Landwirte informieren über alternative Milchvermarktung
Verkaufsautomaten – im Bild für Frischmilch – halten die Arbeitsbelastung gering und die „Öffnungszeiten“ flexibel. Eine Möglichkeit für Milchbauern, ihr Produkt mit möglichst wenig Aufwand an den Kunden zu bringen. (Foto: LRA)
Neckar-Odenwald-Kreis. Anfang 2009, als sich die Erzeugerpreise für Milch und damit die Stimmung der Milchviehhalter einem historischem Tief näherten, ist im Neckar-Odenwald-Kreis eine Überzeugung gereift: mitten im Streit um die „richtige“ Vorgehensweise schien es dringend notwendig, sich intensiv vor Ort miteinander – und nicht gegeneinander – mit der Milchmarktpolitik auseinanderzusetzen.
Zu diesem Zweck wurde der „Odenwälder Milchkonsens“ ins Leben gerufen. Unter der Federführung des Kirchlichen Diensts auf dem Lande der Evangelischen Landeskirche in Baden kamen Landrat Dr. Achim Brötel, der damalige Landwirtschaftsminister Peter Hauk sowie Bundestagsabgeordneter Alois Gerig, Europaabgeordneter Dr. Thomas Ulmer, MdL Georg Nelius und Vertreter des Bauernverbandes, des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) und der Milchzentrale zusammen und bildeten Arbeitsgruppen. Deren gemeinsames Ziel: die Einkommenssituation der Milchviehhalter im Neckar-Odenwald-Kreis zu verbessern.
Um sich praktische Anregungen für den eigenen Betrieb zu holen, trafen sich auf Einladung der Arbeitsgruppe „Direktvermarktung“ 25 Milchviehhalter unter der Leitung von Rolf Brauch (Evangelische Landeskirche) und Dirk Büttner (Fachdienst Landwirtschaft des Landratsamtes) zu einer gemeinsamen Exkursion.
Der erste Weg führte auf den Hof der Familie Horn in Obrigheim. Seit Mitte 2010 wird dort ein Teil der Milch über einen Automaten direkt ab Hof verkauft. Die Resonanz sei, auch ohne großen Werbeaufwand, gut. Für das neue Jahr hat sich die Familie vorgenommen, die Vermarktung noch offensiver anzugehen.
Dieser Artikel ist mir was wert: [flattr btn=”compact” tle=”Odenwälder Milchkonsens” url=”https://www.nokzeit.de/?p=8355″] Zweite Station war der Betrieb Wenz in Muckensturm. Dort betreibt das Ehepaar Wenz einen Milchviehbetrieb mit 80 Milchkühen. Auch hier wird ein Teil der Milch über einen Automaten verkauft, darüber hinaus vertreibt der findige Landwirt auch Produkte von Berufskollegen. Um die Arbeitsbelastung in Grenzen zu halten, werden alle Waren in Verkaufsautomaten feilgeboten; der Einkauf von frischen Eiern ab Hof morgens um drei ist also kein Problem. Neuerdings stellt die Familie Wenz auch Käse aus der eigenen Milch her, das Interesse der Kundschaft ist da. Noch nutzen sie die Dienste eines mobilen Käsers. Erst wenn das Geschäft gut angelaufen ist, will das Ehepaar in die relativ teure Technik investieren.
Gammelsbach im hessischen Odenwald war das letzte Ziel der Landwirte. Dort betreibt die Familie Trumpfheller eine beinahe schon professionelle Käserei. Mit handwerklichem Geschick und viel Liebe zum Käse fertigt Heidi Trumpfheller Odenwälder Käsespezialitäten, die die Teilnehmer reichlich kosten durften. Im Gespräch mit der engagierten Landwirtin wurde allen Beteiligten sehr schnell deutlich, dass es neben Engagement, Fleiß und Arbeitskräften auch eine nicht zu unterschätzende Summe Kapital braucht, um auf diesem hohen Niveau erfolgreich arbeiten zu können.