Im Billigheimer Rathaus stimmte man den Dreharbeiten zu. Insgesamt sollte die Gemeinde eine Gage in Höhe von knapp 30.000 Euro erhalten. Zwei Drittel davon in Sachgütern. (Foto: P. Schmelzle/Wikipedia/ CC-BY-SA 2.5)
Billigheim. Ein Online-Händler wollte Ende Juli 2013 aufgrund des Namens „Billigheim“ in der gleichnamigen Gemeinde in Neckar-Odenwald-Kreis eine Werbekampagne mit mehreren Videospots drehen. Da der Ort und die Bewohner eine zentrale Rolle in den Filmen spielen sollten, auch Vereine, Bauernhöfe, die Feuerwehr, Gaststätten usw. waren zum Mitmachen aufgerufen, war hierzu dieser Tage eine Infoveranstaltung geplant, die von Bürgermeister Reinhold Berberich aber inzwischen abgesagt wurde, da es im Vorfeld einige Unklarheiten gab, die bisher von der Werbeagentur nicht beseitigt wurden. Der Gemeinderat hatte den Dreharbeiten bereits zugestimmt.
Zu diesem Thema erreicht uns heute ein offener Brief der Kreisrätinnen Eva-Maria Grimm (CDU) und Dr. Dorothee Schlegel (SPD) aus Billigheim.
Ist Billigheim billig zu haben?
Im letzten Billigheimer Boten konnten wir Bürgerinnen und Bürger aus Billigheim eine Einladung von Bürgermeister Berberich zu einer Informationsveranstaltung lesen. Der Grund dafür war, dass eine Werbefilm-Firma in unserer Gemeinde Werbeaufnahmen drehen möchte. In der Einladung selbst konnte man dann unter anderem Folgendes lesen: „Die Firma […] verkauft Qualitätsware zu einem günstigen Preis, weshalb sie prägnant mit „billigen“ Preisen wirbt. Um diese Werbung zu verstärken, wählt man einen Drehort wie die Gemeinde Billigheim, der ebenfalls das Wort „billig“ beinhaltet“.
Der Ortsname „Billigheim“ hat jedoch überhaupt nichts mit „billig“ zu tun, sondern bedeutet „Heim des Bullink“. Dass sich die jetzige Schreibweise durchgesetzt hat, ist
wohl als Zufall zu verstehen (im Dialekt reden wir übrigens nur von „Billinge“). Dies sollten eigentlich die Gemeinderäte und auch der Bürgermeister unserer Gemeinde wissen, ist es doch dort auf der Homepage nachzulesen.
Weiter ist in der Einladung zu lesen:
„Der Ort Billigheim und die Menschen, die dort leben, werden eine zentrale Rolle in den Werbefilmen spielen. Dadurch möchte man die Werbung authentisch gestalten und sich von Mitbewerbern abheben.“
Diese Formulierung ist für eine Dokumentation über unsere schöne Gemeinde sicherlich zu begrüßen. Große Zweifel regen sich bei uns allerdings, ob durch die Art und Weise der Werbespots das Ansehen Billigheims nicht in den Schmutz gezogen wird. Die Grenze zur Beleidigung bzw. Verballhornung unserer Gemeinde und ihrer Einwohner erscheint uns sehr schmal zu sein.
Das Wort “billig” wird oft mit geringer Qualität verbunden und das schadet auch unseren Handwerkern und den kleinen und mittelständischen Betrieben, den Metzgern, Bäckern, Friseuren und allen, die die Daseinsvorsorge und die Lebensqualität hier hoch halten, die gute und gut bezahlte Arbeitsplätze bereit stellen, so dass viele Menschen hier gerne und gut wohnen und leben können.
Die ersten Reaktionen aus der Bevölkerung zeigen viel Empörung und Unverständnis gegenüber der Mehrheitsentscheidung des Gemeinderats, von der wir Bürgerinnen und Bürger – da nichtöffentlich gefällt – nichts wissen. Selbst wenn dies eine juristisch korrekte Entscheidung sein sollte, geht es uns um die Menschen, die hier leben. Wir leben gerne hier, aber wir befürchten, dass es dem Ort und dem Kreis schadet. Und wenn wir schon in “gesicherter Armut” leben, dann nicht auch noch dadurch, dass wir den Ausverkauf durch die Marke “Billigheim” allesamt durch unser Schweigen selbst mitverantworten.
Wir setzen nun darauf, dass die Entscheidungsträger nochmals intensiv beraten und diese Aktion einstimmig ablehnen werden. Denn auch wenn Bürgermeister Berberich der Überzeugung ist, die Filmaufnahmen könnten nicht verhindert werden, so geht es doch eindeutig um ein Zeichen der Gemeinde und ihrer Vertreter.
Eva-Maria Grimm (CDU), Kreisrätin
Dr. Dorothee Schlegel (SPD), Kreisrätin