadtverbandsvorsitzender und örtlicher Vertreter des Arbeitskreises dankte allen beteiligten Firmen und deren Vertretern Beteiligung am offenen Dialog.

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