(Foto: privat)
„Ge(h)Babel“ begeistert die Teilnehmer
Mudau. (hs) Am vergangenen Freitagabend verwandelte sich der Ortskern von Mudau in eine lebendige Bühne für Geschichte, Geschichten und gelebte Mundart. Unter dem Titel „Ge(h)Babel – Alli Mool Herhiern“ lud der Heimat- und Verkehrsverein zu einer besonderen Veranstaltung am „Kulturhistorischen Rundgang“ ein, bei dem nicht nur die Füße, sondern auch die Ohren auf ihre Kosten kamen. Das Wissen um die Geschichte der Heimat wurde mit Witz und Humor vermittelt.
Zwischen Rathaus und Café Rose: Ein Ort erzählt sich selbst
Pünktlich um 18 Uhr versammelten sich rund 40 Interessierte vor dem Rathaus, wo die Tour begann. Mit Neugier ausgestattet, folgten sie dem Organisator Hans Slama durch die Gassen und Plätze, vorbei an historischen Gebäuden, wie dem alten Schulhaus, dem ehemaligen Rathaus,der Kirche und dem „Strohmarkt“. An jeder Station wartete ein Stück Mudauer Geschichte und ein Text des vielfältigen fränkischen Mundartraumes – mal heiter, mal nachdenklich, aber stets mit einem Augenzwinkern erzählt.
Das Projekt begleiteten und bereicherten die Mundartautorin Elfi Neubauer-Theis und die Sprachwissenschaftlerin Dr. Isabell Arnstein. Sie stellte an den Haltepunkten die vielfältigen fränkischen Mundarten vor, vom Rhein-, Süd-, Ost-, Unterostfränkischen, Kurpfälzischen bis hin zur „Hausch – Mausch -Insel. Von dieser hatten wohl bislang nur wenige gewusst.
Hexen, Grenzsteine, Spuk und Glauben
Die Tour begann am ehemaligen Marktplatz, dem heutigen Café Leos. Hier erfuhren die Besucher einiges über den ehemals wichtigen Marktflecken Mudau, der es nicht zur Stadt brachte und die Bewohner deshalb nach den kleinwüchsigen Rindern „Klammhörnli“ genannt wurden, ihnen aber auch den Utznamen „Halbherren“ eintrug. Auf die ehemalige hier vorbeiführende Ummauerung des Marktfleckens und die sogenannte Vorstadtstraße, die nach dem großen Brand von 1849 entstand, wurde eingegangen.
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Ebenso wurden die „Ortsnamen“ von Mudau wie die „Panne“, Pannestiel“ und der „Dolleshof“ (Untermudau) erläutert. Das heutige Rathaus, das 1912 als Schulhaus errichtet wurde, wurde 1945 wegen dem hier untergebrachten „Strahlenlabor“ bombardiert und es fielen diesem zwei Menschenleben zum Opfer. Der nächste Haltepunkt war das ehemalige Hotel Krone, an dem man besonders gut erkennen konnte, wie es war, wenn man gemäß der Überlieferung aus der einen Wirtschaft heraus – in die nächste hineinfiel (Gasthaus Hirsch).
Nebenan liegt das Geburtshaus des Odenwaldmalers Arthur Grimm, der auch schriftstellerisch tätig war und wie früher ein „Krabb gedozt“ wurde. Viel zu erläutern und Gesprächsstoff boten die Geschichten rund um das „Alte Rathaus“, dem früheren Zenthaus mit dem „Lumpeglöckle“, dem davor liegenden Gerichtsplatz, die Hexenverfolgungen, die Sagen vom betrügerischen und zu Tode gekommenen „Schreiberlein“, dem Juden „Eisig“, weshalb es in dem Gebäude immer noch „wewwert“ (spukt). Auch um das Gasthaus Rose rankt sich die Sage von der „feuerschützenden Kugel“.
Die nebenstehende Mariensäule „Das Bild“ ist nicht nur ein Zeugnis der Madonnenverehrung, sondern auch des Widerstandes gegen die Naziherrschaft. An der Kirche wurde die Entwicklung der letzten 600 Jahre lebendig und am angrenzenden ehemaligen Schulhaus, dem Jugendwohnhaus von Arthur Grimm, wurde seine größte Erniedrigung zitiert, die Geschichte mit dem „Abtrittsdeckel“.
Dass es im „Palzwertsgaarde“ immer noch spukt. Die Kirche, die Wirtshäuser und die Märkte, die auch als Heiratsmarkt dienten, wurden nicht ausgelassen – sie standen sinnbildlich für das soziale und spirituelle Leben der Gemeinde, und so kam man jetzt in „den „Strohmarkt“ und erfuhr hier am Beispiel Walldürn wie ein solches Marktgeschehen ablief, ebenso, dass das Ende 1904 schon damals ob der Chinesischen Konkurrenz zum Erliegen kam.
Dialekträtsel und eine Dialekt-Schulstunde
Im Cafe Rose, wo der Mundartzirkel ehemals tagte, erwartete die Teilnehmenden zum Abschluss und Höhepunkt ein liebevoll vorbereitetes Dialekträtsel, das für viele Lacher und Aha-Momente sorgte. Auch die Dialekt-Schulstunde, bei der eine Deutschstunde nachgestellt wurde, in der einer Lehrerin von den Schülern der einheimische Dialekt nähergebracht wurde, bildete den mit besonderem Beifall bedachten Abschluss.
So wurde das Motto des Abends mehr als erfüllt. Besonders erfreulich war das Interesse der Jugend und deren Wunsch nach weiteren Veranstaltungen. Die Mischung aus historischem Wissen, regionaler Sprachfärbung und humorvoller Präsentation machte den Abend zu einem Erlebnis, das noch lange nachhallt. „Es war, als würde die Region selbst sprechen“, so eine Teilnehmerin.
