Im Erdgeschoss der Winterhauch-Grundschule verschwindet die Aula und weicht im Waldbrunner Kinder-Campus einer modernen Lernlandschaft mit Ruhezonen. (Repro: Hofherr)
Wegen des Investitionsstaus muss die Winterhauch-Schule für 2,5 Mio. Euro saniert werden
Im Erdgeschoss der Winterhauch-Grundschule verschwindet die Aula und weicht im Waldbrunner Kinder-Campus einer modernen Lernlandschaft mit Ruhezonen. (Repro: Hofherr)
Waldbrunn. Gleich zwei Sitzungen benötigte der Gemeinderat im Dezember um nach der Millionenausgabe beim Projekt „Talstraße/Rohlederstraße“ im Ortsteil Schollbrunn gut fünf Millionen Euro zu investieren, um dann im Rahmen der letzten Sitzung des Jahres, mit traditioneller Weihnachtsfeier im Anschluss, die Klein-Kindbetreuung auf dem Winterhauch neu aufzustellen. Mit gut sechs Millionen Euro ist der Kinder- oder Bildungs-Campus am Standort der Winterhauch-Grundschule in Strümpfelbrunn das Herzstück dieser Zukunftsmaßnahme, mit der man in „das wichtigste, nämlich unsere Kinder investieren will“, fasste CDU-Fraktionschef Andreas Geier in seiner Stellungnahme die Meinung der überwältigenden Mehrheit im Kommunalparlament, aber auch bei vielen Eltern, Lehrern, Erzieherinnen und sonstigen Waldbrunnern zusammen.
Der Weg bis hin zur Abstimmung, bei der am Montag ein Antrag zur Verbesserung der Schulinfrastruktur finanzschwacher Gemeinden bei der Sanierung von Schulgebäuden auf den Weg gebracht worden war. Denn die Ausschöpfung höchstmöglicher Zuschüsse ist Voraussetzung für die Realisierung dieser Maßnahme, waren sich Gremium und Verwaltung einig. „Können wir uns das leisten?“, so auch die mehrfach gestellte Frage an den Finanzchef der Gemeinde, Kämmerer Joachim Gornik, der jedes Mal antwortete, dass man darüber hinaus zunächst keine weiteren Maßnahmen stemmen könne und nach der Realisierung mehrere Jahre auf die Konsolidierung der Gemeindefinanzen gesetzt werden müsse. „Ja, dann kann sich die Gemeinde den Waldbrunn-Campus leisten“, stellte er in Aussicht.
Um zu dieser Abstimmung zu kommen, war ein langer Weg durch diverse Gremium, Gespräche, Planungssitzungen und vieles mehr notwendig.
Nachdem man im Jahr 2017 in mehreren Sitzungen über die Erhöhung der Kindergartengebühr stritt und dabei von Eltern per Leserbrief auch die Qualität der (Klein-)Kinderbetreuung in Waldbrunn an den Pranger gestellt worden war, versicherte Bürgermeister Markus Haas, dass eben dieses Thema ganz oben auf der Agenda der Gemeinde stünde. Dies versprach das Gemeindeoberhaupt auch anlässlich des Neujahrsempfangs der Gemeinde am Dreikönigstag 2018. Damals stellt er erstmals seine Idee vom Kinder-Campus bzw. Bildungshaus vor.
Es entstand eine Machbarkeitsstudie, die aufzeigte, dass es sinnvoll sei, Kinderbetreuung mit Kindergärten und Grundschule mit Ganztagesbetrieb am Standort der bisherigen Winterhauch-Grundschule zusammen zu ziehen. Die leer werdenden Immobilien könnten in den Ortsteilen anderweitig (Bürgerhäuser) genutzt werden. Die Kleinkindbetreuung für Waldbrunner unter drei Jahren ließe sich am Kindergarten-Standort Oberdielbach betreiben, wo derzeit eine Container-Lösung steht. Nur durch diesen Waldbrunner Kinder-Campus könne auf regelmäßige Änderungen bei den Bedarfszahlen und gesetzlichen Regelungen zeitnah reagieren, warb Haas für diese Lösung. Er erinnerte darüber hinaus, dass man im Jahr 2017 noch über die Schließung von Kindergartengruppen nachgedacht habe, nun aber eine siebte einrichten müsse, sodass man dann mit 180 Kindergartenkindern plane.
Nachdem sich das Architekturbüro Link und Schmitt aus Eberbach nach der Machbarkeitsstudie aus dem Auftrag zurückzog, wurde im Juni 2018 der Auftrag für die Planung “Waldbrunner Kinder-Campus” an den gebürtigen Limbacher Bernhard Bangert und dessen einschlägig präsentes Planungsbüro Enders/Weiss/Bangert aus Hochheim am Main vergeben. Die Technikplanung wurde an das Planungsbüro Schmitt & Partner GmbH aus Mauer vergeben. Außerdem wurde ein Planungsausschuss gegründet, dem neben den Architekten, auch Gemeinderäte, Elternvertreter, Erzieherinnen, die Schulleitung, Lehrer und Vertreter der Gemeindeverwaltung angehören.
Dieses Gremium traf sich mehrfach und Anfang Dezember wurden die Ergebnisse im Rahmen einer Gemeinderatsitzung präsentiert.
Die Planer Bernhard Bangert und Technikplaner Leonhard Schmitt (PSP GmbH) präsentierten zunächst die Sanierung der Winterhauchschule. Diese sei unabhängig von der Schaffung eines Bildungscampus notwendig, da das Gebäude nach knapp 50 Jahren einfach abgenutzt sei. Außerdem sein ein enormer Investitionsstau aufgelaufen, sodass für die vorgesehene, zweizügige Grundschule Kosten in Höhe von gut 2,5 Mio. Euro anfallen. Die Lernumgebung wurde dabei so geplant, dass die Schüler nicht von (laut) spielenden Kindergartenkindern gestört werden, so Bangert. Dies habe man durch die entsprechende Anordnung der Klassenzimmer im Gebäude erreicht. Zwei Klassenräume sind im Obergeschoss vorgesehen, zwei weitere Klassenzimmer sind im Erdgeschoss vorgesehen. Die alte Aula soll großzügig angelegten Lernlandschaften weichen, in die auch die Flure einbezogen werden. Dort sollen nicht nur diverse Lerninseln für Gruppenarbeiten, sondern auch Nischen zum Lesen, als Ruhezonen, Plätzen für Gruppenarbeiten etc. entstehen.
Die bisherigen Kindergärten Oberdielbach, Strümpfelbrunn und Waldkatzenbach sollen um eine Gruppe erweitert, dann mit sieben Gruppen im Untergeschoss der Winterhauch-Schule entstehen. Hierfür ist ein zusätzlicher Anbau notwendig. Während die Klassenräume in Richtung Turnhalle und Schulhof ausgerichtet sein werden, entstehen die Kindergarten-Gruppenräume in Richtung Reitclub Hoher Odenwald/Hindenburgsäule. So wurde die Lärmbelästigung der Schüler maximal reduziert, so einer der wichtigsten Ablehnungsgründer der wenigen Kritiker. Bei den Planungen, so Bangert weiter, habe man darauf geachtet, dass möglichst viele Räume möglichst unterschiedlich genutzt werden können. So entsteht im Untergeschoss eine Mensa, die im Bedarfsfall schnell zur Aula werden könne.
Die Kostenschätzung für die Einrichtung der Kindergartengruppe belaufen sich laut Bernhard Bangert auf knapp 3,5 Mio. Euro. Insgesamt kostet die Realisierung des Waldbrunner Kinder-Campus demnach ca. 6 Mio. Euro. Aus dem Planungsausschuss heraus habe man darüber hinaus den Auftrag erhalten, sich auf die Suche nach Einsparmöglichkeiten zu suchen. Rektor Uli Schöpwinkel bat das Gremium jedoch darum, bei allem Verständnis für die Kassenlage, bei der Schaffung der neuen Einrichtung nicht am falschen Ende zu knausern.
Nach der Vorstellung der Planung durch die beiden Architekten gab es zahlreiche Fragen aus dem Gremium. Dabei präsentierte sich einmal mehr Gemeinderat Rainer Ihrig (SPD), der auch an der Schule unterrichtet, als entschiedener Gegner des Waldbrunner Kinder-Campus. Er behauptete zwar, dass es ein pädagogischer Rückschritt sei, den Kindergarten in die Schule einzubinden, den Beleg für seine Behauptungen blieb er jedoch schuldig. Hierfür wurde er aus dem Gremium heraus als Bedenkenträger bezeichnet. Es gehe jedoch nicht mehr darum, dagegen zu sein, sondern das Projekt konstruktiv zu begleiten. Die Entscheidung sei nämlich längst gefallen, als man den Planungsauftrag vergeben habe.
Bürgermeister Markus Haas hob noch einmal hervor, dass man beim Kindergartenpersonal auch auf die Nutzung von Synergien setze, die bei Krankheitsfällen relevant werden können. Für viele Kindergartenkinder sei es außerdem wertvoll, den Schulbetrieb frühzeitig kennenzulernen und dadurch Berührungsängste abzubauen. In den neu geformten Lernlandschaften bieten sich Grundschülern moderne Formen des Lernens. Von Einzel- über Gruppenarbeit sei alles machbar, so Haas.
Kritisch gesehen wurde der Wegfall von Räumlichkeiten für die Gemeindebibliothek. Dies sei aufgrund der Nutzerzahlen aber hinzunehmen, so Haas. Für die Kinder blieben die Bücher jedoch erhalten. Außerdem könne man die diversen, ehrenamtliche Angebote ja weiterhin aufrechterhalten. Auch die Tatsache, dass diverse Gymnastikgruppen und das JBO Waldbrunn keine Räumlichkeiten in der Schule mehr nutzen könne, provozierte einen jungen Vater zu der Bemerkung, dass er nicht nachvollziehen könne, was solche Nutzungen an einem Kinder-Campus zu suchen hätten. Dafür gebe es in den frei werdenden Kindergärten genügend Ersatz.
Dies ließ Bürgermeister Markus Haas auch als Schlusswort stehen und verwies auf die Sitzung eine Woche später, bei der es dann zum Eingangs vorgestellten Beschluss kam, Bundesmittel für finanzschwache Schulträger zu beantragen.
Über die weiteren Tagesordnungspunkte dieser Dezembersitzung berichten wir gesondert.