von Liane Merkle
Erläutern das Versorgungskonzept: Ortsvorsteher Reinhold Rapp, Bürgermeister Thomas Ludwig, Steuerfachmann Bernd Meyer zu Berstenhorst, Bauamtsleiter Roland Bangert.
Seckach. Um die Gemeinde Seckach weiter auf ein energetisch breiteres und vor allem zukunftssicheres Versorgungskonzept zu stellen, gehen Gemeinde und Bürger in enger Kooperation neue Wege. Im Mittelpunkt dieses Ausbaus steht nun im Ortsteil Großeicholzheim das Großprojekt ,,Nahwärmenetz“ an, für dessen Grundkonstellation demnächst eigens eine Genossenschaft gegründet werden soll, die klar zum Ausdruck bringt „von Bürgern für Bürger“.
Vordergründig geht es in diesem Projekt um eine Nahwärmeversorgung mit der bereits in Betrieb befindlichen Biogasanlage in Verbindung mit einer Zusatzheizung als Sicherung für Spitzenzeiten.
Als Symbiose zwischen Biogasanlage und der noch zu erstellenden Heizzentrale sollen neben möglichst vielen Privathaushalten vor allem Firmen, Schule und Schlossgartenhalle in Zukunft mit Wärme versorgt werden. „Wir beschäftigen uns jetzt seit eineinhalb Jahren mit diesem Thema, aber ein so großes Projekt muss auch gut vorbereitet sein“, betonte Bürgermeister Thomas Ludwig im Rahmen der letzten öffentlichen Informationsveranstaltung in der Schlossgartenhalle vor Gründung der Genossenschaft.
Gleichzeitig wurde hierbei nochmals an alle Bürgerinnen und Bürger appelliert, diese einmalige Chance zu nutzen und sich im Rahmen der verschiedenen Vertrags-Möglichkeiten daran zu beteiligen.
Bauamtsleiter Roland Bangert betonte im technischen Part des Abends, dass man für die Anschlüsse und Versorgungsleitungen nur „Straßen“ berücksichtigen könne, für die Förder- und Wirtschaftskriterien erfüllt sind, denn ohne Fördermittel sei das Projekt nicht zu schultern.
Ortsvorsteher Reinhold Rapp gab eine Preisübersicht und erläuterte die drei Vertragsvarianten für Vollabnehmer, Teilabnehmer und reine Anschlussnehmer für mögliche Energienutzung in der Zukunft.
Die hierzu anfallenden Verträge sowie die Mustersatzung im Rahmen der Gründung einer Genossenschaft seien unter www.bio-energie-dorf.de einzusehen wo auch persönliche Fragen mit den entsprechenden Fachleuten geklärt werden können.
Für das zuständige Ingenieurbüro Schuler Energie- und Gebäudetechnik erläuterte Roland Bangert die Möglichkeiten einer Nahwärmeversorgung mit Biogas und den verschiedenen möglichen Zusatzvarianten, wobei für Großeicholzheim derzeit Biogas/Öl als Favorit gilt. Bislang hätten sich 144 Interessenten für eine Wärmeabnahme gemeldet, wobei die Zahl noch deutlich Steigerung nach oben habe. Eingebunden in das Gesamtkonzept seien planerisch Einfamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser, Gewerbe und Industrie sowie Schule, Kindergarten und Schlossgartenhalle mit einem jährlichen Wärmebedarf von etwa 3.700.000 kWh was 400.000 Litern Heizöl entspräche.
Basierend auf den Berechnungen und Ertrags-Kostenvorgaben des Büros Schuler erläuterte Steuerfachmann Bernd Meyer zu Berstenhorst die rechtlichen und steuerlichen Inhalte einer „Genossenschaft“. Als Bemessungsgrundlage für die zu zeichnenden Genossenschaftsanteile bei Wärmebezug sei die Wohnfläche des Wohngebäudes gemäß dem Einheitswertbescheid des Finanzamts. Pro angefangener 30 Quadratmeter Wohnfläche sei ein Genossenschaftsanteil von 500 Euro zu zeichnen. Für Vollabnehmer gelte eine Mindestabnahme von 12.000 kWh pro Jahr, was etwa gleichwertig mit 1.500 Liter Heizöl sei. Für Teilabnehmer gelten mindestens 3.200 kWh pro Jahr (entspricht ca. 400 Liter Heizöl). Mindestens einen Genossenschaftsanteil und Baukosten in Höhe von 300 Euro pro Meter Anschlussleitung von der Hauptleitung bis ins Grundstück muss berappen, wer nur Anschluss ohne Wärmeabnahme als spätere Option plant. Im Rahmen der Finanzierung des Gesamtprojektes geht man derzeit von Gesamtkosten in Höhe von 2,7 Mio. Euro aus, wobei der Eigenanteil durch 330.000 Euro Genossenschaftsanteile, 330.000 Euro investive Mitglieder und einem Darlehen von 1.554.000 Euro gedeckt werden könnte. Allerdings dürfen investive Mitglieder zu keiner Zeit die Stimmenoberhand gewinnen.
Dem Wirtschaftlichkeitsplan ,,Nahwärmenetz“ war zu entnehmen, dass man im ersten Jahr mit folgendem steuerlichen Ergebnis rechnet: Einnahmen 305.000 Euro, Ausgaben 182.000 Euro, Abschreibung 111.000 Euro, Betriebsergebnis 12.000 Euro, Steuer 3.600 Euro, Gewinn 8.400 Euro, Zins Investoren 8.250 Euro. Als verbleibender Gewinn stünden 150 Euro zu Buche. Anders die Zahlen im 15. Jahr mit Einnahmen von 402.000 Euro, Ausgaben 274.000 Euro, Geldüberschuss 128.000 Euro, Steuer 11.000 Euro, Tilgung 64.000 Euro, Zins Investoren 8.250 Euro, was einem Geldüberschuss von 44.750 Euro entsprechen würde.
Als Fazit wurde festgehalten, dass das Nahwärmenetz wirtschaftlich effektiv arbeiten könne und in 20 Jahren Darlehen und Eigenkapital erwirtschaftet sein werden. ,,Je nach Entwicklung und Witterungsverlauf müsste ein Spielraum für Rückvergütungen gegeben sein“, betonte der Steuerfachmann abschließend.
Der offiziellen Vorstellung des Konzeptes schloss sich eine Diskussionsrunde mit zahlreichen Fragestellungen seitens der Interessierten an. Schließlich könnte das Nahwärmenetz bei guter Planung bereits im in ein bis eineinhalb Jahren mit 80 Prozent Biogas und rd. 20 Prozent Zuheizung angeschlossen sein. Doch in einem wichtigen ersten Schritt müssen dazu jetzt von den Bürgern definitive Entscheidungen getroffen werden. Die Gründungsversammlung zur Genossenschaft „Energie eG Großeicholzheim“ wird am Dienstag, 22. November 2011 stattfinden.
Zahlreiche Bürger waren gekommen, um Details zum Bürger-Wärmenetz zu erfahren. (Foto: Liane Merkle)
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