Neckarzimmern. (pm) Allein aus Baden wurden im Oktober 1940 rund 5.600 Menschen mit dem Zug ins südwestfranzösische Internierungslager Gurs gebracht, ein Drittel der Deportierten starb dort. Anlässlich des 75. Jahrestages der Deportation laden die Evangelische Landeskirche in Baden und die Erzdiözese Freiburg am Sonntag, 25. Oktober 2015, um 14 Uhr zu einer Gedenkfeier am „Mahnmal zur Erinnerung an die deportieren badischen Juden“ in Neckarzimmern ein. Redner wird unter anderem der baden-württembergische Landtagspräsident Winfried Klenk sein.
„Koffer packen und zum Abtransport bereit halten“ – mit diesem Befehl erschienen am Morgen des 22. Oktobers 1940 SA- und SS-Männer, Grenzschutzbeamte und Polizisten an den Türen der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger Badens und der Pfalz. Ziel der vom badischen NS-Gauleiter Robert Wagner und dem Pfälzer NS-Gauleiter Josef Bürckel initiierten Aktion war es, ihre „Gaue“ rasch „judenfrei“ zu machen. Mehr als 6.500 Menschen wurden per Zug ins südwestfranzösische Internierungslager Gurs gebracht, davon 5.600 aus Baden. Ein Drittel der Deportierten starb im Lager, andere wurden ab März 1942 von den Nationalsozialisten nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet.
Zum 75. Jahrestag der Deportation gibt es am „Mahnmal zur Erinnerung an die deportierten badischen Juden“ in Neckarzimmern eine Gedenkfeier. Die Gedenkstätte prägt eine rund 20 auf 20 Meter große Bodenskulptur in Form eines Davidsterns. Der Stern bietet Platz für Erinnerungssteine, die von Jugendgruppen und Schulklassen aus den 138 badischen Deportationsorten im Rahmen des 2005 gestarteten „ökumenischen Jugendprojektes Mahnmal“ gestaltet werden. Derzeit stehen Erinnerungssteine von 109 Deportationsorten in Neckarzimmern.
Landtagspräsident Winfried Klenk eröffnet die Gedenkfeier. Für die Kirchen sprechen der evangelische Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh und der katholische Domkapitular Andreas Möhrle von der Erzdiözese Freiburg, für den Oberrat der Israeliten Badens Moshe Hayoun, Kantor der Jüdischen Gemeinde Mannheim. Aus Sicht der historischen Bildungsarbeit spricht Sibylle Thelen vom Gedenkstättenreferat der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg.
Bei der Gedenkfeier wird auch Zeitzeuge Kurt Salomon Maier zu Wort kommen, der am 22. Oktober 1940 als Zehnjähriger mit seiner Familie aus Kippenheim bei Lahr nach Gurs verschleppt wurde. Auf abenteuerlichen Wegen war es seiner Familie gelungen, vom Lager aus in die USA zu emigrieren. Seit vielen Jahren besucht er seine alte Heimat, um in Schulen und Kirchengemeinden über seine Kindheit in Kippenheim, das Leben im Lager und seine Anfänge in New York zu berichten.
Junge Künstler aus den Deportationsorten Galingen, Gemmingen, Graben, Ilvesheim, Ittlingen, Lahr, Malsch, Odenheim, Östringen, Reilingen, Sindolsheim und Stebbach stellen zwölf neue Steine für das Mahnmal vor. Insgesamt werden dann Steine aus 121 der insgesamt 138 Deportationsorte auf dem Mahnmal in Neckarzimmern versammelt sein.