von Kenneth Weidlich
Mosbach. Einen seltenen Anblick bot sich für kurze Zeit den Besuchern eines Einkaufzentrum in Mosbach-Neckarelz: ein echter Erlkönig war auf dem Kundenparkplatz abgestellt.
Erlkönig, das ist eine gängige Bezeichnung für den Prototyp eines Autos, der zwar schon auf den Straßen zu Testfahrten eingesetzt wird, aber dessen genaues Aussehen aber vor den Augen der Öffentlichkeit noch verborgen bleiben soll. Dieser Name, der eine Goethe-Ballade aufgreift, wurde im Zusammenhang mit Prototypen erstmals von den beiden Motorjournalisten Heinz-Ulrich Wieselmann, Chefredakteur der Automobilzeitschrift „auto motor und sport“, und Werner Oswald, zweiter Mann in der Redaktion, Anfang der 1950er Jahre verwendet.
Der Absatz eines Automodells bricht erfahrungsgemäß am Ende eines Produktlebenszyklus ein, da die Käufer die neuen Modelle abwarten. Um einem zu frühen Lüften der aktuellen Entwicklungen entgegenzuwirken, werden die Fahrzeuge bei den Testfahrten häufig optisch verändert. So werden die ersten Prototypen mit neuer Technik oft in angepassten Karosserien ihrer Vorgänger oder anderen Modellen des Herstellers getestet. Erlkönige dieser Stufe werden oftmals als „Muletto“ bezeichnet, in Anspielung auf die Mischung aus neuer Technik und fremder, alter Hülle.
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Steht das neue Design fest, verschwindet die neue Karosserie unter einer Vollverkleidung. Dazu werden an markanten Konturen Abdeckungen und Verkleidungen angebracht, die das tatsächliche Aussehen verschleiern sollen. Das Modell, das in Mosbach gesichtet wurde, war – bis auf Sehöffnungen für den Fahrer – vollständig mit einem Textil-Überzog bedeckt. Das Stoffmuster und darunter angebrachte Aufpolsterungen verschleierten die Gestaltung der Karosserie, aufgeklebte Scheinwerfer und Rücklichter Tat ihr übriges.
(Foto: Kenneth Weidlich)