Mudau. (lm) Der Mudauer Odenwald, die Landwirte, die Jäger und das Schwarzwild waren schon immer eine Kombination, die einfach nicht ging. Die Schwarzkittel fühlten sich von je her besonders wohl in dem dichten Waldgebiet, das ihnen nicht nur jede Menge Futter anbot, sondern mindestens genauso viel Platz, um sich zu verstecken, um sich im geeigneten Augenblick auch noch an den Ackerfrüchten der Bauern zu laben.
Dazu kommt noch, dass die Wildsauen außer dem Menschen keine natürlichen Feinde hier haben, sich mit zwei – meist zahlreichen und schnell wieder geschlechtsreifen – Würfen im Jahr unglaublich vermehren und sowohl schnell und stark als auch ausgesprochen intelligent sind. Kein leichter Gegner also, weshalb sich Bauern und Jäger auch schon zu früheren Zeiten einiges – manchmal auch barbarisches – zum Schutz ihrer Felder haben einfallen lassen.
Michael Hemberger war schon als Kind mit dem Vater leidenschaftlich bei der Jagd dabei und übt dieses Hege- und Pflegehobby selbst seit rd. 50 Jahren aus. Er erinnert sich an einige Praktiken vergangener Tage, und auch daran, dass die wenigsten wirklich effektiv waren. So sprachen sich die Bauern untereinander ab und dann hatte immer einer im Wechsel Nachdienst an mehreren offenen Feuerstellen neben den zu schützenden Feldern. Das Feuer durfte nicht ausgehen. Doch wenn die Wildsäue merkten, dass sich das Feuer nicht ausbreitet, ließen sie sich nicht mehr vor der Selbstversorgung abhalten.
Als weitere Möglichkeit blies einer die ganze Nacht – an immer neuen Orten im Wald in ein Signalhorn. Das hielt zwar das Schwarzwild auf Abstand, aber leider auch das andere Wild und brachte so manchen braven Bürger um den wohlverdienten Schlaf. Noch weiter zurück liegt der Mauerbau zwischen Feld und Wald, indem die Bauern die Steine, die sie auf den Feldern abgelesen hatten, an dieser Stelle aufschichteten. Ganz entgegen dem heute so wichtigen Tierwohl war der Versuch, die Wildsäue durch wirklich scharfe Hofhunde von den Feldern abzuhalten, indem diese mitsamt ihrer Hütte dort angekettet wurden. Doch nach nur einer solchen Nacht war der Hund meist samt Hütte wieder auf dem heimischen Hof und als Schutzhund nicht mehr zu gebrauchen, so sehr hatte ihm das Wild zugesetzt.
Schon in die „modernere Zeit“ gehörte die Installation von Selbstschussanlagen, die so extrem laut waren, dass unvorbereitete Spaziergänger oder auch Jäger auf nahegelegenen Hochsitzen allein vom Krach fast einen Herzschlag bekommen haben. Zum Glück sind diese Anlagen heute verboten. Als wenig erfolgreich hat sich auch der sogenannte Saufang der Jägerschaft erwiesen. Das ist ein Holzverschlag, der im Großen ähnlich einer Lebendfalle für Mäuse und Ratten mittels einer Falltüre funktionierte, die durch das lockende Futter ausgelöst wird. Hatte sich tatsächlich einmal eine Wildsau darin verlaufen, wurde sie vom Jäger von außen geschossen. Relativ lange wirksam ist dagegen der Einsatz von Radios mit großen Verstärkern durch den ständigen Wechsel von Gesprächen und verschiedenen Musikrichtungen. Allerdings fällt das unter die Rubrik „nächtliche Ruhestörung“ und schadet ebenso allen anderen Tieren und den Menschen. Man hat also mit sehr unterschiedlichen Mitteln versucht, Wildsauschaden fernzuhalten oder einzudämmen. Doch von den Abschusszahlen der Neuzeit war man weit entfernt gewesen.
Nach Aussage von Michael Hemberger wurden im Jagdjahr vom 1. April 2017 bis 31. März 2018 über 500 Sauen auf Gemarkung Mudau geschossen. Aufwand pro Sau für den Jäger rd. 20 Stunden. Die Jäger sind also sehr bemüht, den Schwarzwildbestand im Zaum zu halten. Es haben sich für eine erfolgreiche Jagd zwei Möglichkeiten herauskristallisiert. Zum einen die sogenannte Kirrung, die jeden Tag an der gleichen Stelle mit Mais beschickt wird. So hat man viele Wildsauen an einer Stelle. Und wenn die Jagd an dieser Stelle nur einmal stattfindet, ist diese Art sehr effektiv. Die zweite Möglichkeit ist die sogenannte Bewegungsjagd, die auf die Wechsel der Sauen aufbaut. Denn genau bei diesen Wechseln werden Hochsitze oder noch besser Drückjagdsitze mit Jägern belegt. Die Treiber der Jagd bewegen sich und damit auch das Schwarzwild dann mit wenig Radau durch den Wald bis die Sauen ermüden und dann gezielt erlegt werden können. Damit hofft man, der Schwarzwildschwemme gemäß dem Jagdrecht und dem Tierschutz Einhalt gebieten zu können.