08.06.10
Exkursion von Volkshochschule und Heimat- und Museumsverein – Von der Antike bis in die Neuzeit
Die Römergeschichte vor Ort stand im Mittelpunkt einer Exkursion von Volkshochschule und Heimat- und Museumsverein Wagenschwend. Start war am Roberner Kleinkastell „Hönehaus“, das als einziges der sieben Kleinkastelle am Odenwaldlimes in seinen Grundmauern restauriert ist. (Foto: Norbert Schwing)
Wagenschwend. (nsch) Der Limes in der Gemeinde Limbach lässt sich nur noch luftbildarchäologisch erfassen. Die Relikte unter der Erde wurden bereits1880 vor Gründung der Reichslimeskommission(1892) entdeckt, später untersucht und aufgenommen und in den ORL-Akten veröffentlicht. Es sind dies die beiden Turmstellen WP 10/45 „Im Weißmauerfeld“ und WP 10/46 „Im Dreispitz“ sowie Schnitte des Patrouillenweges und Palisadengrabens zwischen den beiden Turmstellen im Gewann „Fahrenbusch“, alles auf der Gemarkung Balsbach. WP 10/47 „Im Schlagfeld“ auf der Gemarkung Wagenschwend ist angenommen.
Die Exkursion am vergangenen Sonntag in Zusammenarbeit von Heimat- und Museumsverein Wagenschwend und Volkshochschule startete am Kleinkastell „Hönehaus“ Robern, geführt als Turmstelle 48 der Odenwaldlimesstrecke 10. Es hat ein Ausmaß von 20 m x 21 m und ist als einziges der 7 Kleinkastelle am Odenwaldlimes in seinen Grundmauern restauriert. Vor dem Osttor fand sich ein Relief mit der Darstellung der auf einem Globus stehenden Victoria, die Siegeskranz und Palmzweig in den erhobenen Händen hält (heute im Römermuseum Osterburken). Vom Parkplatz am Friedhof aus wurde die Turmstelle 10/46 anvisiert und der Bereich, auf dem durch Befliegung im März 1991 der Limesverlauf luftbildarchäologisch erfasst wurde. Zwischen den Häusern Wickert und Brauch überschritt man die Gemarkungsgrenze Balsbach-Wagenschwend, die sich hier mit dem Limesverlauf auf eine kurze Strecke deckt.
Auf der Höhe führte der Blick zum einen auf die Pfarrkirche „Heilig Kreuz“, zum anderen auf Balsbach mit Schulhaus, Kirche und Kloster und damit in die Kirchengeschichte der beiden Ortschaften, die sich als Filialen von Limbach 1426 von Hollerbach lösten, 1870 eine Kirche erbauten, 1905 als Pfarrkuratie selbständig und vor 50 Jahren zur Pfarrei erhoben wurden. Das Holzkreuz auf der Höhe, erste Station der Flurprozessionen an Markus und an Christi Himmelfahrt, ist eines der über 30 religiösen Kleindenkmale auf beiden Gemarkungen, die bei der Juliexkursion von VHS und Museum auf dem Programm stehen.
Der Wachtposten 10/45 „Im Weißmauerfeld“ lässt sich aus der Vogelperspektive infolge der Bewuchsverfärbung durch die ringförmigen Entwässerungsgräben zweier Türme lokalisieren. Laut jüngster Auskunft des Landesdenkmalamtes rührt der in West-Ost- Richtung verlaufende Streifen, der zudem den südlichen Ringgraben schneidet, von einem ehemaligen Feldweg her.
Neben den wissenschaftlichen Aufarbeitungen ließen die Befragungen der Bevölkerung durch die Streckenkommissare der Reichs-Limes-kommission und die mit den örtlichen römischen Fundstellen verbundenen Sagen vom goldenen Kalb und von Heunen (Riesen) die antike Geschichte lebendig werden.
In der Nähe des Balsbacher Parkplatzes stieß man dann auf Reste des Mudauer Heerhags, einer spätmittelalterlichen/frühneuzeitlichen Grenzziehung um die Cent Mudau. Hier war es 1778/79 zu Streitigkeiten zwischen Kurmainz und der Zwingenbergschen Herrschaft und zu Handgreiflichkeiten zwischen Scheidentaler und Balsbacher Grundstücksbesitzern gekommen.
Das Museum wartete zum Abschluss mit Literatur zur Römergeschichte und „Mulsum“, einem römischen, mit Honig zubereiteten Wein auf.