150 Jahre Bauländer Bote

150 Jahre Bauländer Bote
150 Jahre Bauländer Bote

(Repro: Rückert)

Eine Tageszeitung aus dem Badischen Frankenland (1875–1941)

Von Albert Rückert

Adelsheim. Das Bauland ist eine Hügellandschaft im Nordosten von Baden-Württemberg. Sie erstreckt sich zwischen Odenwald, Tauber, Jagst und Neckar über Teile des Main-Tauber-Kreises, des Neckar-Odenwald-Kreises und reicht bis in den Hohenlohekreis sowie den Landkreis Heilbronn.

Aufgrund seiner abgelegenen Lage und eingeschränkter Verkehrswege blieb dieser Landstrich über Jahrhunderte in seiner Entwicklung zurück. Die Region galt als infrastrukturell und wirtschaftlich rückständig. In früheren Zeiten wurde sogar abschätzig von „Badisch Sibirien“ gesprochen.

Trotz dieser schwierigen Voraussetzungen setzte auch im Bauland ein langsamer, aber stetiger Strukturwandel ein. Gedruckte Nachrichten in Form von Zeitungen trugen entscheidend dazu bei, diese Entwicklung zu begleiten und zu fördern.

Die Entstehung lokaler Zeitungen im 19. Jahrhundert

Während im 18. Jahrhundert lediglich in Wertheim eine regelmäßig erscheinende Zeitung existierte, nahm die Zahl der Zeitungen mit dem Aufstieg des Bürgertums im 19. Jahrhundert deutlich zu.

Der Historiker Prof. Dr. Gerhard Schneider, selbst in Adelsheim geboren, berichtet von der zunehmenden Entwicklung eines Kleingewerbes in den badischen Amtstädtchen neben der weiterhin dominierenden Landwirtschaft.

In dieser Phase entstanden neue Zeitungen, darunter der „Neckarbote“ (1842 in Mosbach), der „Buchener Anzeiger“ (1857), die „Badische Tauberzeitung“ (1864 in Tauberbischofsheim), der „Walldürner Stadt- und Landbote“ (1867) und schließlich 1875 der „Bauländer Bote“ in Adelsheim.

Der „Bauländer Bote“ – Eine Zeitung für das ländliche Bauland

Der „Bauländer Bote“ wurde als Hauptanzeigeblatt für die Bezirke Adelsheim, Boxberg und deren Umgebung gegründet. Die Geschichte dieser Zeitung lässt sich heute nur lückenhaft rekonstruieren.

Kriegszerstörungen, fehlende Archivierung und Nachlässigkeit der früheren Verlage führten dazu, dass der „BB“ nur für die Jahre 1909–1910 und 1914–1941 vollständig erhalten ist. Einzelne Exemplare aus anderen Jahren existieren nur vereinzelt in privater Hand.

Weder die Gemeinde noch das Bezirksamt Adelsheim, die den „Bauländer Bote“ als amtliches Verkündungsblatt nutzten, archivierten ihre Belegexemplare. Damit ging eine bedeutende ortsgeschichtliche Quelle verloren, die den Strukturwandel im Bauland journalistisch hätte begleiten können.

Frühe Entwicklung und Herausforderungen

Die Zeitung richtete sich an die überwiegend bäuerliche Bevölkerung, bot Marktberichte und Informationen zu Preisentwicklungen. Sie erschien zunächst dreimal wöchentlich, ab 1876 bereits viermal, mit dem Untertitel „Verkündungsblatt für den Amts- und Amtsgerichtsbezirk Adelsheim“.

Der erste Verleger, Friedrich Büchner, konnte sich jedoch nur zwei Jahre halten. Gründe für das frühe Scheitern lagen im schwierigen Vertrieb, einem zu kleinen Einzugsgebiet sowie in saisonalen Schwankungen der Auflage.

Während der Sommermonate wurde die Zeitung oft abbestellt, da die Landwirte stark mit der Feldarbeit beschäftigt waren. Trotz aller Widrigkeiten hielten die zwölf Gründer, spöttisch „die zwölf Apostel“ genannt, an ihrem Vorhaben fest und wagten einen Neuanfang.

Etablierung und Aufschwung

Gustav Veith aus Eberbach übernahm den Verlag, der in der Gastwirtschaft „Zum Ochsen“ (heute Haus Herold) untergebracht war. Später zog die Druckerei in die ehemalige Schuhfabrik Bieringer (heute Schreinerei Hofmann). Ein erklärtes Ziel war es, den Preis der Zeitung so niedrig zu halten, dass auch ärmere Bevölkerungsschichten Zugang zur Information hatten.

1892 ging die Leitung an Hans Bingemer über. Unter seiner Führung wurde das amtliche Verbreitungsgebiet auf den Amtsbezirk Boxberg ausgedehnt, wodurch neue Leser gewonnen werden konnten. Die Zeitung erschien nun von Oktober bis März täglich und von April bis September wöchentlich.

Sie trug jetzt den vollständigen Titel: „Bauländer Bote und Boxberger Anzeiger – Hauptanzeigeblatt für die Bezirke Adelsheim, Boxberg und deren Umgebung. Holzsubmission- und Versteigerungsanzeiger für den Odenwald“.

Ab 1905 erschien der „BB“ durchgehend täglich und erreichte eine notariell bestätigte Auflage von 2.750 Exemplaren – damit war er die zweitmeist gelesene Zeitung im damaligen Kreis Mosbach.

Die Blütezeit unter Adolf Heppeler

Am 01. Juli 1907 übernahm Adolf Heppeler den „Bauländer Bote“. Die Zeitung war inzwischen gut etabliert, trotz der zahlreichen Konkurrenzblätter. Der überregionale Teil bestand vorwiegend aus amtlichen Mitteilungen und Regierungsberichten, während der regionale Teil über kommunale Sitzungen, Geschworenengerichte und vielfältige Vereinsaktivitäten berichtete.

Die Bandbreite reichte vom Frauenverein über den Bienenzuchtverein bis hin zu Radfahr- und Musikvereinen. Dazu kamen Nachrichten über Unfälle, Todesfälle, Immobilienverkäufe, Parteiversammlungen und vieles mehr. Samstags erschien zusätzlich eine Fortsetzungsgeschichte.

Der „Bauländer Bote“ unterstützte offen die Monarchie und die Großmachtpolitik des Kaiserreichs – eine Haltung, die bei der Bevölkerung Anklang fand.

Der Erste Weltkrieg und seine Auswirkungen

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs nahmen Berichte über Soldaten aus Adelsheim sowie über die Ereignisse an der Front breiten Raum ein. Die anfängliche Kriegsbegeisterung wich bald der Ernüchterung angesichts zahlreicher Gefallener, Lebensmittelknappheit und des harten Winters 1917/18.

Am 01. April 1918 übernahm Joseph Viel den Verlag und die Druckerei. Der Stil der Zeitung veränderte sich im Zuge des politischen Umbruchs. Fortan erschienen dienstags und freitags Beilagen mit amtlichen Bekanntmachungen sowie samstags eine illustrierte Sonntagsbeilage. Zweimal im Monat wurde der „Kleintierhof“ veröffentlicht, ergänzt durch die ab Oktober 1918 erscheinenden „Fränkischen Blätter“ zur Heimatkunde.

Der Weg in die Zwischenkriegszeit

1926 übernahm Walter Siebert den Verlag. Die redaktionelle Verantwortung lag jedoch beim erfahrenen Adelsheimer Julius Schmidt. Bereits 1928 wechselte der Besitz erneut: Wilhelm Haag, einst Lehrling in der Druckerei, erwarb Verlag und Druckerei. Unter seiner Leitung erschien im Süden des Verbreitungsgebiets zusätzlich das Kopfblatt „Jagsttalbote“. Die Druckerei zog auf den Windhof (heutige Rietstraße).

Haags erklärtes Ziel war eine unabhängige, tolerante Berichterstattung frei von parteilicher, konfessioneller oder rassistischer Einflussnahme. Doch mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde dieses Ideal zunehmend unmöglich.

Die regionale Berichterstattung wurde eingeschränkt, überregionale Inhalte wurden zentral vorgegeben. Die nationalsozialistische Konkurrenzzeitung „Volksgemeinschaft“ erschwerte das wirtschaftliche Überleben des „BB“.

Das Ende einer Epoche

Am 31. Mai 1941 musste der „Bauländer Bote“ im Zuge der Kriegsbewirtschaftung sein Erscheinen einstellen. Damit endete die Geschichte einer Zeitung, die über Jahrzehnte hinweg das öffentliche Leben im Bauland maßgeblich mitgeprägt hatte.

Wiederbelebung als Mitteilungsblatt

Nach über 30-jähriger Pause wurde der „Bauländer Bote“ am 03. November 1973 von der Stadt Adelsheim als amtliches Mitteilungsblatt neu aufgelegt. Seither prägen überregionale Nachrichten, Familienanzeigen, kirchliche und Vereinsnachrichten sowie Geschäftsanzeigen sein Erscheinungsbild. Als lokale Ergänzung zur Tagespresse ist er heute ein unverzichtbarer Bestandteil des öffentlichen Lebens in Adelsheim.

Fazit

Die 150-jährige Geschichte des „Bauländer Bote“ ist ein beeindruckendes Zeugnis lokaler Mediengeschichte. Trotz Unterbrechungen und wechselvoller Eigentumsverhältnisse hat sich das Blatt stets den Bedürfnissen seiner Leserschaft angepasst. Heute steht es als modernes Mitteilungsblatt für die enge Verbindung von Tradition und Gegenwart und wird dieser Verantwortung weiterhin gerecht.

Literatur- und Quellenangabe

Prof. Dr. Gerhard Schneider: Der „Bauländer Bote“ – Eine Tageszeitung aus dem Badischen Frankenland, in: Württembergisch Franken 61 (1977), S. 139–155
Albert Rückert: Adelsheim – Früher und Heute, 2011, S. 38

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