von Dr. med. Oliver Oetke
Ein Bandscheibenvorfall klingt für viele erst einmal nach dem Ende jeglicher Möglichkeit, ein schmerzfreies Leben zu führen. Zudem sehen sich Betroffenen oftmals sofort im OP-Saal liegen. Konservative Therapien zeigen jedoch meist sehr gute Ergebnisse und sollte ein Eingriff tatsächlich nötig sein, kann oft endoskopisch – als in Schlüssellochtechnik – gearbeitet werden.
Was passiert bei einem Bandscheibenvorfall?
Die Wirbel werden durch die Bandscheiben voneinander getrennt, damit hier nicht Knochen auf Knochen reibt. Die Bandscheiben selbst setzen sich aus einem gallertartigen Kern, der wie ein Gelkissen wirkt, und einem umgebenden Faserring zusammen. Dieser ist etwas fester als der Kern selbst. Da die Bandscheiben keinerlei Durchblutungsversorgung besitzen, sind sie darauf angewiesen, dass wir uns ausreichend bewegen. Denn durch die Bewegung der Wirbel wird verbrauchtes, nährstoffarmes Wasser aus den Bandscheiben gedrückt und neues Wasser kann nachströmen.
Mit zunehmendem Alter und weniger Bewegung können die Faserringe brüchig werden, da der Wassergehalt im Körper sinkt. Häufige Überlastungen führen ebenfalls zu rissigen Faserringen. Bei einem Bandscheibenvorfall reißt nun der Ring ein und das innere Gelkissen tritt aus. Dies hat einerseits zur Folge, dass die Wirbel weniger gut gegeneinander abgepolstert sind und andererseits kann der ausgetretene Kern gegen das Rückenmark bzw. den Nerv drücken.
Folgen eines Bandscheibenvorfalls
Je nach Schwere und Lokalisierung des Bandscheibenvorfalls können verschiedene Folgen auftreten. Liegt der Vorfall etwa im Bereich der Lendenwirbelsäule, kann es zu Schmerzen kommen, die bis in die Beine bzw. Füße ausstrahlen. Vom Halswirbelsäulen-Bereich aus reichen Schmerzen oft bis in die Schulter, den Arm entlang bis in die Finger. Weitreichende Folgen stellen etwa Gefühlsstörungen, Gang- bzw. Greifstörungen sowie Lähmungserscheinungen dar. In diesen Fällen ist oft das Rückenmark durch den austretenden Kern in Mitleidenschaft gezogen worden.
Konservative Therapien beim Bandscheibenvorfall
Was bei einem Bandscheibenvorfall austritt, besteht zu einem Großteil aus Wasser. Dieses wird vom Körper nach und nach wieder abgebaut. Daher sind konservative Therapien das Mittel der Wahl. Dazu gehört die Gabe von schmerz- und entzündungshemmenden Medikamenten, welche den Patienten im Alltag entlasten und Bewegung erlauben. Physiotherapie sowie eine Orthesenbehandlung können dafür sorgen, dass der Patient nicht in eine Schonhaltung verfällt und weitere Probleme auftreten.
Tritt noch keine Besserung ein, können wirbelsäulennahe Infiltrationen helfen. Hierbei werden schmerz- und entzündungslindernden Medikamente unter Bildkontrolle direkt an den schmerzauslösenden Ort in der Wirbelsäule gebracht. Bei einem Bandscheibenvorfall ist dies entweder die betroffene Nervenwurzel oder der Nervenkanal.
Wann eine OP nach einem Bandscheibenvorfall notwendig wird
Stellt sich nach sechs bis zwölf Wochen konservativer Therapien keine Besserung der Beschwerden ein, oder kommt es zu Lähmungen und starken Taubheitsgefühlen, ist eine OP in Erwägung zu ziehen, um weitreichende Folgen zu verhindern. Operiert wird meist mikroskopisch bzw. laparoskopisch, um das umliegende Gewebe bestmöglich zu schonen. Im Zuge des Eingriffs wird der ausgetretenen Bandscheibenkern, der den Nerv reizt, entfernt. Im Bereich der Halswirbelsäule kann die Bandscheibe je nach Abnutzungsgrad durch eine Prothese oder einen so genannten Cage ersetzt werden.
Einem Bandscheibenvorfall vorbeugen
Um die Bandscheiben sowie den gesamten Rücken lange Zeit gesund zu erhalten, ist rückenfreundliche Bewegung das A und O – etwa Schwimmen oder Radfahren. Zusätzlich sollte Übergewicht vermieden werden, denn jedes Kilo zu viel lastet schwer auf der Wirbelsäule. Viele Berufe erfordern mittlerweile lange Arbeiten am Computer. Ein rückenfreundlicher Arbeitsplatz ist demnach ein Muss. Denn wer acht Stunden oder länger in falscher Haltung vor einem Bildschirm kauert, tut seinen Bandscheiben auf Dauer keinen Gefallen.
Dr. med. Oliver Oetke
– Orthopäde und Unfallchirurg seit 2007
– Spezialist für Wirbelsäulenerkrankungen
– Zusatzbezeichnung Skelettradiologie
Dr. Oetke blickt auf über zehn Jahre Erfahrung in der Wirbelsäulenchirurgie und der Schmerztherapie der Wirbelsäule zurück. Er arbeitet mit Kliniken und Forschungsinstituten zusammen, hat das Zertifikat „MASTERS“ der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft erhalten und ist Mannschaftsarzt der Männer-Nationalmannschaft des Deutschen Volleyball Verbandes. Mehr Infos unter Orthospinum.