Nachdem bereits aus dem Neckar-Odenwald-Kreis bzw. vom Standort Mosbach ein offener Brief an die Landesregierung nach Stuttgart ging (NZ berichtete), stellen sich nun auch die Vertreter der DHBW bzw. des Main-Tauber-Kreises und der Stadt Bad Mergentheim gegen die lautgewordenen Diskussionen um eine Zerschlagung der Dualen Hochschule Mosbach mit den Außenstellen.
Aus Sicht der Unterzeichner, Dr. Manfred Wittenstein (Vorsitzender des Beirates der Dualen Hochschule), Landrat Reinhard Frank und Oberbürgermeister Udo Glatthar wird eine ideale Hochschulstruktur zerschlagen und wird eine erfolgreiche Transfer- und Solidargemeinschaft aufgekündigt. Der massive Auf- und Ausbau einer singulären Hochschule in Heilbronn gefähre zwangsläufig die Weiterentwicklung und Perspektive der Standorte Bad Mergentheim und Mosbach.
Den offenen Brief dokumentieren wir nachfolgend im Wortlaut.
Zukunft der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Mosbach, Bad Mergentheim
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Befremden haben wir das Verfahren und die Entscheidung des Aufsichtsrates der DHBW über die geplante Selbständigkeit der Dualen Hochschule Heilbronn zur Kenntnis genommen.
Zwar ist die Verselbstständigung eines Standortes grundsätzlich ein gutes Zeichen, weil sie einmal mehr die Dynamik und das Wachstum des Erfolgsmodells DHSBW ausweist. Aber zur Erfolgsstory gehört auch, diese in einem gemeinsamen Auftritt darzustellen und die sich daraus ergebenden Fragen zu den Perspektiven und der Entwicklung an den bisherigen Standorten mit aufzuzeigen.
Wir fühlen uns auch deshalb überrascht, weil in den vergangenen Monaten nach viel Detailarbeit die Dreierkonstellation Mosbach, Heilbronn, Bad Mergentheim erst neu ausgerichtet wurde. Müssen wir von Parallelplanungen innerhalb der DHS Baden-Württemberg, ggfs. gemeinsam mit Heilbronn, ausgehen? Bedeutet das, die zentralen Gremien der Dualen Hochschule Baden-Württemberg planten mit Heilbronn, während der Vorstand in Mosbach hiervon nichts wusste und seinerseits den Dreierverbund weiterentwickelte?
Wenn ein bewährter Hochschulverbund aufgelöst wird, gebietet es die Fairness und das demokratische Grundverständnis, dass die zuständigen Gremien der betroffenen Standorte Mosbach und Bad Mergentheim einbezogen, zumindest angehört werden.
Stattdessen mussten wir aus der Zeitung von dieser weitreichenden Entscheidung erfahren.
Diese „Nacht- und Nebelaktion“ ist nicht nur unakzeptabel, sondern sie ist auch geeignet, das notwendige Vertrauen zwischen den Akteuren und Partnern der Hochschulstandorte nachhaltig zu beschädigen.
Unabhängig von dieser Verfahrenskritik beschäftigt uns natürlich nun intensiv die Sorge um die zukünftige Entwicklungsperspektiven der Hochschulstandorte Mosbach und Bad Mergentheim.
Ernsthafte Sorge bereiten uns dabei die damit einhergehenden schlechteren entwicklungspolitischen Aspekte und die damit zwangsläufig verbundene weitereSchwächung des ländlichen Raumes und seiner Wirtschaft.
// ]]>
Unsere Befürchtungen beruhen dabei auf folgenden Erkenntnissen, Fakten und Erwägungen:
Eine bewährte, auch unter betriebswirtschaftlichen Aspekten ideale Hochschulstruktur wird ohne Not zerschlagen und in eine hochschulpolitisch nicht zeitgemäße kleinteilige Struktur umgewandelt. Eine erfolgreiche Transfer- und Solidargemeinschaft wird aufgekündigt. Bislang wurden Finanzmittel und Stiftungsgelder, Ressourcen und Studiengänge partnerschaftlich auf die drei Standorte verteilt.
So hat die Leitung der DHBW Mosbach im vergangenen Jahr im engen Schulterschluss entschieden, Food-Management an den Campus Heilbronn zu verlagern, um dort weiterhin Wachstum sicherzustellen. Im Gegenzug werden in Bad Mergentheim nunmehr Wirtschaftsingenieure ausgebildet. Ohne diese Rochade von Studienangeboten wären die Studierendenzahlen am Campus Heilbronn nicht gewachsen, sondern sogar geschrumpft.
Auch die euphorische Wachstumsprognose von bis zu 2000 Studierenden in Heilbronn ist ohne Kannibalisierung der anderen Standorte nicht zu erreichen. Die bisherige Solidarität und eine adäquate Weiterentwicklung der drei Standorte wird geopfert.
Der massive Auf- und Ausbau einer singulären Hochschule in Heilbronn gefährdet deshalb zwangsläufig die Weiterentwicklung und Perspektive für die anderen zwei Standorte.
So ist in Mosbach und Bad Mergentheim nicht nur ein Stillstand in der Entwicklung zu befürchten, sondern – wegen fehlender Ressourcen und Finanzmittel – auch ein massiver Abbau von Studienplätzen mit den einhergehenden negativen Auswirkungen für unsere Wirtschaft.
Letztlich wird damit auch die bewährte und gewollte Flächenstruktur der Hochschulstandorte zur Stärkung des ländlichen Raumes insgesamt massiv geschwächt.
Dies kann weder im Interesse der Landespolitik sein, die im Gegenteil auf eine strukturelle Stärkung des ländlichen Raumes pocht, noch im Interesse unserer Wirtschaft mit den vielen Hidden Champions auch in unserer Region.
Vielleicht sind unsere Sorgen unbegründet, aber dazu hätte es einer vertrauensvollen Information und eines partnerschaftlichen Austauschs zu allen Fragen im Vorfeld bedurft.
Ergänzend sei angemerkt, dass die positive Haltung des Präsidenten der IHK Heilbronn-Franken bezüglich der Verselbstständigung des Campus Heilbronn eine Meinung ist, die im Zweifel keine repräsentative Meinung des gesamten Kammerbezirks darstellt bzw. die differenzierte Sichtweisen innerhalb der IHK Heilbronn-Franken und insbesondere im Main-Tauber-Kreis nicht angemessen berücksichtigt.
Wir bitten Sie deshalb dringend, die Betroffenen in Hochschule, Wirtschaft und Politik
in den Entscheidungsprozess einzubeziehen und uns vor allem offen darzulegen:
- welche konkreten, nachvollziehbaren Vorteile ein singulärer Hochschulstandort Heilbronn gegenüber der bisherigen Hochschulstruktur hat;
- und welche konkreten Entwicklungsperspektiven unter diesem Aspekt künftig für Mosbach und Bad Mergentheim bestehen bezüglich der Ausbaupläne, künftigen Ressourcen, Finanz- und Drittmitteln und Studiengängen. Gibt es hierfür einen Masterplan?
Wir laden Sie alle heute schon zu zeitnahen Begegnungen in die Gremien vor Ort ein und stehen jederzeit auch für Gespräche bei Ihnen zur Verfügung. Eine Mehrfertigung dieses Schreibens erhalten Herr Rektor Professor Dr. Dirk Saller, Duale Hochschule Mosbach, Herr Professor Dr. Seon-Su Kim, Campus Bad Mergentheim, Herr Präsident Professor Dr. Harald Unkelbach, Industrie- und Handelskammer Heilbronn-Franken, die Landtagsabgeordneten unseres Kreises, Herr Professor Dr. Wolfgang Reinhart sowie Herr Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Manfred Wittenstein
Vorsitzender des Beirates der Dualen Hochschule
Reinhard Frank
Landrat des Main-Tauber-Kreises
Udo Glatthar
Oberbürgermeister Bad Mergentheim