Mit der Gründung einer Waldgemeinschaft in Osterburken wird laut Forstbetriebsleiter Martin Hochstein das Strukturproblem im Kleinstprivatwald effizient und dauerhaft gelöst. Dieser Einschätzung schlossen sich auch Landrat Dr. Achim Brötel und Bürgermeister Jürgen Galm an. (Foto: LRA)
Osterburken. Lange Vorarbeiten fanden am 30. Juli ihren vorläufigen Abschluss: Osterburkens Bürgermeister Jürgen Galm unterzeichnete im Notariat den umfangreichen Vertrag zur Neugründung einer Waldgemeinschaft in Osterburken, um so zuvor zersplitterte Kleinstprivatwaldflächen zusammen zu schließen und – zum Vorteil der Waldbesitzer – eine flurstücksübergreifende Waldbewirtschaftung zu ermöglichen.
Gleich im Anschluss traf sich der bis zur ersten Generalversammlung amtierende Übergangsvorstand im Rathaus Osterburken, um seine Arbeit aufzunehmen. Als erste Amtshandlung beantragte Bürgermeister Galm beim Regierungspräsidium Freiburg die rechtliche Gleichstellung des neuen Gemeinschaftswaldes mit den bereits bestehenden, vor dem Jahr 1900 entstanden Gemeinschaftswäldern. Dadurch eröffnen sich zukünftig zusätzliche Bewirtschaftungsoptionen.
Landrat Dr. Achim Brötel gratulierte dem Übergangsvorstand und allen Beteiligten persönlich und bedankte sich für deren Engagement. „Der Zusammenschluss des vorher kleinparzellierten Privatwalds zur einer Miteigentümergemeinschaft eröffnet völlig neue Möglichkeiten der Waldbewirtschaftung und erschließt zusätzliche Nutzungspotentiale für den umweltfreundlichen Rohstoff Holz“, so der Landrat. Er hoffe, dass das Projekt Vorbildfunktion für viele andere Gemeinden mit ähnlichen Strukturproblemen im Wald habe.
Der neue Gemeinschaftswald umfasst eine Waldfläche von 73 Hektar mit 580 Flurstücken und 165 Miteigentümern. Der Gesamtwert des Waldes beträgt derzeit 1.079.000 Euro.
Das umfangreiche Verfahren, das in sehr enger Zusammenarbeit zwischen der Forstbetriebsleitung Adelsheim, der Stadt Osterburken und dem Notariat in Adelsheim durchgeführt wurde, begann bereits im Frühjahr 2011 mit der Kartierung der Waldstandorte durch die forstliche Versuchsanstalt in Freiburg, Voraussetzung für eine spätere objektive Wertfeststellung der Waldparzellen. Ende 2011 wurden alle Privatwaldbesitzer auf den Gemarkungen Hemsbach, Osterburken und Schlierstadt über das Projekt informiert. Zusätzlich fanden im Januar 2012 Informationsveranstaltungen statt. Danach entschieden sich die Waldbesitzer für oder gegen die Durchführung einer Waldbewertung, die im Frühsommer 2012 durch den öffentlich bestellten Forstsachverständigen Jens-Peter Stadie erfolgte. Mit deren Ergebnissen hatten die Waldbesitzer die Grundlage, um endgültig über die Teilnahme zu entscheiden. Auch der Verkauf von Waldfläche und der Ankauf weiterer Anteile über den Wert des eingebrachten Waldes hinaus waren möglich. Dabei waren die Verkaufswilligen eindeutig in der Minderheit. 13 Hektar in wertmäßiger Höhe von 167.000 Euro standen zum Verkauf; Ankaufswünsche in Höhe von 380.000 Euro standen dem entgegen. Deshalb mussten die zum Verkauf stehenden Anteile rationiert werden, um jeden Ankaufswilligen bedienen zu können. Ankaufen konnten im Übrigen nur Personen, die selber Wald in das Verfahren einbrachten.
Schwierigkeiten während des Verfahrens machten vor allem die Miteinbeziehung der zahlreichen Erbengemeinschaften und die Beibringung beglaubigter Vollmachten. „Die Neugründung einer Waldgemeinschaft als Miteigentümergemeinschaft in dieser Größenordnung ist eine absolute Rarität in Deutschland“, stellte dann auch Forstbetriebsleiter Martin Hochstein fest. Er dankte der Stadt Osterburken mit Bürgermeister, Ortsvorstehern und Gemeinderat für deren Unterstützung in jeder Hinsicht.
Sein Dank galt auch Revierleiter Dietmar Heid, Ratschreiberin Simone Trumpp und den Mitarbeitern des Notariats, die bei allen Aktivitäten an vorderster Front gestanden hätten. „Osterburken wird damit eine der ersten Gemeinden in Baden-Württemberg sein, die das Strukturproblem im Kleinstprivatwald effizient und dauerhaft gelöst haben wird“, sagte Hochstein voraus.
Tatsächlich beendet ist das Projekt mit der Neugründung aber noch nicht. Demnächst steht ein großer Waldtausch mit der Stadt Osterburken an, denn die nun zur neuen Waldgemeinschaft zusammengeschlossenen Flurstücke liegen verstreut über die gesamte Stadtfläche in enger Gemengelage mit dem Stadtwald. „Bei der jetzigen Struktur wäre die neue Waldgemeinschaft wirtschaftlich nur bedingt überlebensfähig“, erläuterte Revierleiter Dietmar Heid.
Im Grundsatz hat der Stadtrat von Osterburken dem Waldtausch bereits zugestimmt. Die konkreten Flächen sind aber noch völlig offen und müssen zwischen der Stadt und der Waldgemeinschaft unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen abgestimmt werden.