„Das Vertrauen der Märkte muss über glaubhafte Sanierungsprogramme der Staaten wiederhergestellt werden“
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Buchen. (pm) Den Euro in der Bewährungsprobe sah man am Montagabend, 5. Dezember 2011, in Buchen im Prinz Carl. Der hiesige Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Peter Hauk, hatte zur Diskussionsveranstaltung eingeladen. Als Finanzexperte unterstützte ihn dabei Rudolf Zipf, Vorstandsmitglied der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW).
„Die Verunsicherung der Menschen ist groß und beinahe jeden Tag gibt es neue Meldungen über Euro-Rettungsschirme, Eurobonds oder Haircuts“, eröffnete Hauk die gut besuchte Veranstaltung. Aus diesem Grund habe er auch eingeladen, um über diese Entwicklungen zu informieren und zu diskutieren. „Deutschland ist der Motor der Europäischen Union. Die Nachfrage nach unseren Staatsanleihen ist derzeit so groß, dass die Rendite ins Minus geht“, erläuterte Hauk. Und keine andere Nation profitiere so stark vom Euro wie die deutsche. „Wir sind ein Exportland – gerade auch Baden-Württemberg – und der Großteil unserer Exporte geht in den Euroraum. Eine oftmals geforderte Rückkehr zu den Nationalwährungen wäre fatal für uns. Denn eine DM würde gegenüber anderen Währungen stark aufgewertet werden und somit den Absatz deutscher Produkte verhindern. Das würde unsere Wirtschaftskraft massiv treffen“, machte Hauk die Alternativlosigkeit zum Euro deutlich.
Für das Ausmaß der Bankenkrise 2008 trage auch die Finanzbranche einen großen Teil der Verantwortung, resümierte Zipf durchaus selbstkritisch. Diese sei inzwischen zur Staatenkrise geworden, da die enormen Schulden der Staaten – wie etwa Griechenlands mit Gesamtschulden von derzeit ca. 180% des BIP – die Märkte beunruhigt hätten. „Die Angst, das Geld, das man verleiht oder anlegt, nicht mehr zurückzubekommen ist groß“, so Zipf. Wozu Hauk ergänzte: „Deshalb halte ich den Weg, den die Bundesregierung eingeschlagen hat, Griechenland bei der Staatssanierung kritisch zu begleiten und zu unterstützen, für den richtigen. Wäre Griechenland fallen gelassen worden, wäre die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union nachhaltig beschädigt worden. Die EU und die Währungsunion sind eine historisch nie dagewesene Form der transnationalen Zusammenarbeit. Dafür gibt es einfach noch kein Handbuch.“
Zipf zeigte weiter den Weg in die Schuldenkrise auf: Nach der Euroeinführung hätten die Länder mit zuvor schwacher Währung und hohen Zinsraten auf einen Schlag billiges Geld bekommen. „Das hat die Anreize zum Sparen nicht gerade verstärkt“, so Zipf. Italien habe beispielsweise in 26 Jahren vor der Euroeinführung 25 Mal die eigene Währung abgewertet, um die eigene Wirtschaft am Leben zu erhalten. Das sei mit dem Euro dann nicht mehr möglich gewesen.
Auch zu den immer wieder diskutierten Lösungsmöglichkeiten bezog der gelernte Betriebswirt Zipf Stellung. Eurobonds seien seiner Einschätzung nach nicht der richtige Weg, denn so würden wiederum die Anreize zum Sparen nicht gesetzt werden, was auf große Zustimmung im Publikum stieß. Genauso vehement sprach er sich gegen den weiteren Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB aus. „Das löst das Problem nicht, sondern verlagert es nur“, so Zipf. Vielmehr müsse sich nun eine stärkere gemeinsame Finanz- und Haushaltspolitik etablieren, gepaart mit glaubhaften Schuldentilgungsprogrammen. Als attraktive Maßnahme betrachte er hierzu den Schuldentilgungsfonds. Dieser Idee nach müssten die Staaten die Schulden, die über den im Eurostabilitätspakt festgeschriebenen 60% des BIP liegen, in einen Fonds auslagern und eine festgeschriebene Tilgung vornehmen. So etwa über einen Zuschlag auf die Einkommenssteuer, der dann auch wirklich nur für diese Tilgung verwendet werden würde.
„Nur über eine klare Haushaltsdisziplin kann das Vertrauen auf den Märkten wieder geschaffen werden. Das ist der Schlüssel“, sagte Zipf abschließend. Auch Hauk schloss sich diesem Tenor an: „Die Zeit der Schuldenmacherei ist vorbei. Das müssen alle staatlichen Ebenen vom Gemeinderat, über den Kreistag, den Landtag bis zum Bundestag und die darin Handelnden erkennen.“ Dem Vortrag schloss sich eine lange und intensive Diskussion an, in der auch die Rolle der Rating-Agenturen oder die Einführung einer Transaktionssteuer erörtert wurden.