Fritz Kuhn will CDU zur Regeneration in die Opposition schicken.
Mosbach. (bd) Eine strahlende Kreisvorsitzende Christine Böhm begrüßte die Gäste des Neujahrsempfangs des Kreisverbandes Bündnis 90/Die Grünen im überfüllten „Café Rino“ in Mosbach. “Das Hoch der Grünen ist auch im Neckar-Odenwald-Kreis angekommen“ stellte sie zufrieden fest angesichts des Andrangs, der Wirtin Sabine Hammel in Erstaunen setzte: „so viele Gäste hatten wir noch nie seit unserer Eröffnung!“.
Zum Startschuss für den Landtagswahlkampf kamen nicht nur Mitglieder und Funktionsträger der Öko-Partei, darunter auch Landesvorstandsfrau Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Eberbach), fast zwei Drittel der Gäste waren „neue“Interessentinnen und Sympathisanten. Zur Unterstützung von Landtagskandidatin Simone Heitz aus Aglasterhausen und Ersatzkandidat René Engelhorn aus Buchen, zugleich Vorsitzender der im Sommer gegründeten Grünen Jugend, war der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Fritz Kuhn, direkt von den Verhandlungen zur Hartz IV – Reform angereist.
Dieser Artikel ist mir was wert: [flattr btn=“compact“ tle=“Grüne eröffnen Landtagswahlkampf“ url=“https://www.nokzeit.de/?p=8430″] Zunächst unterstrich Heitz ihren Anspruch als „als starke grüne Stimme“ in Stuttgart für den ländlichen Raum aktiv zu werden. Sie präsentierte sich als Politikerin aus Leidenschaft, die in ihrem Beruf als Kirchenoberverwaltungsrätin und ihrem Einsatz als Kreis- und Gemeinderätin und Mitglied in diversen Ausschüssen und Bündnissen sowie als Naturschützerin überaus engagiert ist. Die verheiratete Mutter dreier Töchter versprach „Politik, die ernst nimmt“ und legt ihre Schwerpunkte auf nachhaltiges Wirtschaften, Energie- und Verkehrspolitik, sowie Bildung und die Sicherung der Grundversorgung des ländlichen Raums. Sie wies in Sachen KWO darauf hin, das beim dortigen Abbau anfallendes schwach radioaktiv belastetes Material „frei gemessen“ und flächendeckend ohne Nachweis als recycelter Bauschutt und Altmetall weiter verwendet werde. Eine Zukunft für Schulen im ländlichen Raum erfordere, dass dort mindestens ein mittlerer Bildungsabschluss erreichbar sei. Gleichzeitig erfülle sie die Entwicklung an den Krankenhäusern der Region mit Sorge, wenn Privatisierung und reines Kostendenken den Vorrang gegenüber der bestmöglichen Patientenversorgung gewönnen.
Fritz Kuhn zog für das Jahr 2010 bundespolitisch eine negative Bilanz. Die Verlängerung der Atomlaufzeiten sei „keine Brücke, sondern ein Sperrriegel für erneuerbare Energien“. Den vier großen Stromerzeugern – „Oligarchen“ – würden damit 100 Milliarden Euro zugeschanzt, die für eine Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der kleinen Energieerzeuger sorgen. Programme für Wärmedämmung, an denen Arbeitsplätze hingen, „die vor Ort und nicht in China geschaffen werden“, wurden gekürzt. Auch im Sozial- und Steuerbereich („Mövenpicklobbyismus“) lieferte Kuhn zahlreiche Beispiele, bei denen die Bundesregierung nicht nur soziale Ausgewogenheit vermissen lasse, sondern notwendige Zukunftsinvestitionen Unterlasse oder Kosten auf die Kommunen verschiebe. Mit der Aufgabe der paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Gesundheitswesen werde ein seit Bismarck bestehendes Kernelement des deutschen Sozialstaates zerstört. Der von Erwerbsarbeit Lebende habe nach der neuen Gesetzgebung Kostensteigerungen zukünftig alleine zu tragen, die Arbeitgeber seien aus ihrer Pflicht entlassen. Kuhn forderte die Bürgerversicherung, die auch den Personenkreis, der seine Einkünfte aus Kapitalerträgen erziele, zum Einzahlen in die Krankenkassen verpflichtet.
Bypass und Stuttgart 21 lauteten seine Stichworte zur Bahnpolitik, diese bezeichnete er als „völlig kaputt und krank“. Ausfallende Klimaanlagen in Zügen und eingefrorene Weichen seien Folge von seit Jahren fehlenden Investitionen in Material und Service. Dieser Bahn, die bereits durch Schnee oder Sommerhitze überfordert sei, traue er nicht mit Stuttgart 21 eine Verbesserung herbeiführen, die „Bypasslösung“ an Mannheim vorbei nannte er einen „Schildbürgerstreich“.
In seinem Schlussstatement redete Kuhn Klartext zur Landtagswahl: die Wähler müssten nach 57-jähriger Regierungszeit der CDU diese zur Regeneration in die Opposition schicken, die Grünen sollten die Nummer eins in der Regierung werden, um Baden-Württemberg zukunftsfähig und zum Vorreiter ökologischer Modernisierung zu machen. Dazu bat er die Zuhörer nicht nur Simone Heitz zu wählen, sondern auch „Nachbarn, Verwandte, Kollegen“ zu überzeugen.
Unser Bild zeigt von links: Die Landtagskandidatin für den Rhein-Neckar-Kreis Charlotte Schneidewind-Hartnagel, MdB Fritz Kuhn, die Kreisvorsitzende Christine Böhm und die Landtagskandidatin für den Neckar-Odenwald-Kreis Simone Heitz. (Foto: B. Wössner)