Unser Bild zeigt von links: Landrat Dr. Achim Brötel, Bürgermeister Klaus Gramlich, Adelheid Sperle, Dr. Fritz Sperle, Justizminister Guido Wolf und Anstaltsleiterin Katja Fritsche(Foto: pm)
„Als Seelsorger und Dekan sind Sie im Justizvollzug eine Institution!“ – Umfangreiche Verdienste in Ehrenamt und Beruf
Adelsheim. (bd) Aus den Händen von Justizminister Guido Wolf und unter dem Beifall von über 100 Wegbegleitern wurde Dr. Fritz Sperle das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Anstaltsleiterin Katja Fritsche begrüßte neben Dr. Sperle und dem Justizminister besonders die Familie des langjährigen Vollzugsdekans sowie Landrat Dr. Achim Brötel, Bürgermeister Klaus Gramlich und die große Zahl ehemaliger Mitarbeiter der Jugendvollzugsanstalt, darunter den langjährigen Anstaltsleiter Dr. Joachim Walter.
Musikalisch umrahmt durch Liedvorträge von Kerstin Paukner-Poggenglas, begleitet von Dieter Kaiser am Klavier, entstand im Gottesdienstsaal der JVA eine persönlich-feierliche Atmosphäre, in der Justizminister Wolf seiner Freude darüber Ausdruck verlieh, dass Bundespräsident Steinmeier der Anregung von Ministerpräsident Kretschmann, dessen Grüße er übermittelte, gefolgt sei und Dr. Sperle die hohe Auszeichnung zuerkannt habe.
Wolf betrachtete die Vita des Theologen, der seinen Beruf als Berufung verstehe und diesen stets mit großer Leidenschaft ausgeübt habe, wobei eine strikte Trennung seines beruflichen und seines ehrenamtlichen Engagements nicht gelinge. Im Jahr 1974 sei er mit Inbetriebnahme der Justizvollzugsanstalt Adelsheim und damit als ein Mann der ersten Stunde als evangelischer Anstaltsseelsorger eingestellt, bereits im Jahre 1980, zum Dekan für den baden-württembergischen Justizvollzug berufen worden.
[themoneytizer id=”17065-1″]
Wolf skizzierte Sperles Tätigkeitsfeld, die umfassenden seelsorgerischen und katechetischen Aufgaben von Gottesdiensten, das Erteilen von Konfirmandenunterricht, die Durchführung vieler Einzel- und Gruppengespräche über religiöse, menschliche und persönliche Fragen. Hilfe in allen schwierigen Lebensfragen sowie Suche mit den Betroffenen nach Problemlösungen und Mitwirkung bei deren Bewältigung habe Sperle geboten, ebenso durch Besuchs- und Begleitausgänge zur Stärkung familiärer Bindungen sowie zu Entlassungsvorbereitungen beigetragen. Auch in Therapie- und Sportgruppen sei er unermüdlich aktiv gewesen, wobei Wolf besonders die erlebnispädagogischen Maßnahmen, die Sperle in den 1980iger Jahren mit weiteren Mitstreitern, darunter vielen Anwesenden, initiierte und regelmäßig durchführte, nannte. In den Wander-, Kletter- und Skikursen hätte der Geehrte schwierigen jungen Gefangenen zu neuem Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein verholfen und ihnen so neue Perspektiven ermöglicht.
Doch sei Sperle nicht nur für viele Gefangene ein verlässlicher Partner, der sich stets mit Empathie, Verständnis, Nachsicht und mit großem Einsatz für deren Belange einbrachte und ihnen unterstützend zur Seite stand, gewesen, er habe auch eine Brückenfunktion nach draußen wahrgenommen.
Während seiner Dienstzeit und auch noch nach Ihrer Pensionierung im Jahr 2005 bis zum heutigen Tag engagiere er sich in der Justizvollzugsanstalt Adelsheim und auch daneben in vielfältiger Weise. In zahlreichen Informations- und Seminarabenden stellte er sich bei Vereinen und Schulen den Fragen über den Justizvollzug und der Vollzugsgestaltung. Auch holte er Jugendliche „von draußen“ in Gesprächsgruppen und bot in der gemeinsamen Auseinandersetzung über die jeweiligen Lebenswelten Ansatzpunkte für neue Handlungsperspektiven.
Auch im musikalischen Bereich habe der begeisterter Anhänger klassischer Musik Brücken in die VA gebaut: so unterhielt er nicht nur eine Freizeitgruppe mit jungen Gefangenen, in der gemeinsam Musik gehört und analysiert wurde, als aktives Mitglied des Fränkischen Madrigalchores Adelsheim konnte er auch junge Gefangene dafür begeistern und nahm sie zu gemeinsamen Proben nach Adelsheim mit. Als Mitglied des Konzertkreises in Adelsheim brachte er im Jahr 2011 sogar das Landesjugendorchester in die Jugendvollzugsanstalt. Aus dieser Begegnung entwickelte sich das nachhaltige „Apollo 18“ – Musiktheaterprojekt, das schon zahlreiche Auszeichnungen erwarb und bis heute weiter existiere.
Bewundernswert sei auch Sperle’s Engagement für die Bediensteten, das zahlreiche, bis heute fortgeführte, Veranstaltungen auf kameradschaftlicher Basis wie Wander- und Skifreizeiten oder Sportlehrgänge hervorgebracht und so die Arbeitsbeziehungen, Kollegialität und Konfliktbewältigung untereinander verbessert habe. Das Justizministerium nutze seine Kompetenz nach wie vor und beauftrage ihn etwa sechsmal im Jahr mit der kollegialen Beratung für die mittlere Führungsebene der Anstalt. Auch das Vollzugliche Arbeitswesen unterstütze er jährlich bei der viertägigen Werkdiensttagung, „all dies ohne jegliches Entgelt!“ zollte Wolf Respekt. Neben den „Aktiven“ käme auch den Pensionären der Anstalt. seelsorgerischer Rat und kirchlicher Dienst bei Familienfesten, Hochzeiten, Taufen oder Beerdigungen zu Gute. Sein Lebenswerk sei der Jugendstrafvollzug mit allen dort agierenden Menschen, sowohl den jungen Gefangenen wie den Bediensteten.
Schließlich ging der Laudator auf Sperles ehrenamtliches Wirken in der Stadt Adelsheim und der evangelischen Kirchengemeinde Adelsheim ein, nannte besonders die im Jahr 2008 die übernommene Leitung der Konzertgemeinde Adelsheim, die Mitherausgabe des jährlichen Heimatbriefes der Stadt. Hervorzuheben sei auch sein ehrenamtliches Engagement in der Flüchtlingshilfe, wo er eine Flüchtlingsfamilie betreue und bei der Bewältigung des Alltags helfe. Die evangelischen Kirchengemeinde unterstütze er mit kirchlichen Amtshandlungen aus besonderem Anlass wie beispielsweise Taufen, Trauungen und Beerdigungen.
„Friedrich Sperle hat sich als Dekan für den baden-württembergischen Justizvollzug über Jahrzehnte hinweg landes- und bundesweit höchstes Ansehen erworben. Als Anstaltsseelsorger der JVA Adelsheim hat er sich in vorbildlicher Weise für die Gefangenen, aber auch für den Zusammenhalt unter den Kolleginnen und Kollegen eingesetzt.“ fasste der Minister zusammen, bevor er die Urkunde verlass und Dr. Sperle die Ordensinsignien unter großem Beifall überreichte.
Wolf schloss an Dr. Sperle gewandt: „Sie waren den Menschen im Vollzug ein vertrauensvoller Ansprechpartner, ein guter Zuhörer und ein gewissenhafter Ratgeber. Als Seelsorger und Dekan sind Sie im Justizvollzug des Landes eine Institution!“
Landrat Dr. Brötel, Bürgermeister Gramlich und sein Amtsvorgänger Günter Bauer für den Fränkischen Madrigalchor stimmten in das Lob des Ministers ein, gratulierten und dankten Dr. Sperle mit herzlichen Worten.
Dieser nahm sichtlich gerührt, zugleich mit Humor die Würdigungen entgegen. „Stimmt alles“ sagte er mit Augenzwinkern und dankte seinerseits besonders seiner Frau Adelheid mit einem großen Blumenstrauß.
Nachdrücklich wichtig war ihm Eines zu betonen – er fühle sich stellvertretend ausgezeichnet für die vielen Kolleginnen und Mittstreiter, die heute der Einladung zu seiner Ehrung gefolgt seien.