Buchen gedenkt ermordeter Bürgerin

Buchen gedenkt ermordeter Bürgerin
Buchen gedenkt ermordeter Bürgerin

Am ehemaligen Geburts- und Wohnhaus von Marie Wolf in der Marktstraße wurde eine Gedenktafel angebracht. Zu sehen sind Bürgermeister Roland Burger, Stadtarchivar Tobias-Jan Kohler, Walter und Mable Jaegle sowie Grafiker Matthias Grimm. (Foto: pm)
Buchen. (pm) In der Marktstraße von Buchen wurde eine Gedenktafel angebracht, die an das Schicksal von Marie Wolf erinnert, einem Opfer des Nationalsozialismus. Die Stadt ehrt damit das Leben und Leiden der einstigen Bewohnerin, die 1942 in Auschwitz ermordet wurde.

Ein persönlicher Abschied für die Ewigkeit

„Als ich Tante Marie zum Abschied küsste, spürte ich, dass ich sie nie wieder sehen würde.“ Mit diesen Worten beschreibt Albert Lester, geboren 1927 in Buchen, den letzten Moment mit seiner Tante im Jahr 1939. Wenig später floh Lester aus Nazi-Deutschland. Seine Ahnung bewahrheitete sich tragischerweise: Er sah seine Tante Marie Wolf nie wieder.

Im hohen Alter entschloss sich Lester, am Projekt buchen-gedenkt.de mitzuwirken, um an seine Tante zu erinnern. In einem bewegenden Video schilderte er ihre Geschichte. Lester verstarb jedoch kurz vor der Vorstellung des Gedenkprojekts im Herbst 2024 und erlebte dessen Fertigstellung nicht mehr.

Das Leben von Marie Wolf

Marie Wolf wurde am 06. September 1899 in der Buchener Marktstraße geboren. Über dem Textilwarengeschäft ihres Vaters lebte die Familie zusammen, und Marie, liebevoll „s’Mariele“ genannt, widmete sich ganz den Bedürfnissen ihrer Angehörigen. Sie pflegte ihre Mutter und kümmerte sich aufopferungsvoll um die Kinder ihrer Schwester Susi.

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Nachdem ihre Schwester mit der Familie aus Deutschland geflohen war, musste das Haus in der Marktstraße verkauft werden. Marie zog im Juli 1939 nach Baden-Baden, wo sie als Haushaltsgehilfin arbeitete. Am 22. Oktober 1940 wurde sie festgenommen und ins Internierungslager Gurs in Südfrankreich deportiert. Dort lebte sie fast zwei Jahre unter unmenschlichen Bedingungen, bevor sie im August 1942 nach Auschwitz gebracht und ermordet wurde.

Erinnerungsarbeit und Forschung

Durch das Engagement zahlreicher Akteure ist es heute möglich, das Leben und Schicksal von Marie Wolf detailliert nachzuvollziehen. Das Bezirksmuseum Buchen fand im Bildarchiv von Karl Weiß zahlreiche Fotografien jüdischer Bürgerinnen und Bürger, darunter auch ein Porträt von Marie. Der Buchener Walter Jaegle, ein Jugendfreund von Albert Lester, trug durch seinen Kontakt zu Lester in England zusätzliches Bildmaterial und Informationen bei.

Gedenken und Vermittlung

Am ehemaligen Geburts- und Wohnhaus von Marie Wolf wurde nun eine Gedenktafel angebracht, die von Matthias Grimm gestaltet wurde. Ein QR-Code auf der Tafel bietet den Zugang zu Lesters Video und weiteren Informationen über Marie Wolf. Bürgermeister Roland Burger betonte bei der Enthüllung die Bedeutung dieser Erinnerungsarbeit.

Im Rahmen des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus findet heute um 18 Uhr eine Stadtführung zum jüdischen Leben in Buchen statt. Dabei wird die Geschichte von Marie Wolf besonders beleuchtet. Treffpunkt ist der obere Eingang zum Museumshof.

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