Olivier Pols ist Deutschlands jüngster Diplomdirigent. (Foto: privat)
Seckach-Großeicholzheim. (tl) „Hochkarätig, glanzvoll und weltberühmt“ – so charakterisiert die Stadt Baden-Baden wohl nicht zu Unrecht die in ihren Mauern stattfindenden kulturellen Veranstaltungen. Natürlich weiß jeder, dass in dieser „kleinsten Weltstadt“, wie sie wegen ihrer ruhmreichen Geschichte oft genannt wird, in den letzten zwei Jahrhunderten praktisch alle bekannten und berühmten Musiker, Dirigenten und Schauspieler aufgetreten sind. Aber auch diese haben irgendwann einmal klein angefangen und nicht anders ergeht es dem künstlerischen Nachwuchs heute.
Am vergangenen Mittwoch war es im ältesten Gebäudeteil des Baden-Badener Kurhauses, dem nach seinem Erbauer benannten Weinbrennersaal, jedenfalls wieder einmal so weit: Olivier Pols, in Seckach-Großeicholzheim wohnhaft und gerade einmal 21 Jahre alt, gab als Schlusspunkt seines vierjährigen Studiums im Fach Orchesterleitung an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim sein Abschlusskonzert und darf sich ab sofort und bis auf Weiteres als jüngster Diplomdirigent Deutschlands bezeichnen.
Olivier Pols´ musikalische Wurzeln liegen, wie bei so vielen Künstlern, in den musikalischen Bildungsangeboten der allgemeinbildenden Schulen. Konkret wurde seine Begabung Mitte der 90er Jahre an der Grundschule Großeicholzheim von der damaligen Rektorin Maxi-Monika Thürl entdeckt, die ihm denn auch die ersten Grundlagen vermittelte. Ein weiterer Glücksfall für Olivier war, dass er am Ganztagesgymnasium Osterburken (GTO) mit dem Musikpädagogen Albert Loritz einer absoluten Ausnahmepersönlichkeit der Blasmusikszene begegnete, die ihn weiter zielstrebig förderte. Doch daneben darf auch der wichtige Beitrag, welchen die Amateurblasmusik und die Musikschulen bei der Talentförderung junger Instrumentalisten leisten, nicht vergessen werden und im Falle von Olivier Pols sind diesbezüglich insbesondere die Musikvereine Seckach und Oberschefflenz sowie die Musikschule Bauland (vorm. Irmai) zu erwähnen: Schlagzeug, Klavier, Tuba, Waldhorn und Posaune sind nur einige der Instrumente, die er seither erlernt hat.
Doch bereits recht früh zeichnete sich ab, dass Olivier´s Karriere wohl noch viel steiler verlaufen würde, denn schon mit 13 Jahren begann er selbst zu komponieren und gewann im Jahre 2003 bei dem von der Musikalischen Bildungsstätte „Jeunesse Musicale“ in Weikersheim mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung durchgeführten Kompositionswettbewerb einen ersten Preis. Aber auch an instrumentalen und dirigentischen Meisterkursen sowie Workshops nahm Olivier fortan immer wieder teil und bereitete sich noch als Gymnasiast ab dem Jahre 2005 als Vorschüler an der Hochschule für Musik Karlsruhe im Fach Orchesterdirigieren bei Prof. Andreas Weiss auf sein späteres Hauptstudium vor. Letzteres begann dann 2006 an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim bei Prof. Klaus Arp (Orchesterleitung) und Prof. Georg Grün (Chorleitung). Aber für einen angehenden Dirigenten ist es besonders wichtig, dass er mit verschiedenen Klangkörpern zusammenarbeiten und so seinen ganz persönlichen Dirigierstil entwickeln kann. Diese Möglichkeit nahm Olivier Pols in den letzten Jahren u.a. beim Jugendsinfonieorchester Medellin (Kolumbien), der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz, dem Kammerorchester Pforzheim, dem Kurpfälzischen Kammerorchester Mannheim und dem Philharmonischen Orchester Plovdiv (Bulgarien) wahr.
Vier intensive Jahre des Studiums liegen nunmehr also hinter Olivier Pols und so fanden die Abschlussprüfungen jetzt am 01. Dezember ihren Höhepunkt im Diplomabschlusskonzert im Kurhaus Baden-Baden. Gut 200 interessierte Zuhörer, darunter auch viele Freunde und Bekannte des jungen Dirigenten, hatten sich trotz der starken Konkurrenz des Baden-Badener Christkindelsmarktes zu nachmittäglicher Stunde eingefunden, um im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Alte Meister – Junge Solisten“ diesem Konzert der Philharmonie Baden-Baden zu lauschen und vor allem, um zu erleben, wie sich Olivier Pols im eleganten Schwalbenschwanz auf dem Dirigierpodest wohl schlagen würde.
Als erstes stand das Klavierkonzert Nr. 1 d-Moll, op. 15, von Johannes Brahms auf dem Programm; am Flügel brillierte die aus Kawasaki (Japan) stammende Solopianistin Nanako Sato. Und schon hier war der reife Dirigierstil Olivier Pols´ klar erkennbar. Stets den Blickkontakt mit dem Orchester pflegend, überzeugt Olivier beidhändig durch eine klare Zeichensprache, ohne sich selbst hierbei in den Vordergrund zu spielen. Ein Spektakel zu veranstalten, wild umher zu gestikulieren und sich selbst damit ins Rampenlicht zu stellen, ist ihm jedenfalls fremd; vielmehr sorgt Olivier dafür, dass tatsächlich die Musik selbst der unumstrittene Mittelpunkt des Geschehens ist. Nach der Pause erklang dann die Sinfonie Nr. 5 von Ralph Vaughan-Williams, welcher zusammen mit Edward Elgar der wohl bekannteste englische Komponist des 20. Jahrhunderts ist, und auch diese anspruchsvolle Komposition interpretierten Dirigent und Orchester glänzend, weshalb das Konzert denn auch vollkommen zu Recht mit Standing Ovations endete.
Beim anschließenden Empfang im Restaurant des Kurhauses sprach Bürgermeister Thomas Ludwig (Seckach) Olivier Pols namens der Gemeinde Seckach und allen anwesenden Gästen die herzlichsten Glückwünsche zu seiner großartigen künstlerischen Leistung und dem damit verbundenen Adelsschlag zum Diplomdirigenten aus. Besonders hob er hervor, dass „Oli“, wie ihn alle eigentlich nur nennen, trotz seines kometenhaften beruflichen Aufstiegs immer ein sympathischer junger Mann mit Bodenhaftung geblieben sei, der auch heute noch jederzeit gerne in den verschiedensten Ensembles und Orchestern seiner Heimat mitwirkt. Ein nicht enden wollendes Defilee schloss sich an, bei welchem u.a. auch Ortsvorsteher Reinhold Rapp (Großeicholzheim), Rektorin i.R. Maxi-Monika Thürl, Kalman Irmai von der Musikschule Bauland und die Vertreter der Musikvereine und Ensembles ihre guten Wünsche überbrachten.