von Martin Hammer
(Fotos: Michael Pohl)
Osterburken. Dass Christian Hölbling nicht nur ein feinsinniger Kabarettist, sondern ein begabter und detailverliebter Schauspieler ist, bewies er bei seiner „Großen Helfried-Gala“ bei der Kulturkommode in der Alten Schule in Osterburken. Seit zehn Jahren ist Helfried die Kunstfigur, mit der sich Hölbling einen Namen in der deutschsprachigen Kleinkunstszene gemacht hat. Ein einfacher oder gar leicht zu durchschauender Charakter ist er nicht, dieser Helfried. Vordergründig scheint er ein disziplinierter, geradezu exzentrischer Pedant zu sein.
„Es gibt einen Grund, warum ich auf der Bühne stehe!“ Mit diesen Worten aus seiner Einleitung zu diesem Abend stellt er von Anfang an klar, wer hier den Vortrag hält und dabei die Regeln aufstellt. Nach und nach eröffnet sich dem Publikum allerdings die geheime schwarze und perfide Seite des Helfried, wenn er zum Beispiel ein Rezept für Kanarienvogel mit Rotkraut und Klößen zum Besten gibt oder in dem Lied „Regentropfen“ deutlich macht, dass er anderen durchaus mal Kellerasseln auf den Teller oder Riesenschlangen an den Hals wünscht. Auch die kleinen Albernheiten, die er einstreut, wie das Kunststück mit Salzstangen und „Papierfuzerl“ („ Auch mit sparsamsten Mitteln kann man tadellose Ergebnisse erzeugen.“) oder die Verwandlung in eine Singdrossel können letztendlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass Helfried eine mit Sarkasmus durchzogene Persönlichkeit ist.
Christian Hölbling gelingt die Darstellung des Helfrieds vortrefflich; in Gestik, Mimik und sprachlichem Ausdruck geht der Österreicher beinahe schon erschreckend komplett in seiner Rolle auf. Dasselbe gilt für seine Bühnenfigur des snobistischen Dr. Gerd Schuster, den Hölbling nach einigen wenigen äußerlichen Veränderungen verkörpert. Der Ministerialrat in Ruhe hat sich der leichten Unterhaltung verschrieben, indem er als schmieriger Möchtegern-Entertainer seine Zuhörer mit einem süffisant dargebrachten „Puttin´ on the Ritz“ beglückt oder die Menschheit mit seiner wöchentlichen Samenspende vor deren Verrohung retten möchte.
Nach der Pause dann endlich der Auftritt von Tante Hedwig – der Frau, bei der Helfried groß geworden ist. Sie soll eine Laudatio auf ihren Ziehsohn halten, doch trotz der Diaschau über dessen vermeintlich glückliche Kindheit mag man ihr diese gut gemeinte Lobrede nicht so recht abnehmen („Das mit dem Hund in der Räucherkammer hat man ihm ja nie nachweisen können.“).
Und spätestens jetzt wird dem Publikum klar, warum Helfried zu diesem etwas verstörenden Charakter wurde: die bigotte Tante Hedwig, welche durchaus auch mal gerne die „Fesche Lola“ wäre, schleppte ihren Helfried beispielsweise lieber zu den Operettentagen nach Bad Ischl anstatt ihn mit anderen Kindern „Räuber und Gendarm“ spielen zu lassen. Beim letzten Auftritt von Helfried schließt sich der Kreis und man erfährt von anderen ausgeklügelten Racheakten, die er gegen all diejenigen vollführt hat, von denen er sich früher ungerecht behandelt fühlte.
So wird „Die große Helfried-Gala“ zu einem Panoptikum skurriler Gestalten, einem Programm mit schrulligen, bis ins Detail ausgearbeiteten Charakteren, bei dem Christian Hölbling seine Figuren vom Kostüm bis zur wohldosierten Grimasse in Perfektion spielt. Schenkelklopfer hatten die Zuschauer von diesem clownesken Grenzgänger zwischen korrekt und böse nicht zu erwarten, was sie aber geboten bekamen war feinsinniger, zum Teil rabenschwarzer Humor, Gesangseinlagen und gut gesetzte Pointen – Comedy mit Niveau eben.
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