Landrat Dr. Brötel hört Alarmglocken schrillen
Neckar-Odenwald-Kreis. „Strukturelle Veränderungen“ von Organisationen können durchaus sinnvoll sein, lassen gerade im Ländlichen Raum meistens aber auch die Alarmglocken schrillen. Die Leidtragenden sind nämlich in der Regel die Bürgerinnen und Bürger: Wege werden weiter und Entscheidungen fallen dann woanders.
Diese Sorge erfüllt derzeit auch den Landrat des Neckar-Odenwald-Kreises, Dr. Achim Brötel. Es geht dabei um die Arbeitsagenturen vor Ort und die nun bekannt gewordenen Pläne für weitreichende strukturelle Veränderungen. Demnach soll, falls die Pläne tatsächlich so umgesetzt werden, die für den Neckar-Odenwald-Kreis zuständige Arbeitsagentur Tauberbischofsheim künftig mit der Arbeitsagentur Schwäbisch Hall zusammengelegt werden.
Diesbezüglich hat sich der Landrat deshalb auch umgehend an den Vorstandsvorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit Frank-J. Weise, die Vorsitzende des Verwaltungsrates der BA Annelie Buntenbach und Eva Strobel, die Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Baden-Württemberg, gewandt. In seinem Brief betont Dr. Brötel, dass die neue „Mammut-Agentur“ für eine Fläche von rund 4.700 km² zuständig wäre – eine Fläche, die nahezu doppelt so groß ist wie das gesamte Saarland. „Inwieweit man dabei noch von einer bürgernahen Aufgabenerledigung und einer entsprechenden Präsenz in der Fläche sprechen kann, wage ich doch ganz erheblich zu bezweifeln“, schreibt Dr. Brötel. Hinzu käme, dass eines der hauptsächlichen Kriterien für den Neuzuschnitt, nämlich die Berücksichtigung von Wirtschaftsräumen, örtlichen Arbeitsmärkten und Pendlerströmen, in diesem Fall ganz offensichtlich nicht erfüllt sei, denn: „Derartige Verflechtungen in Richtung Schwäbisch Hall gibt es aus dem Neckar-Odenwald-Kreis definitiv nicht.“
Auch die Auswirkungen auf die einzelnen Geschäftsstellen vor Ort treiben den Landrat um. Denn sowohl die Geschäftsstelle Mosbach als auch die Geschäftsstelle Buchen der Arbeitsagentur werden die neuen Mindestwerte von 30 Mitarbeitern nicht erreichen; ihre (ohnehin bescheidene) Selbständigkeit ist also akut gefährdet, auch wenn sich am Bestand (zunächst?) nichts ändern soll. Veränderungen würden sich also mitnichten allein auf den „Back Office-Bereich“ beschränken, auf einen Bereich also, mit dem die Bürger nicht wirklich in Kontakt sind. Tatsächlich befürchtet Dr. Brötel einen „Tod auf Raten“: „Aus meiner Sicht wäre eine weitere Einschränkung der Service- und Dienstleistungsfunktionen für die Bürgerinnen und Bürger des Neckar-Odenwald-Kreises allerdings nicht mehr vertretbar.“
Vor diesem Hintergrund schlägt der Landrat ausdrücklich vor, eines der geplanten bis zu vier Back Office-Zentren landesweit in den strukturschwachen Bereich der Arbeitsagentur Tauberbischofsheim zu verlegen: „Das wäre nicht zuletzt ein klares Signal der Bundesagentur für Arbeit zur Stärkung des Ländlichen Raums.“
Die Frage des Hauptsitzes einer möglicherweise künftig fusionierten Arbeitsagentur Tauberbischofsheim/Schwäbisch Hall kann nach dem Verständnis von Dr. Brötel nur mit Tauberbischofsheim beantwortet werden, unter anderem begründet mit dem erheblichen Aderlass, den der Main-Tauber-Kreis gerade auch durch die Schließung zahlreicher Bundeswehr-Standorte zu verkraften hatte. „Wenn diese Entwicklung jetzt auch noch durch die Bundesagentur für Arbeit so fortgesetzt wird, droht im Ergebnis der „Ausverkauf“ des Ländlichen Raums. Eine solche Entwicklung kann aber weder im Interesse der Landes noch der Regionaldirektion Baden-Württemberg liegen“, mahnt der Landrat. Demgegenüber zähle der Wirtschaftsraum Schwäbisch Hall zu den prosperierenden Regionen, wo ein entsprechender Zentralitätsverlust deutlich leichter zu verschmerzen wäre.