Gemeinschaftsveranstaltung der vhs Buchen und der Fränkischen Nachrichten zum Sprachalltag im nördlichen Baden-Württemberg
Buchen. (vhs) Spannende Erkenntnisse über den Sprachalltag im nördlichen Baden-Württemberg, wurden den rund 60 Zuhörern und Zuhörerinnen bei der Gemeinschaftsveranstaltung der vhs Buchen und der Fränkischen Nachrichten präsentiert. Als Referenten waren die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des Projekts „Sprachalltag in Nord-Baden-Württemberg“ der Universität Tübingen eingeladen.
Manfred Pfaus, der den Abend moderierte, lobte in seinen einführenden Worten das Vorhaben der Tübinger Wissenschaftler, den noch unerforschten Sprachalltag zwischen Odenwald und Taubergrund mundartkundlich zu ergründen und in einem Sprachatlas zu erfassen. Die Wissenschaftler schlössen damit die einzige Lücke in der Erforschung der Dialekte des gesamten süddeutschen Raums.
In seinem Eröffnungsvortrag erklärte Prof. Dr. Hubert Klausmann, wie die Dialekte aus der indogermanischen Sprachfamilie entstanden sind. Alle Sprachen zwischen Island und Indien – mit Ausnahme des Finnischen, Ungarischen und Baskischen – sind indogermanischen Ursprungs. Durch lautliche Veränderungen trennten sich zunächst die frühen germanischen von den indogermanischen Sprachen und es bildeten sich im Süden und in der Mitte des germanischen Sprachraums verschiedene Dialekte heraus. Nur im Norden wurden bestimmte lautliche Veränderungen nicht vollzogen. Hierdurch ist eine dialektale Grenze zwischen Nord und Süd entstanden.
Das Hochdeutsch sei ein Kunstprodukt, legte Prof. Klausmann dar, das in der frühen Neuzeit als Schriftsprache entwickelt worden sei. Maßgebliche Autorität für die Entwicklung des Hochdeutschen war Martin Luther mit seiner Bibelübersetzung im 16. Jahrhundert. Daher sei es auch verfehlt, Dialekte als falsches Hochdeutsch zu bezeichnen. Sie stellten ein eigenständiges sprachliches System dar, das parallel zum Hochdeutsch funktioniere.
Einen aktuellen Einblick in das Projekt „Sprachalltag in Nord-Baden-Württemberg“ eröffneten die Doktoranden Rebekka Bürkle und Rudolf Bühler. „Im Projekt werden die lokalen Mundarten zwischen Ulm und Wertheim sowie zwischen Lauchheim und Mannheim untersucht“, sagte Bürkle. Die Ergebnisse sollen bis 2012 in dem „Sprachatlas Nord-Baden-Württemberg“ dokumentiert werden. Hierzu werden in etwa 90 Ortschaften Dialektsprecher und Dialektsprecherinnen anhand eines Katalogs von 1500 Begriffen und Beispielsätzen befragt. So wird geklärt, wie der Dialekt tatsächlich gesprochen wird. Und das kann je nach Situation verschieden sein: Als Zeuge vor Gericht drückt man sich anders aus als zu Hause oder im Freundeskreis.
Rudolf Bühler nannte zahlreiche Beispiele für Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Aussprache bestimmter Wörter zwischen den lokalen Mundarten im Raum Buchen. Um genau diese – oftmals nur kleinen – Unterschiede ging es auch bei den Texten, die die einzelnen Sprecher mit großer Begeisterung in ihrem ortseigenen Dialekt vortrugen.
Volkshochschul-Leiterin Renate Andres bedankte sich bei allen Beteiligten für die abwechslungsreiche Veranstaltung, bei der sich alles um „die Lebendigkeit von Sprache und die Vielfalt von Dialekten“ drehte.
„Und wie entwickelt sich der Dialekt im Raum Buchen weiter, wird es ihn in Zukunft noch geben?“, lautete die abschließende Frage von Manfred Pfaus. „Ich glaube“, beruhigte Prof. Klausmann, „dass man sich um den Dialekt im Raum Buchen keine Sorgen machen muss. Er ist stabil.“