Interkulturell denken – lokal handeln

Bürgermeister Roland Burger, Polizeioberrat Joachim Schneider, Leitender Polizeidirektor Hans Becker. (Foto: Liane Merkle)

Buchen. (lm) Geradezu überwältigt von der Resonanz der Interessierten, eröffneten Bürgermeister Roland Burger, Hans Becker als leitender Polizeidirektor sowie Polizeioberrat Joachim Schneider die Ausstellung „Heimatland Baden-Württemberg, gemeinsam in Sicherheit leben“, die im Rahmen des landesweiten Pilotprojektes „Interkulturell denken – lokal handeln“ am vergangenen Mittwoch im Buchener Kulturforum „VIS-A-VIS“.

Der Einladung waren neben fast allen örtlichen Schulleitern, Vertretern von Kirchen, sozialen Einrichtungen, Stadtrat, Verwaltung und Polizei auch eine beachtliche Anzahl türkischer Mitbürger zusammen mit dem Vorsitzenden des türkischen Moscheevereins DITIP, Dilaves Akyürek gefolgt.

Die kulturelle Rahmengestaltung war mit Matthias Ibach am Akkordeon sowie den beiden türkischen Tanzgruppen „Die kleinen Sultans“ (auf türkisch „Kücük Sultanlar“) und eine vom Jugendhaus TÜV entsprechend des Ausstellungsthemas unterhaltsam bunt.

Bürgermeister Roland Burger sah darin auch eine Unterstreichung des Stadt-Slogans „Buchen – offen lebendig und nicht ganz alltäglich!“ Zwar liege Buchen mit 6,1% Ausländeranteil weit über vier Prozent unter dem Schnitt von Baden-Württemberg, dennoch sei das Thema Integration den Verantwortlichen der Stadt so wichtig, dass man das Projekt „Interkulturell denken – lokal handeln“ initiiert und mit den Themen „gegenseitiges Verständnis der Kulturen“ und „erfolgreiche Integration“ bereits in den Fokus gerückt habe.
Des Weiteren habe sich seit der „Zukunftswerkstatt 2009“ eine 14-tägige Bürgersprechstunde „Mit Rat und Tat“ mit den ehrenamtlichen Ansprechpartnern Karl-Heinz Blum und Seda Uzun-Baldede etabliert.

Die Ausstellung „Heimatland – Baden-Württemberg“ greife verschiedene gesellschaftliche Handlungsfelder auf, sprecht Probleme der Integration deutlich an, wahre aber eine neutrale Sicht. Burger betonte die vielen erfolgreichen Projekte der Stadt, mahnte aber an, nicht in dem Bemühen des gegenseitigen Verständnisses und miteinander Redens nach zu lassen. Integration sei ein Prozess, an dem man weiter arbeiten müsse. Abschließend dankte der Bürgermeister allen, die sich aktiv für ein gutes Miteinander einsetzen und meinte „die Zukunft gehört den Nationen, die offen sind für kulturelle Vielfalt, neue Ideen und für die Auseinandersetzung mit Fremden und Fremdem“.

Unser Land müsse die Verschiedenheit aushalten, sie sogar wollen. Doch dürfte man nicht vergessen, dass zu große Unterschiede den Zusammenhalt gefährden. „Auch Fremdenliebe geht durch den Magen“, brachte Manfred Rommel das ganze einmal humorvoll auf den Punkt. „Erfüllen wir gemeinsam das Wort Integration mit Leben, indem wir aufeinander zugehen und uns die Hand reichen“, forderte Dilaves Akyürek vom türkischen Moscheeverein in seinem Grußwort auf. Er selbst fühlt sich nach 30 Jahren Leben und Arbeit in Buchen sehr integriert, und meint, „dazu brauchen wir keine Politik, sondern nur ein wenig gegenseitige Achtung, Respekt und Toleranz“. Für ihn die die erfolgreichste Integration im Sport offensichtlich, die beste jedoch am Arbeitsplatz und zwischen den Familien, deren Kinder in gemeinsame Kindergärten und Schulen gehen.

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TÜV-Tanzgruppe und ein Teil des Publikums. (Foto: Liane Merkle)

Der Buchener DITIP wolle zudem ein Bildungszentrum bauen, in dem Kinder und Erwachsene – nicht nur türkische – neben Schule und Beruf Deutsch lernen können. Weiter gab er den Rat: „Schauen sie nicht auf das Kopftuch, sondern auf den Menschen darunter“. Ein großes Handlungsfeld für die Polizei sah der leitenden Polizeidirektor Hans Becker in dem Zusatz „Gemeinsam in Sicherheit leben“ und dem Ergebnis einer Bürgerbefragung von fünf Jahren, die Defizite im Sicherheitsgefühl offenkundig gemacht hatte. Er zitierte dabei den Bundespräsidenten „wir sind ein Volk. Weil diese Menschen mit ausländischen Wurzeln mir wichtig sind, will ich nicht, dass sie verletzt werden in durchaus notwendigen Debatten…“.

Für Hans Becker hat gerade die Polizei die Chance, bei problematischen Bevölkerungsteilen, sachlich auf Kriminalitätsphänomene hinzuweisen und auch auf entsprechende Prävention hinzuwirken. Dazu brauche es eine „gemeinsame Sprache“, die man leichter findet, wenn man weiß, wo der andere herkommt. Und genau das sei Teil des besonderen Info- und Ausstellungsstandes, der bis 21. Oktober im Vis-A-Vis zu erleben sei.

Der Kollege Günther Ebert sei als Projektbeauftragter ständiger Dialogpartner des Moscheevereins DITIP und könne als solcher bestätigen, dass nicht nur die Sicherheit im ihre Kinder türkische und deutsche Mütter eine. Und es war ihm wichtig zu betonen „für uns steht der Mensch im Mittelpunkt“. Vor diesem Hintergrund ändere sich auch die Organisation der Polizei durch einen immer größer werdenden Anteil von Kollegen mit ausländischer Staatsbürgerschaft als wertvolle Ratgeber und Brückenbauer. Polizeioberrat Joachim Schneider griff dieses Thema gerne auf und erläuterte Grundgedanke, didaktische Konzeption, Kernaussage, Ziele und Zielgruppen sowie Inhalte der Ausstellung, für die man sich seiner Meinung nach etwas 30 Minuten Zeit nehmen sollte.

Nach einer Audiotour mit den wesentlichen Argumentationsschritten geben Texte, Graphiken und Bilder weitere umfallende Informationen und stellen gesellschaftliche Fragen wie „Was ist Integration?, Was ist Heimat?, Was ist Kultur?“ Eckwerte der Polizeilichen Kriminalstatistik werden ebenso vorgestellt wie der Islam oder die Buchener Initiative von „Interkulturell denken – lokal handeln“. Auf einer letzten Tafel werden dann die Besucher um ihre schriftliche Meinung gebeten. Joachim Schneider lud ein, das interessante kostenfreie Angebot zu nutzen: „Es erwarten Sie sehr interessante Informationen. Schauen Sie rein, wir freuen uns auf Sie“.

Für Schulklassen und Gruppen können individuelle Besichtigungstermine vereinbart werden bei Elisabeth Hell, Stadt Buchen (0 62 81) 31-114, el************@bu****.de oder Günther Ebert, Polizeirevier Buchen (0 62 81) 9 04-1 32, gu************@po*****.de.

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