Nicht alle Azubis kommen direkt von der Schule**
(pm) Was könnten ein 21-jähriger Syrer aus Künzelsau und eine sechsfache Mutter aus Möckmühl gemeinsam haben? Beide sind Nachwuchskräfte in der Agentur für Arbeit Schwäbisch Hall-Tauberbischofsheim.
Seit 04. Oktober ist Molham Ksibh Auszubildender als Fachangestellter für Arbeitsmarktdienstleistungen. In Syrien studierte er Jura und kam vor rund einem Jahr nach Deutschland. Innerhalb von sechs Monaten lernte er auf B1-Niveau deutsch und eigentlich war ein weiterer Sprachkurs mit dem Ziel „B2“ geplant. Seine große Motivation sowie ein sehr gutes Ergebnis im berufspsychologischen Test lassen erwarten, dass er die Ausbildung erfolgreich durchlaufen wird und so hat er sich gegen den zweiten Sprachkurs und für die Ausbildung entschieden.
Für beide Nachwuchskräfte sind die kommenden Jahre bis zum Berufsabschluss aus ganz unterschiedlichen Gründen eine große Herausforderung. Hier ist auch die Agentur für Arbeit gefragt, die die Bedingungen für einen erfolgreichen Verlauf schaffen muss.
In den Berufsschulen sitzen immer mehr ältere Schüler, die nicht direkt von der allgemeinbildenden Schule kommen.
Und das ist gut so, denn die Zahl der Bewerber, die direkt am Übergang von der Schule in den Beruf stehen, reicht nicht aus, um alle Ausbildungsstellen zu besetzen. Das belegen die aktuellen Zahlen: auf einen Bewerber kommen 1,45 freie Stellen und zum Berichtsjahresende am 30. September sind noch 411 Stellen unbesetzt. Betriebe sind darauf angewiesen, auch Potenziale wie beispielsweise Studienabbrecher, Flüchtlinge oder junge Erwachsene ohne Berufsabschluss zu nutzen. Die Arbeitsagenturen unterstützen beispielsweise mit der Kampagne „Zukunftsstarter“. Arbeitsvermittler sprechen arbeitslose junge Menschen ohne Berufsabschluss im Alter von 25 bis 35 Jahren an, um sie für eine betriebliche Ausbildung zu gewinnen.
Außerdem informieren sie über die Möglichkeit der Teilzeitausbildung, die für Bewerber mit Familienpflichten in Frage kommt und noch sehr unbekannt ist. Der Schlüssel zum Erfolg für Unternehmen liegt in der Vielfalt der Möglichkeiten.
Die Schwierigkeiten bei der Besetzung freier Ausbildungsstellen ziehen sich durch viele Branchen. Nicht nur das Nahrungsmittelhandwerk, der Bau, der Hotel- und Gaststättenbereich sowie Pflegedienstleister haben es schwierig. Betrachtet man die unbesetzten Stellen, dann findet man auch Berufe wie Elektroniker, Einzelhandelskaufleute, KfZ-Mechatroniker und viele mehr.
Auch wenn der offizielle Ausbildungsbeginn längst vorbei ist, noch ist es nicht zu spät, in die Ausbildung einzusteigen. Noch bis Dezember läuft die Nachvermittlungsaktion der Berufsberater für die derzeit noch 63 unversorgten Bewerber. Wer noch auf Lehrstellensuche ist, sollte sich schleunigst zur Beratung anmelden, das Angebot ist noch vielfältig.
Ziel der Arbeitsagentur ist es, möglichst viele Jugendliche und junge Erwachsene in betriebliche Ausbildung zu bringen. Doch nicht jeder schafft den direkten Übergang von der Schule in den Beruf. Von den 3968 Bewerbern im vergangenen Jahr haben 2093 Bewerber eine betriebliche Ausbildung begonnen. 144 verbessern ihre Kompetenzen in einer Berufsvorbereitungsmaßnahme oder Einstiegsqualifizierung, mit dem Ziel, im nächsten Jahr in die Ausbildung zu starten.
Schulzeugnisse spiegeln oft nicht wider, was die jungen Leute leisten können oder zu leisten bereit sind. Die Arbeitsagenturen und Jobcenter unterstützen Unternehmen, die Jugendlichen eine Chance geben, auch wenn sie auf den ersten Blick nicht allen Anforderungen vollständig gerecht werden. Bildungsträger wurden mit der sogenannten „Assistierten Ausbildung“ beauftragt. Gemeinsam mit den Unternehmen und Jugendlichen legen sie fest, wie die individuelle Unterstützung umgesetzt wird. 2016 stehen im Agenturbezirk 48 und für das Jahr 2017 60 Plätze dafür zur Verfügung.
Ein weiteres Ziel ist es, Ausbildungsabbrüche zu vermeiden. Sollte es während einer Ausbildung zu Problemen kommen, dann greifen die ausbildungsbegleitenden Hilfen der Arbeitsagentur. Egal ob es um schlechte Noten in der Berufsschule geht oder am Arbeitsplatz Reibereien gibt, zu Angeboten gehört eine sozialpädagogische Betreuung ebenso wie Nachhilfeunterricht. Wichtig ist eine schnelle Kontaktaufnahme, bevor das „Kind in den Brunnen gefallen ist“ mit den beauftragten Bildungsträgern. Die Arbeitsagentur stellt hierfür 411 Plätze zur Verfügung.