(Foto: pm)
100. Ukraine-Mahnwache – Putins Propaganda wirkt im Odenwald
Mosbach. (bd) Am zweiten Jahrestag des russischen Überfalles auf die Ukraine hatte man in Mosbach ein trauriges Jubiläum zu begehen, zum 100. Mal fand die überparteiliche Mahnwache für Frieden und Solidarität mit der Ukraine statt, die Lena – Marie Dold mit einer exemplarischen Schilderung aus dem Kriegsalltag eines Hotels in Kyjiw eröffnete.
Etwa 150 Teilnehmer:innen hatten sich auf dem Château-Thierry-Platz versammelt, darunter Landrat Dr. Achim Brötel und OB-Stellvertreter Manfred Beuchert (CDU), die Kreisspitze von B90/Die Grünen mit Maren Fütterer und Andreas Klaffke sowie Kreistags-Fraktionsvorsitzender Simone Heitz, Freie Wähler-Kreisvorsitzender Bruno Herberich und Dorothee Schlegel (SPD -Kreisvorsitzende), alle treue Unterstützer:innen der Mahnwache, wie auch Adelsheims Bürgermeister Wolfram Bernhardt.
Landrat Dr. Brötel unternahm in seiner Rede, die er mit den Kriegserfahrungen seiner Vorfahren einleitete, einen Rückblick in die letzten 100 Jahre. Seit zwei Jahren werde in Europa, gerade 1.500 Kilometer von Mosbach entfernt, wieder ein Eroberungskrieg geführt.
Dieser sei jedoch nicht “ausgebrochen”, sondern von Putin lange vorbereitet, angekündigt und schließlich mit absurd verlogenen Begründungen begonnen worden. Und er ziele nicht nur auf die Beseitigung der staatlichen Souveränität der Ukraine ab, sondern sei ein direkter Angriff auf die Werte des freien Westens.
Er bedeute tatsächlich eine Zeitenwende. Die deutsch-französische Freundschaft, die Beweis sei, dass es keine Erbfeindschaft zwischen Völkern gebe und auf deren Gelingen die gesamte europäische Einigung beruhe, müsse der Motor sein in der Unterstützung der Ukrainischen Selbstverteidigung.
Und auch im Kreis gelte es weiterhin, die wegen des Krieges hier lebenden, über 2.500 Ukrainer:innen zu beherbergen und zu unterstützen. Die Initiative zur überparteilichen Mahnwache und das unaufhörliche Engagement von Arno Meuter, Lena – Marie Dold und ihren Mitstreiter:innen sei vorbildhaft und werde von ihm weiter mitgetragen.
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Die junge Ukrainerin Sofiia Chernenko, wandte sich danach an die Menge. Sie lebt in Limbach und besucht in Buchen das Gymnasium. “Heute stehe ich vor Ihnen, um über eine Reise zu sprechen – eine Reise die mich durch Tiefen und Höhen geführt hat, die mein Leben auf unvorhergesehene Weise geprägt hat”.
Eine Reise die in der Ukraine, ihrem Zuhause, dem Ort ihrer Kindheitserinnerungen und Träume, begann. “Doch diese Reise nahm eine abrupte Wendung, als der Krieg alles veränderte, als die ruhigen Straßen von Angst und Verlust überschattet wurden. Es war eine Zeit, die meine Existenz auf den Kopf stellte, eine Zeit, die mit dem schmerzhaften Verlust meines Vaters begann, einem Verlust, der mich zutiefst erschütterte und mich dazu zwang, mein Zuhause zu verlassen, ohne die Möglichkeit mich gebührend zu verabschieden.”
Diese unfreiwillige Reise führte nach Deutschland, “in ein Land voller Möglichkeiten und Hoffnungen, ein Land, das mir eine Chance gab, mich weiterzuentwickeln und zu wachsen in Frieden und ohne Angst, zu sterben”.
Hier beteiligte sich Sofiia Chernenko neben der Schule an Übersetzungsprojekten und machte viele wichtige Erfahrungen, erhielt letztlich ein Talentstipendium, das ihr Beschäftigung und Chancen bietet. “Diese Programme lenken mich wirklich davon ab, über die aktuellen Ereignisse in meiner Heimat nachzudenken.”
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Trotz der Herausforderungen und des Verlustes sei sie dankbar für die Chancen und die Unterstützung, die sie von Deutschland erhalten habe. Sie endete: “Ich stehe fest entschlossen meine Vergangenheit zu ehren, mein Gegenwart zu schätzen und meine Zukunft mit Hoffnung und Entschlossenheit zu gestalten. Mögen wir alle die Kraft und Mut finden, unsere Reisen mit Integrität und Mitgefühl fortzusetzen und hoffen, dass alles in unseres Leben gut wird und ich meine Heimat bald wiedersehen werde”, und rührte viele zu Tränen.
Klaus Brauch-Dylla, Mitinitiator der Mahnwache von B90/Die Grünen und erster Redner der ersten Mahnwache, wünschte, dass es in einem Jahr keine Mahnwache mehr geben müsse. Vor zwei Jahren entstand aus Empörung, Ohnmacht, teilweise auch Angst, und dem Bedürfnis, damit nicht allein zu sein, etwas Gutes, betonte Brauch-Dylla.
Nicht nur, weil ein beachtlicher Spendenbetrag für Vostok SOS gesammelt, und den Kriegsopfern Gesichter gegeben und gedacht wurde, sondern auch, weil die geflüchteten Menschen und deren Angehörige eine Lobby, Gehör und Unterstützung fanden. Dieser Protest habe darüber hinaus den demokratischen Zusammenhalt in der Region gestärkt, hob Klaus Brauch-Dylla hervor.
Gleichzeitig reiche, konspirativ und im Verborgenen, Putins Propaganda bis in den Neckar-Odenwald-Kreis. So habe im November in Wagenschwend ein Vortrag stattgefunden, der von einer anonymen Organisation namens „Freie Odenwälder“ organisiert worden war. Zwei Aktivist:innen der Organisation „Druschba-global“ traten damals auf.
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Diese, vom russischen Regime hoffierte Organisation, werde von der Reichsbürger:innen, Verschwörungserzähler:innen und aus der sogenannten rechtsradikalen Szene der Selbstverwalter:innen unterstützt. Bereits 2016 und 2017 haben Delegationen dieser Gruppierung die annektierte Krim bereist und habe sich vom angeblichen wirtschaftlichen Aufschwung nach dem “freiwilligen Beitritt zu Russland” beeindruckt gezeigt.
Kurz nach dem Vortrag in Wagenschwend habe sich eine Druschba-Regionalgruppe Odenwald gegründet. „Druschba global“ hat außerdem einen Förderverein, der seinen Sitz in Billigheim-Allfeld habe, und über das Konto bei der Volksbank Mosbach Spenden sammle, um russische Propaganda zu verbreiten, warnt Brauch-Dylla.
Man brauche also nicht bei AfD, Wagenknecht und anderen “Putin – Papageien” auf überörtlicher Ebene suchen, denn auch im Neckar-Odenwald-Kreis müsse man kritisch und wachsam sein.
Mit dem Zitat von Alexej Nawalny: „Für den Triumph des Bösen braucht es nichts weiter, als dass die Guten untätig bleiben. Also seid nicht passiv,“ gedachte Klaus Brauch-Dylla am Ende seiner Rede dem verstorbenen Kremlkritiker Nawalny.
Als letzter Redner brachte Arno Meuter seine Hoffnung auf ein friedvolles Zusammenleben aller Völker zum Ausdruck. Er zitierte am Ende seiner Ausführungen die berühmte Rede Charly Chaplins aus dem Filmklassiker „Der große Diktator“: „Jeder Mensch sollte dem anderen helfen, nur so verändern wir die Welt.“