
Gestretchte Arbeitszeit: Die Stunden im Job lassen sich nicht wie ein Gummiband ziehen, sagt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Die NGG Heilbronn will verhindern, dass die Bundesregierung den Acht-Stunden-Tag abschafft. (Foto: Tobias Seifer)
Mehrarbeit ohne Bezahlung
(pm) Im Neckar-Odenwald-Kreis haben Beschäftigte im vergangenen Jahr rund 1,6 Millionen Überstunden geleistet. Laut „Arbeitszeit-Monitor“ des Pestel-Instituts, erstellt im Auftrag der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), blieben davon rund 850.000 Stunden unvergütet. Besonders betroffen ist die Gastronomie: Köche, Kellnerinnen, Barkeeper und Servicekräfte arbeiteten zusammen etwa 20.000 Stunden zusätzlich – mehr als die Hälfte davon ohne Entlohnung.
Sorge um noch längere Arbeitszeiten
Die NGG warnt, dass die Belastung künftig noch größer werden könnte. Hintergrund sind Pläne der Bundesregierung, den Acht-Stunden-Tag und die wöchentliche Höchstarbeitszeit aufzuweichen. Nach Einschätzung von NGG-Geschäftsführer Frank Meckes könnten Beschäftigte dann bis zu 12 Stunden und 15 Minuten täglich arbeiten – hochgerechnet auf die Woche wären das 73,5 Stunden. Solche Arbeitszeiten seien ein massiver Rückschritt und gesundheitlich hochriskant.
Gesundheit und Familienleben in Gefahr
Meckes betont, dass schon jetzt 60-Stunden-Wochen in Spitzenzeiten möglich seien. Noch längere Arbeitszeiten führten zu gesundheitlichen Risiken wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Burnout und verschärften die Probleme bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wer Schichten von zwölf Stunden arbeite, könne Betreuungszeiten in Kita oder Hort kaum noch einhalten. Besonders betroffen seien Frauen: 76 Prozent der Teilzeitstellen im Kreis sind weiblich besetzt.
NGG fordert bessere Arbeitsbedingungen statt längerer Schichten
Anstatt das Arbeitszeitgesetz aufzuweichen, brauche es andere Maßnahmen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Laut NGG gehören dazu bessere Arbeitsbedingungen, familienfreundliche Arbeitszeiten, gezielte Qualifizierung und mehr Ausbildungsplätze. Meckes fordert die Bundestagsabgeordneten der Region auf, Änderungen am Arbeitszeitgesetz entschieden abzulehnen: „Noch mehr Flexibilität ist gar nicht nötig. Längere Schichten sind keine Lösung, sondern verschärfen die Probleme.“