600 Jahre „Faschenaacht in Mudi“

Symbolbild

600 Jahre Fastnacht

Unser Bild zeigt von links: Ernst Hauk, Erich Maier, „Locka“ Helmut Korger, Rolf Link, Walter Lorenz. (Foto: Liane Merkle)

Mudau. (lm) Über das, was als Tradition zu bezeichnen ist, lässt sich bestimmt trefflich streiten. Doch zweifelsfrei ist erwiesen, dass „Faschenaacht in Mudi“ mehr als genug Tradition in sich trägt. Nicht nur, weil bereits vor über 600 Jahren ein „fasenachtshune“ nachweislich als Zins abgeliefert wurde, oder die erste organisierte Faschenaacht im Jahr 1886 stattgefunden hat, sondern erstens, weil die heutige Karnevalsgesellschaft „Mudemer Wassersucher“, die vor 60 Jahren als Nachfolger des Carneval Verein Mudau und des Narrenvereins „Hajo“ gegründet wurde, sich die Tradition aus „Überlieferungs-Happen“ so originalgetreu wie möglich erarbeitet hat. Zum zweiten, weil die Bräuche sich zwar gewandelt, aber nie von den Wurzeln gelöst haben und zum dritten, „weil Fastnacht ganz einfach in den normalen Jahresablauf zwischen die besinnliche Weihnachts- und die traurige Passionszeit gehört“.

Dieser Meinung war zumindest die „Handvoll“ Mudemer Fastnachter, die sich im örtlichen Sportheim eingefunden hatten, um uns Rede und Antwort über „Mudi, Fastnacht und Heimat“ zu stehen. Es war eine wirklich interessante Mischung, die aber bei allen persönlichen Unterschieden zweifelsfrei ein echtes Dream-Team abgaben. Ernst Hauk, Archivar, Historienforscher und Organisator wusste die Einzelheiten zur relativ unorganisierten Mudemer Fastnacht vor dem letzten Krieg, als die Verkleidung den ärmlichen Verhältnissen der Menschen angepasst war, ähnlich „Herrle und Frähle“, „Hexsche“ oder „Spreiselesvokääfer“. Als die Menschen an Rosenmontag und Fastnachtsdienstag noch durch die Kneipen zogen mit billigen Kappen (Kappenabend) oder sich die Frauen (und manchmal auch Männer sich als Frauen) unkenntlich maskierten und zum Tanz aufforderten, wobei Ablehnen nicht drin war.

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Er wusste aber auch perfekt Bescheid über die Entwicklung der KaGeMuWa und wie mühsam man sich die Traditionen „erarbeiten“ musste. Dabei wurde deutlich, dass das Schmutzessen vermutlich in Vergessenheit geraten wäre, ebenso wie das Fastnachtsspiel am Schmutzigen Donnerstag oder der Spreiselesvokaaf oder, oder, oder…, wenn nicht so viele Heimatkunde interessierte Menschen in diesem Verein mitgewirkt hätten. Auch wenn der „Mudemer Wassersucher“ zunächst auf Ablehnung gestoßen war, weil die Mudauer eben als Halbherrn bekannt waren, so hat er inzwischen doch seine begründete Daseinsberechtigung und die Kostüme der Mudauer berücksichtigen den Halbherrn zum einen in der Spitzdudde und natürlich im Halbherrn-Kostüm. Auch wenn dieses – nicht wie ursprünglich geplant halb Herr, halb Knecht sondern an dessen Stelle halb Narr ausdrückt.

Dass die Kneipen- oder wilde Fastnacht der Vergangenheit angehört, bedauern viele – auch „Locka“ Helmut Korger, besser bekannt als der „Odenwälder Bär“. Der „zug’reiste Flüchting“ war ein echter Glücksfall für das örtliche Theater und die Fastnacht. „Locka“ konnte aus dem Stehgreif Büttenreden schreiben, singen und rezitieren und ganze Hallen zum Toben bringen. Teilweise allein, mit einem Freund oder auch mit Ehefrau Margret. Selbst heute noch kann er auf Kommando ein Lied, das er 1959 mit einem Kollegen vorgetragen hat, lückenlos widergeben.

„Er war über 40 Jahre lang unser Aushängeschild, praktisch die personifizierte Mudemer Faschenaacht“, meinte Ernst Hauk. Als weiteres Aushängeschild galt Wagenbauer Walter Lorenz, auch ein „Reing‘schmeckter“, den das damalige Fastnachtsorganisationstalent Schneider Vollmer rekrutiert hatte. Dieser erinnerte sich an die schweren Anfänge des Wagenbaus, als es kein Material, kein Geld und keine Halle, dafür aber in keinem Haus ein Nein zum Helfen gab.

Und seine Heidi hatte auch immer noch eine Idee, was man wie machen könnte. Und wenn alle Stricke rissen, dann gab es immer noch Schwester Calista als Geheimwaffe bei Material- oder Helfermangel. Rolf Link, offiziell Kassier des Vereins, meint, dass er die Mudemer Fastnacht auf genetischem Weg  vererbt bekam. Er könnte sich sein Leben ohne die KaGeMuWa einfach nicht vorstellen, ob als Kassier, Elferrat, ehemaliger Prinz oder als „Mann für alle Fälle“. Josef Friedel zeichnete nicht nur 20 Jahre lang für unvergessliche Kinderprunksitzungen verantwortlich, sondern auch als Souffleur für den Sitzungspräsident und als zuverlässiger „Notnagel“ in der Bütt, in der er mit absolutem Können brilliert habe.

Und schließlich war da noch Erich Maier, kurz E-Maier genannt, der von klein auf dabei und ebenfalls genetisch vorbelastet war. Er war  – zusammen mit Schwester Maria – bei den Kinderprunksitzungen dabei, war über ein Viertel Jahrhundert Sitzungspräsident mit dem unvergleichlichen Mundwerk aktiv und verkörpert heute als 1. Vorsitzender die Vereinsspitze. Er gilt als Bindeglied zwischen „Gestern und Heute“. 

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