(Foto: Michael Pohl)
Herr Schröder innerhalb von Stunden ausverkauft
Von Martin Hammer
Osterburken. Manchmal kann auch Kleinkunst verhältnismäßig große Dimensionen annehmen. Dass die zweite Veranstaltung im laufenden Jahresprogramm der Kulturkommode sehr gut angenommen werden würde, hatten sich die Verantwortlichen des Osterburkener Kleinkunst- und Kulturvereins ja durchaus erhofft.
Schließlich ist Herr Schröder bereits vor vier Jahren im zugegebenermaßen wesentlich kleineren Saal der Alten Schule aufgetreten und außerdem mit seinem aktuellen Programm „Instagrammatik – Das streamende Klassenzimmer“ sehr medienpräsent. Viele seiner Streams machen schon mal gern die Runde in deutschen Lehrerzimmern.
Nicht zuletzt war dieser Besuch für Johannes Schröder aber auch so etwas wie ein Heimspiel. Die Zeit als Referendar absolvierte er seinerzeit am Eckenberg-Gymnasium in Adelsheim und seine Wohnung lag damals nur wenige Gehminuten weit entfernt vom jetzigen Auftrittsort.
Dennoch war das ehrenamtlich tätige Leitungsteam etwas überrascht ob der Geschwindigkeit der eingegangenen Kartenwünsche – am ersten Vorverkaufstag war die Baulandhalle trotz Erhöhung der Kapazität auf 450 Sitzplätze restlos ausverkauft. Dass wenige Tage vor dem Auftritt über ebay noch Karten dafür gesucht wurden, war selbst für die seit über einem Vierteljahrhundert Kultur Veranstaltenden eine neue Erfahrung.
Und so wurde diese Veranstaltung zur größten, welche die Kulturkommode je als alleiniger Veranstalter durchführte und dank zahlreicher zusätzlicher Helferinnen und Helfer und einer umsichtigen Planung im Vorfeld zu einem außergewöhnlichen Comedy-Event in der Römerstadt.
Auch in seinem zweiten Live-Programm liefert Herr Schröder eine humorvoll-ironische, bisweilen durchaus zynische Bestandsaufnahme des deutschen Schulbetriebs auf dem langen Weg zur Digitalisierung, überspitzt dabei trefflich die Stereotypen von Lehrern und Schülern und entlarvt ganz nebenbei so manche Absurdität in Verwaltung und Bürokratie.
Und er weiß, wovon er spricht – schließlich arbeitete der studierte Deutsch- und Englischlehrer über ein Jahrzehnt wirklich als Lehrer an verschiedenen Gymnasien, ehe es ihn vom Pult in die Comedy-Szene verschlug. Inzwischen ist Herr Schröder zumindest mit seiner Bühnenfigur wieder zurück in der Helene-Fischer-Gesamtschule und seine Schüler haben auch schon eine Idee, welches Willkommensgeschenk sie ihm machen wollen: ein eigener Instagram-Account, der ihn, gefüttert mit mehr oder weniger peinlichen Schrödi-Pics und Filmchen, zum Klick-Millionär machen soll.
Natürlich sieht sich Schröder mittlerweile nicht mehr als Opfer, im Gegenteil: er geht jetzt mit der Zeit – oder er bildet es sich zumindest ein, weil er sich im Jugendjargon auskennt und sich vermeintlich in der neuen digitalen Welt so gut zurechtfindet. Und doch muss er zugeben, dass ein großer Teil seines E-Mail-Verlaufs aus neu angeforderten Passwörtern besteht.
Zudem hängt er nach wie vor an so manchem analogen Relikt. Für ihn kann beispielsweise eine Excel-Tabelle nie und nimmer ein physisches Klassenbuch ersetzen. Wird je ein Lehrer seinen aufgestauten Ärger mit einem Tablet so gut kanalisieren können wie mit einem gezielten Schlag des Klassenbuchs aufs Lehrerpult?
Natürlich bleiben auch die amüsanten Seitenhiebe auf die bereits bekannten Mitglieder des „Cholerikums“ Raclette-Rita und Schrödis Haupt-Neid-Objekt Sportlehrer Trillerpfeifen-Theo („Ball in die Halle geworfen und die Unterrichtsstunde ist vorbereitet.“) nicht aus. Und da das Publikum an diesem Abend aus jeder Menge Lehrerzimmer-Betriebsausflügen zu bestehen schien, war es Schröder mit geübtem Pädagogen-Spürsinn ein Leichtes, sich spontan Lehrkräfte als Gesprächspartner auszusuchen, um mit ihnen die Eigenheiten der von ihnen betreuten Schulfächer öffentlich auszudiskutieren.
Ob die bestehenden Vorurteile dabei immer entkräftet werden konnten oder sich eher bestätigten, sei dahingestellt: Hat der unwichtigste Lehrer wirklich immer den dicksten Schlüsselbund am Gürtel? Verhelfen französische Vornamen im Unterricht zu mehr Selbstbewusstsein? Und darf tatsächlich selbst die Lehrkraft nicht in den VIP-Bereich der letzten Reihe, wenn sie nicht auf der Gästeliste steht?
Auf die Aussage einer anwesenden Schülerin, Referendare „hocken hinten drin und machen manchmal Unterricht“ sah sich Schröder aber dann doch durchaus bemüßigt, die angehenden Lehrerinnen und Lehrer zum Durchhalten zu ermutigen. Denn was wäre die Alternative zur schulischen Beamtenlaufbahn? Etwa Vollzeit zu arbeiten anstatt ab Ostern über Ferien und Brückentage sanft Richtung Weihnachten zu gleiten?
Auf brillante Weise gelang Herrn Schröder der Spagat, die spontanen Gespräche mit dem Publikum doch immer wieder mit seinem eigentlichen Programm zu verknüpfen. Und der Eindruck täuschte ganz offensichtlich nicht, dass sowohl die Zuhörerschaft als auch der Künstler selbst besonderen Spaß an diesem höchst unterhaltsamen Abend hatten.
Nicht umsonst gab es nach dem „Real Slim Schrödi“-Rap schließlich doch noch den einmillionsten Like auf seinem Account und jede Menge Begeisterung für ein äußerst gelungenes zweites Bühnenprogramm, mit dem sich Herr Schröder zweifellos zu den großen Comedians im deutschsprachigen Raum zählen darf.