Vereinsbetreuerin Heike Friedel (li.), Marina Carl-Mayer (2v.li.), Roman Mayer (2.v.re.), Geschäftsführerin Bärbel Juchler-Heinrich (re.). (Foto: pm)
Marina Carl-Mayer und Roman Mayer sind ehrenamtliche Betreuer und werben um Mitstreiter
Schlierstadt. (pm) Seit 2008 sind Marina Carl-Mayer und Roman Mayer aus Osterburken-Schlierstadt ehrenamtlich als gesetzliche Betreuer tätig. Durch eine Veranstaltung des Betreuungsvereins Neckar-Odenwald-Kreis, auf die sie über das Mitteilungsblatt der Gemeinde aufmerksam wurden, haben sie den Einstieg in dieses außerordentlich wichtige Ehrenamt gefunden. „Wir haben beide eine soziale Ader, da konnten wir nicht nein sagen“, erinnert sich das Ehepaar an den Moment, als sie beschlossen, ihre ersten Betreuungen zu übernehmen. Nun möchten die beiden Betreuer zusammen mit dem Betreuungsverein Neckar-Odenwald-Kreis und dessen Geschäftsführerin Bärbel Juchler-Heinrich auch andere motivieren, sich hier zu engagieren.
„Wir suchen Menschen, die einer gesetzlich betreuten Person zur Seite stehen möchten. Denn bei der gesetzlichen Betreuung handelt es sich nicht etwa um Unterstützung im Haushalt oder bei der Pflege. Vielmehr geht es um Unterstützung der Betroffenen bei der Bewältigung ihres Alltags“, ordnet Juchler-Heinrich zunächst ein. Für das Ehepaar Mayer war das Thema zunächst interessant, weil die eigenen Eltern bereits in einem fortgeschrittenen Alter waren. Sie besuchten den Einführungskurs und erhielten grundlegende Informationen über die Tätigkeit. Am letzten Vortragsabend als die Frage im Raum stand, wer bereit wäre, über den Betreuungsverein für jemand Fremden zuständig werden zu wollen, fassten sie sich ein Herz. Heute ist Roman Mayer für fünf Personen verantwortlich, seine Frau betreut zwei weitere.
Die Pflichten einer gesetzlichen Betreuerin beziehungsweise eines Betreuers sind sehr vielfältig und können sich von Fall zu Fall stark unterscheiden, unterstreicht Bärbel Juchler-Heinrich. Am häufigsten würden Betreuer für die Aufgabenbereiche Gesundheit, Aufenthalt oder auch Vermögen bestellt. Bei Übernahme einer Betreuung gelte es zunächst, einen Überblick über anstehende Aufgaben zu gewinnen. Im Rahmen der Gesundheitssorge habe der Betreuer beispielsweise das Recht, Arztunterlagen oder auch eine Pflegedokumentation einzusehen. Steht eine medizinische Behandlung an, müsse der Betreuer in diese einwilligen, wenn der Betreute es nicht selbst kann. Roman Mayer geht dabei sehr pragmatisch vor: „Ich entscheide immer so, als ob es meine eigenen Eltern oder Kinder wären. Zudem sind die Ärztinnen und Ärzte in der Regel sehr entgegenkommend, insbesondere, wenn ich erkläre ehrenamtlicher Betreuer zu sein.“
Auch die Verwaltung der finanziellen Angelegenheiten gehört zu dem Aufgabenfeld. Marina Carl-Mayer erinnert sich, dass sie bei einer Betreuungsübernahme sehr schnell aktiv werden musste: „Vor mir war die Tochter zuständig, diese hatte jedoch die für das Pflegeheim vom Sozialamt überwiesenen Gelder unterschlagen. Das Heim wollte meine Betreute vor die Tür setzen, weil es seit vier Monaten keine Zahlungen mehr erhalten hatte“. Sie erwirkte zunächst einen Zahlungsaufschub und konnte die Schulden dauerhaft begleichen.
Das Ehepaar Mayer betreibt seine Betreuung mit großem Engagement, wie man es eben in einem Ehrenamt macht, und schaut dabei auch nicht auf die Minute: „Es ist schwierig zu beziffern, wie viel Zeitaufwand eine Betreuung ausmacht. Manchmal gibt es einige Wochen nichts zu tun, dann sind plötzlich viele Telefonate nötig und man muss Antragsformulare ausfüllen.“ Betreuer können in den meisten Fällen ihre Zeit frei einteilen und Betreutenbesuche dann durchführen, wenn es gut in den Alltag passt. „Vieles geht inzwischen auch per E-Mail und Online-Banking ist ein Segen für die Vermögenssorge“, sagt Roman Mayer.
Ehrenamtliche Betreuer müssen sich auf jeden Fall Zeit für regelmäßige persönliche Kontakte zur betreuten Person nehmen und versuchen, deren Wünsche in Erfahrung zu bringen und sie bei deren Erfüllung so weit wie möglich zu unterstützen. „Das ist schon eine der wichtigsten Elemente dieses Ehrenamts“, so Marina Carl-Mayer. Ehrenamtliche Betreuer sollten zudem offen sein für Neues, sie benötigen Einfühlungsvermögen und manchmal auch Durchsetzungskraft. „Vor allem aber sollte man freundlich und umgänglich sein. Das Wichtigste ist die Menschlichkeit“, betonen die beiden Ehrenamtlichen.
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Abonnieren Sie kostenlos unserenTrotz der großen Verantwortung brauche man jedoch kein rechtliches Vorwissen, beantwortet Geschäftsführerin Juchler-Heinrich eine der häufigsten Fragen. Grundsätzlich könne jeder, der volljährig und geschäftsfähig ist, ehrenamtlich eine rechtliche Betreuung übernehmen. Im Laufe des Betreuungsverfahrens wird darüber entschieden, ob es sich um eine für das Ehrenamt geeignete Betreuung handelt oder ein beruflicher Betreuer bestellt werden sollte. Der Umgang mit Behörden, Formularen und Anträgen gehört meist zum Alltag eines Betreuers, doch „man lernt täglich dazu und kann die neuen Kenntnisse auch gut für eigene Belange nutzen“, kommentiert Roman Mayer und ergänzt: „Ämter und Einrichtungen sind immer sehr hilfsbereit und offen, wenn ich meinen Betreuerausweis vorlege“.
Auch würden, so ergänzt Juchler-Heinrich, ehrenamtliche Betreuer nicht alleingelassen, sondern von Gerichten, Behörden und Betreuungsvereinen begleitet und beraten. Insbesondere Betreuungsvereine haben die Aufgabe, ins Ehrenamt einzuführen und regelmäßig Fortbildungsangebote durchzuführen. „Schön ist auch das Angebot des Vereins, Pflegeheime im Landkreis zu besuchen und sie sich gemeinsam anzuschauen“, fügt Marina Carl-Mayer hinzu. Daneben gibt es immer wieder Würdigungsveranstaltungen als Anerkennung für das Engagement. Zudem erhalten ehrenamtliche Betreuer eine kleine Aufwandsentschädigung für Porto und Fahrtkosten.
Die gesetzliche Betreuung für eine Person ist eine verantwortungsvolle Aufgabe für alle, die gerne Menschen helfen möchten. Doch die Investition lohnt sich: „Wir erleben eine große Dankbarkeit – sowohl bei den Betreuten als auch seitens der Familien oder Einrichtungen, mit denen wir in der Betreuungsangelegenheit zu tun haben“, stellen Marina Carl-Mayer und Roman Mayer nach vielen Jahren Erfahrung zufrieden fest.
Infos
Im Neckar-Odenwald-Kreis gibt es derzeit 178 Betreuerinnen und Betreuer, die insgesamt 380 Betreuungen über den Betreuungsverein übernommen haben. Der Betreuungsverein organisiert für ehrenamtliche Betreuer über das ganze Jahr verteilt Informationsveranstaltungen zu unterschiedlichen Themen rund um das Betreuungsrecht. Interessierte können sich wenden an den Betreuungsverein Neckar-Odenwald-Kreis, Scheffelstr. 1 in Mosbach, Tel. 06261 842523, Mail: betreuungsvereins@neckar-odenwald-kreis.de.