Wassermangel mit verheerenden Folgen

Trockenheit verursacht notreifes Getreide – Landwirte rechnen mit hohen Ertragsminderungen

Die Böden sind von Trockenheit gezeichnet. (Foto: LRA)

Neckar-Odenwald-Kreis. Wo kriegen die Pflanzen nur ihr Wasser her? Noch immer sind die Wälder grün, die Natur rundum hält zumindest einem ersten oberflächlichen Blick leidlich stand. Eine echte Dürre sieht zumindest für den Laien anders aus. Tatsächlich ist die Lage aber ernster, als es scheint und die stabil trockene und warme Wetterlage – die Zeit von März bis Mai 2011 war bundesweit die trockenste seit 1893 – treibt den Landwirten auch im Neckar-Odenwald-Kreis ausgeprägte Sorgenfalten auf die Stirn. „Ich mag schon gar nicht mehr raus aufs Feld“, klagt ein Landwirt aus Waldstetten. Gerade dort, auf den „armen“ Böden des Baulandes mit steinigem Untergrund, hat der Wassermangel besonders verheerende Folgen.

Auch wenn es in den letzten Tagen immer mal wieder geregnet hat: Diese Niederschlagsmenge sei nicht viel mehr als der berühmte „Tropfen auf den heißen Stein“, erklärt Gerhard Kohler vom Fachdienst Landwirtschaft des Landratsamtes Neckar-Odenwald-Kreises: „Wenn man davon ausgeht, dass ein Pflanzenbestand pro Quadratmeter Fläche inklusive Verdunstung vier bis sechs Liter Wasser am Tag braucht, hat der Regen stellenweise nicht viel mehr gebracht als die Menge, die an ein, zwei Tagen benötigt wird.“ Ohnehin fließt bei starken Gewitterregen das meiste Wasser ab, ohne in die ausgetrocknete Erde eindringen zu können.

Dass die Ernte 2011 erhebliche Einbußen bringen wird, steht jetzt schon fest. Dabei gilt: je steiniger und damit minderwertiger die Böden sind, desto weniger Wasser können sie halten und desto weniger Ertrag wird es geben. Der erste Grünlandschnitt ergab 30 bis 70 Prozent Verlust zur üblichen Grasmenge, ein zweiter Schnitt lohnt sich in manchen Gebieten überhaupt nicht, weil das Gras kaum wächst. Bei Winterraps ist die Situation noch schlimmer: Bis zu hundert Prozent Ausfall, einzelne Schläge wurden bereits umgebrochen und mit Mais eingesät. Mit 30 bis 60 Prozent Minderertrag wird beim Getreide gerechnet. „Das kann aber noch mehr werden, jetzt steht die Kornfüllungsphase an und da wirkt sich die Trockenheit besonders negativ aus“, erklärt Gerhard Kohler. Wintergerste beispielsweise wird mangels Wasser jetzt schon reif – rund vier Wochen vor der Zeit. „Notreife“ nennt man das und diese Bezeichnung drückt aus, was die Bauern umtreibt.

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An der heller werdenden Wintergerste – hier auf einem Feld bei Mudau – erkennt auch der Laie, dass das Getreide bereits jetzt reift. Diese „Notreife“ setzt rund vier Wochen zu früh ein uns ist durch den Wassermangel bedingt. Mit hohen Ertragsminderungen ist zu rechnen. (Foto: LRA)

Auch Mais wächst derzeit nicht weiter, könnte sich aber nach Meinung der Fachleute noch einigermaßen erholen, wenn denn jetzt bald ein „großer“ Regen käme. Die Zuckerrüben stecken den Mangel noch am besten weg. „Die stehen eben auf tiefgründigen, guten Böden“, erklärt Kohler, der auch den Neckarauen dank hohem Grundwasserspiegel weit bessere Bestände konstatiert als dem Bauland und dem Odenwald: „Jeder Bodenpunkt mehr (Bewertung der Bodenqualität) zeigt sich deutlich im Pflanzenbestand.“

Der starke Nachtfrost Anfang Mai dagegen hat sich nur lokal begrenzt auf Getreide und Mais ausgewirkt. Zu Schaden kamen allerdings etliche Weihnachtsbaumkulturen – hier sind die Triebspitzen erfroren – und der Obstanbau im Kreis. Ein großer Obstbaubetrieb im südlichen Kreisteil meldet bis zu 90 Prozent Ertragsminderung bei Äpfeln, Birnen und Zwetschgen, bis zu 50 Prozent bei Kirschen und bis zu 30 Prozent bei Mirabellen. Weinanbau wird im Neckar-Odenwald-Kreis kaum noch betrieben; der kreiseigene Weinberg in Mosbach-Diedesheim hoch über dem Neckar beklagt aber ebenfalls bis zu 90 Prozent Ausfall wegen Frostschäden. Bei diesen geschädigten Kulturen sorgt die Trockenheit zusätzlich für eine weitere Qualitätsminderung.

Beim Fachdienst Landwirtschaft erkundigen sich die Landwirte bereits nach einer eventuellen Lockerung von Auflagen. „Die Bauern fragen, ob sie heuer ihr Stroh als Futterzusatz nutzen dürfen, auch wenn sie Auflagen unterschrieben haben, nach denen das Stroh auf bestimmten Äckern eigentlich auf dem Feld verbleiben müsste. Oder sie fragen, ob sie mähen dürfen auf Flächen, die eigentlich stehen bleiben müssten.“

Noch sind diese Ausnahmen nicht genehmigt, denn für die Einhaltung der Auflagen – die einer naturnahen und extensiven Bewirtschaftung dienen – gibt es schließlich Fördergelder. Kohler ist sich aber sicher, dass entsprechende Auflagen außer Kraft gesetzt werden: „Die Bauern müssen schließlich vorsorgen. Was sollen sie im Winter füttern, wenn es aufgrund der Trockenheit viel zu wenig „reguläres“ Silofutter und Heu gibt?“ Auch spezielle Programme, die den Landwirten Unterstützung versprechen, seien in Arbeit.

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