„Gemeinsam leben und voneinander profitieren“

Inklusion – Öffentlichkeitskampagne

Schefflenz. Der Fall Henri, dessen Eltern den Jungen nach der Grundschule in Walldorf auf ein „normales“ Gymnasium schicken wollten, hat es einmal mehr deutlich gemacht: Inklusion ist ein Thema, das nach wie vor sehr kontrovers diskutiert wird. Die Eltern berufen sich dabei auf die UN-Behindertenrechtskonvention, die die „gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben“ fordert und auch von der Bundesrepublik Deutschland unterschrieben wurde.

Inklusion bedeutet wörtlich übersetzt Zugehörigkeit, also das Gegenteil von Ausgrenzung. Wenn jeder Mensch – mit oder ohne Behinderung – überall dabei sein kann, in der Schule, am Arbeitsplatz, im Wohnviertel, in der Freizeit. Realität ist sie aber noch lange nicht. Dafür gibt es vielfältige Gründe: handfeste Hindernisse wie zum Beispiel nicht behindertengerechte Bauweisen oder Ausstattungen und damit verbundene Kosten, aber auch Barrieren in den Köpfen. Das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren hat deshalb eine Öffentlichkeitskampagne Inklusion Baden-Württemberg ins Leben gerufen, deren Ziel es ist, ein Jahr lang – von Dezember 2014 bis Dezember 2015 – verstärkt über Inklusion und Teilhabe zu informieren. Neue Einstellungen und ein anderes Bewusstsein gegenüber Menschen mit Behinderungen sollen entstehen. „Gemeinsam leben und voneinander profitieren“ – dahingehend soll die Theorie Wirklichkeit werden.

Inklusion ist kein Expertenthema, im Gegenteil. Sie gelingt nur, wenn möglichst viele mitmachen, denn nur dann schwinden Berührungsängste und Vorbehalte. Jeder kann in seinem eigenen Umfeld dazu beitragen. Denn jeder kann in seinem Umfeld auch betroffen sein – manchmal von heute auf morgen. Wie Johannes Galm aus Großeicholzheim. Ein junger, hoffnungsvoller Abiturient, guter Fußballer und beliebter Kumpel mit allen Möglichkeiten. Ein Sportstudium stand im Raum. Bis er sich nach einem schlimmen Unfall in einem Rollstuhl wiederfand, freilich erst nach monatelangen quälenden Krankenhaus- und  Reha-Aufenthalten. Johannes ist ab dem sechsten Halswirbel gelähmt und kann auch seine Hände nur eingeschränkt nutzen. Ein völliger Perspektivwechsel stand an. Wie blickt er heute auf die ersten Monate nach dem Unfall zurück? „Ich habe alles über mich ergehen lassen, was anderes bleibt dir gar nicht übrig. Aber in der Klinik in Murnau haben sie mich schon früh mit meiner Familie gemeinsam darauf vorbereitet, was im Alltag kommen wird.“

Johannes, der 19 Jahre lang gesund war, ist nun seit drei Jahren schwerbehindert. Mit massiven Einschränkungen, die es nach den UN-Konvention so eigentlich nicht mehr geben sollte. Wie empfindet er heute diese Einschränkungen? Wie denkt er über Inklusion? „Auch nach dem Unfall habe ich mit dem Gedanken gespielt zu studieren. Aber die Hürden waren zu hoch. Das war schon extrem bitter, wenn man zusätzlich zu den körperlichen Einschränkungen von den Behörden und amtlichen Stellen so viele Steine in den Weg gelegt bekommt, die man durch tausend Anträge und Bescheinigungen und Stellungnahmen und Telefonate doch nur teilweise aus dem Weg räumen kann“, erinnert er sich. Und: Die Hürden waren immer dann besonders hoch, wenn es um Kosten ging – zum Beispiel für eine Assistenz, die er für das Studium gebraucht hätte. Letztlich ist er dann einen Kompromiss eingegangen. Bei der Firma TopQM-Systems in Schefflenz macht er eine Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement. „Die sind auf mich zugekommen“, erinnert er sich – ganz sicher nicht die Regel (siehe Kasten). Mit entsprechenden Hilfsmitteln kann er am PC arbeiten. Eine wichtige Tür im Betrieb wird sich künftig elektrisch öffnen, damit er nicht mehr auf andere angewiesen ist. „Dafür bin ich schon dankbar“, sagt Johannes Galm. Denn im täglichen Leben gäbe es tausend Hindernisse: „Sie glauben gar nicht, wie mir ein normaler Bordstein zu schaffen macht. Von nicht behindertengerechten Eingängen, Toiletten oder von Treppen ganz zu schweigen.“ Da wäre es sehr hilfreich, wenn man „gute und vor allem kräftige Freunde hat, die mal zupacken können“. Nur gut: Die hat er nämlich Gottseidank auch.

Über Inklusion hat sich Johannes früher nie Gedanken gemacht: „Das hat mich doch überhaupt nicht betroffen.“ Heute denkt er, dass geistig Behinderte vielleicht sogar leicht im Vorteil wären gegenüber den körperlich Behinderten, weil bei der Verwirklichung der Inklusion nicht immer so hohe Kosten anfielen. „Mir geht es heute soweit gut. Aber ich finde es extrem traurig, dass eigentlich logische Dinge wie zum Beispiel ein Hand-Bike – die einzige Möglichkeit für mich, Sport zu machen – eben nicht selbstverständlich sind, weil es Geld kostet. Alles scheitert letztlich an den Kosten. Da müsste man ansetzen, wenn man Inklusion weiter verwirklichen will.“

 

Die Firma TopQM-Systems in Schefflenz wurde 2000 als Unternehmen für Qualitäts-, Projekt-, Produktions- und Lieferantenmanagement von Andreas und Edith Redaoui gegründet. Die Firmeninhaber selbst kamen auf Johannes Galm zu, nachdem sie von dessen Schicksal erfahren hatten, und boten ihm zunächst ein Praktikum und in der Folge eine Lehrstelle als Kaufmann für Büromanagement an. Was in Zeiten, in denen sich viele Firmen von ihrer gesetzlichen Verpflichtung freikaufen, Schwerbehinderte zu beschäftigen, ganz sicher bemerkenswert ist. Was hat die Firmeninhaber dazu bewogen? Dazu Edith Redaoui: „Wir haben selbst einen Sohn im gleichen Alter und uns war klar, dass es auch ihn hätte treffen können. Einen so intelligenten Menschen wie Johannes wollten wir einfach konkret unterstützen und nicht einfach anonym irgendetwas spenden. Wir möchten sehen, was sich aus unserer Hilfe entwickelt.“ Und weiter: „Bei uns braucht man einen klugen Kopf, den Johannes hat. Wir profitieren von ihm und er von uns – so soll das auch sein. Natürlich ist es auch eine Herausforderung. Aber es macht Spaß,  mit Johannes zu arbeiten.“ Ein arabisches Sprichwort sei ihr und ihrem Mann Leitspruch gewesen: „Wenn du wirklich etwas willst, findest du auch einen Weg. Willst du es nicht wirklich, findest du Ausreden.“

Infos im Internet:

http://topqm.de

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