
Unverändert gilt beim Kreislaufstillstand: „Prüfen – Rufen – Drücken“ – der einzige Fehler, den man machen kann, ist nichts zu tun! (Foto: Genzwürker)
15. Odenwälder First Responder Tag mit Schwerpunkt Wiederbelebung
Buchen. (hg) Kurz nach Veröffentlichung der internationalen Empfehlungen zur Reanimation Mitte Oktober widmete sich der mittlerweile 15. OFIRTA – Odenwälder First Responder Tag – schwerpunktmäßig dieser wichtigen Thematik. Die Fortbildungsveranstaltung für ehren- und hauptamtliche Einsatzkräfte aller Organisationen fand im Hybridformat, also einer Kombination von Präsenz und Livestream statt. Die Zahl der Teilnehmer lag dabei mit über 460 aus mehreren Bundesländern deutlich höher als im Vorjahr, wobei über 170 vor Ort in der Buchener Stadthalle waren und damit auch eine wichtige Intention der Veranstaltung unterstrichen: den Austausch zwischen allen an der Notfallversorgung Beteiligten zu fördern. Rund um die Uhr sind First Responder, also qualifizierte Ersthelfer oder „Helfer vor Ort“ (HvO), in ihren Gemeinden ehrenamtlich einsatzbereit, um die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes zu überbrücken.
Für diese wichtigen Ersthelfer organisieren die Leitenden Notärzte in Kooperation mit dem Förderverein psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) im Neckar-Odenwald-Kreis die jährliche Fortbildung. Vorrangige Zielsetzung der Veranstaltung ist es, durch gemeinsames Lernen und den Austausch zwischen verschiedenen Fachdiensten die Zusammenarbeit im Notfallgeschehen immer weiter zu optimieren. Dank der Unterstützung von Sponsoren kann diese Veranstaltung seit der ersten Auflage im Jahr 2011 kostenlos angeboten werden.
Als Organisator des OFIRTA freute sich Priv.-Doz. Dr. Harald Genzwürker, Sprecher der Gruppe Leitender Notärzte, bei der Begrüßung über den großen Zuspruch. Landrat Dr. Achim Brötel dankte als Schirmherr der „mit Abstand größten Fortbildungsveranstaltung in der Region für ehrenamtlich tätige Einsatzkräfte“ den engagierten Helfern für ihren Einsatz bei zahlreichen Notfällen rund um die Uhr, aber auch für die Bereitschaft, sich zusätzlich immer wieder Zeit für die Aus- und Fortbildung zu nehmen. Auch Bürgermeister Roland Burger freute sich über die große Resonanz und dankte als Präsident des DRK-Kreisverbandes Buchen für das vielfältige, hochprofessionelle Engagement der Helfer. Per Videobotschaft übermittelte die Wahlkreisabgeordnete und Bundesgesundheitsministerin Nina Warken ihren Dank an die engagierten Einsatzkräfte, die insbesondere im ländlichen Raum oft lebensrettende Hilfe leisten. Mit dem „Zukunftspakt Ehrenamt“ solle hier wichtige Unterstützung erfolgen.
Den Auftakt der Vorträge machte der Landesdirektor der Bereitschaften beim DRK Landesverband Baden-Württemberg e.V. und Präsident des DRK-Kreisverbandes Rhein-Neckar/Heidelberg Jürgen Wiesbeck. Er näherte sich seinem Vortragsthema „Unverzichtbar! Stellenwert von First Responder Systemen“ durchaus kritisch an, denn „dann müsste es das doch eigentlich überall geben“. Selbstverständlich stellte er den Einsatz der Ehrenamtlichen nicht in Frage, sondern hinterfragte eher die Rahmenbedingungen und nicht zuletzt die Finanzierung dieser rein spendenfinanzierten Einsatzdienste, der sogenannten Helfer vor Ort.

Die rein spendenfinanzierten First Responder oder Helfer vor Ort leisten einen wichtigen Beitrag zur Notfallversorgung (Foto: Genzwürker)
Die Zahlen des DRK-Landesverbandes für 2024 sind jedenfalls eindrücklich: durch annähernd 900 HvO-Gruppen mit etwa 5.500 ehrenamtlichen Einsatzkräften wurden über 35.000 Einsätze absolviert, bei denen in über 800 Fällen auch ein Defibrillator eingesetzt wurde, also Reanimationsmaßnahmen durchgeführt wurden. Der Thematik der Einbindung von Laien-Defibrillatoren oder „AEDs“ (Automatisierte Externe Defibrillatoren) widmete sich in ihrem Vortrag auch Nadja Schittko, Senior Projektmanagerin Lebensrettung bei der ADAC Stiftung, neben anderen Aspekten.
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Die Organisation beschäftigt sich neben Mobilitätsaspekten insbesondere auch mit möglichen Verbesserungen schneller und wirksamer Hilfe bei Notfällen, ist im Gegensatz zu den „Gelben Engeln“ auf den Straßen und der ADAC Luftrettung allerdings weniger bekannt. Insbesondere das Thema Reanimation wird in den Fokus genommen: Kenntnisse zu Wiederbelebungsmaßnahmen und die Integration des Themas in den Schulunterricht sowie die Alarmierung qualifizierter Ersthelfer über Smartphone sind Aktivitätsschwerpunkte. Viele bestehende Initiativen sollen besser vernetzt und zusammengeführt werden, beispielsweise die deutschlandweit mittlerweile acht verschiedenen Alarmierungs-Apps, von denen derzeit vier in Baden-Württemberg eingesetzt werden.
Medizinisch konkret wurde es im nächsten Themenblock, denn hier wurden die wichtigsten Aspekte der internationalen Reanimationsempfehlungen dargestellt, die am 22. Oktober veröffentlicht wurden. Mit den Kernaussagen der ERC-Guidelines 2025 zur Reanimation Erwachsener beschäftigte sich Priv.-Doz. Dr. Harald Genzwürker. Unverändert gilt beim Kreislaufstillstand: entscheidend ist die schnelle Hilfe – die Botschaft „Prüfen – Rufen – Drücken“ steht im Mittelpunkt der Maßnahmen zur Steigerung der Überlebenschancen. Ergänzende Hinweise zur wichtigen Rolle der AEDs wurden aufgenommen, die im Neckar-Odenwald-Kreis mittlerweile an 319 Standorten verfügbar sind.
Bei den zwei Beatmungen, die nach 30-mal Herzdruckmassage erfolgen sollen, gilt für Laien weiterhin, dass diese bei fehlender Ausbildung oder Bedenken in den ersten Minuten auch unterbleiben können. Profis müssen allerdings beatmen, doch auch hier gelte „3 H – Hauptsache heftige Herzmassage“, denn diese verdopple bis verdreifache alleine die Überlebenschance.
Mit den wichtigsten Empfehlungen zur Wiederbelebung bei Kindern und Neugeborenen beschäftigte sich Dr. Christian Gernoth, Sektionsleiter Kinderanästhesie am Helios St. Johannes Klinik Duisburg. Wichtig war ihm, dass es viele Überschneidungen zwischen den Leitlinien für Kinder und Erwachsene gibt, aber die Beatmung bei Kindern deutlich wichtiger ist, da hier in den allermeisten Fällen ein Sauerstoffmangel zum Kreislaufstillstand führt. Nach fünf Beatmungen zu Beginn sollen 15 Thoraxkompressionen im Wechsel mit zwei Beatmungen durchgeführt werden. Er ging in seinem Vortrag auch auf die emotionalen Aspekte von Kindernotfällen ein, die für Einsatzkräfte auch deshalb eine besondere Herausforderung darstellen können.
Eine wichtige Unterstützung für Laien ist die sogenannte „Telefonreanimation“, also die Anleitung zur Wiederbelebung durch die Leitstelle. Hier konnte mit dem Ärztlichen Leiter Rettungsdienst des Main-Kinzig-Kreises Dr. Manuel Wilhelm ein engagierter Experte zu dieser Thematik gewonnen werden. Er stellte die Rolle der Rettungsleitstelle bei der Reanimation anhand der Entwicklung in seinem Zuständigkeitsbereich anschaulich dar und nutzte dazu auch verfremdete Aufzeichnungen realer Anrufe.
Sehr eindrücklich sei die Begegnung von Leitstellendisponenten und Rettungsdienstmitarbeitern beim ersten „Überlebendentag“ gewesen, der erstmals durchgeführt wurde, um auch die Öffentlichkeit auf dieses wichtige Thema aufmerksam zu machen. Ebenfalls wichtig ist es, mit nicht erfolgreichen Wiederbelebungsversuchen umzugehen oder auch die Entscheidung zur Unterlassung von Maßnahmen zu treffen, wenn es entsprechende Festlegungen des Patienten gibt. Henning Waschitschek vom Leitungsteam der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) im Neckar-Odenwald-Kreis befasste sich deshalb mit den ethischen Aspekten bei der Reanimation, denen die aktuellen Leitlinien ein eigenes Kapitel widmen. Er ermunterte die Rettungskräfte, die Angehörigen aktiv einzubeziehen und die getroffenen Maßnahmen zu erklären, soweit dies die Einsatzsituation zulasse.
Priv.-Doz. Dr. Harald Genzwürker dankte allen, die in irgendeiner Weise zum Gelingen des 15. OFIRTA beigetragen haben und ermunterte die ehren- und hauptamtlichen Rettungskräfte, ihr wichtiges Engagement für die Allgemeinheit fortzusetzen. Der DRK-Ortsverein Walldürn sorgte für das leibliche Wohl der Teilnehmer vor Ort, und die Mitglieder des DRK-Kreisauskunftsbüros stellten sicher, dass die Teilnehmer vor Ort und im Livestream registriert wurden und ihre Teilnahmebescheinigungen erhielten. Der Termin für den OFIRTA 2026 steht bereits fest, am 21. November wird es wieder eine Hybridveranstaltung mit Liveübertragung aus der Buchener Stadthalle geben. Eine Aufzeichnung des diesjährigen Odenwälder First Responder Tages steht unter www.ofirta.com/live zur Verfügung.
