Die regionale Zusammenarbeit ist ein wichtiger Aspekt bei der Versorgung von Intensivpatienten. (Foto: pm)
Neckar-Odenwald-Kliniken blicken auf zwei Jahre Corona-Pandemie zurück
Mosbach/Buchen. (pm) Mitte März 2020 wurde die erste Patientin mit dem damals noch neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in den Neckar-Odenwald-Kliniken aufgenommen. Zugleich wurde COVID-19 von der Weltgesundheitsorganisation WHO zur Pandemie erklärt, mit damals 80.909 bekannten Fällen in China und 40.763 Fällen in 103 anderen Ländern.
Vorbereitet hatte man sich nach den ersten Meldungen in den Kliniken schon einige Wochen zuvor, die Pandemiepläne waren überprüft worden: „Die Kliniken verfügen über eine detaillierte und eingeübte Pandemieplanung. Kernbestandteil ist eine jederzeit einsatzbereite Isolierstation am Standort Buchen“, hieß es in der Auskunft der Kliniken Ende Januar 2020. Einem Zeitpunkt, an dem das Ausmaß der bevorstehenden Pandemie noch nicht absehbar war.
Insbesondere Reiserückkehrer aus dem Skiurlaub brachten die Infektion dann in den Landkreis und sehr rasch wurden die Neckar-Odenwald-Kliniken mit einer bisher nicht gekannten Herausforderung konfrontiert: Eine wachsende Zahl von Patienten mit einer hochansteckenden Infektionskrankheit zu behandeln, über deren Therapie zu diesem Zeitpunkt noch wenig bekannt war.
Im Nachhinein wirkt die erste Welle mit einem Maximum der Sieben-Tage-Inzidenz von 66,16 am 17. April 2020 überschaubar, und auch die Zahl von 65 positiven Fällen und leider auch 15 Toten wurden von den Ereignissen in den Folgemonaten dramatisch relativiert. Dennoch wurden bereits damals Eingangskontrollen eingerichtet, externe Hilfskräfte angefordert und Operationstermine verschoben.
Gelockert wurde das Besuchsverbot nur in Ausnahmefällen, wie bei Geburten oder wenn ein Patient im Sterben lag. „Die Abwägung zwischen wichtiger menschlicher Nähe für Patientinnen und Patienten sowie der Sicherheit für alle stand und steht stets im Vordergrund“, betont Klinikgeschäftsführer Frank Hehn.
Die zweite Welle gipfelte kurz vor Weihnachten 2020 in ein Inzidenzmaximum von knapp 400. Besonders schmerzlich zeigte sich, noch flächendeckender als in der ersten Welle, die Verletzlichkeit von Einrichtungen für Senioren. Insgesamt 368 Infektionsfälle, davon 84 Todesfälle brachten das Team der Neckar-Odenwald-Kliniken über die Belastungsgrenze.
In Mosbach und in Buchen wurden im November und Dezember 2020 zusätzliche Isolierstationen eingerichtet. Die Anzahl der Isolierplätze wurde auf 77 erhöht, davon 33 in Mosbach und 44 in Buchen. 91 Patientinnen und Patienten mussten auf den beiden Intensivstationen behandelt werden, 17 der Todesfälle traten dort auf.
„Die Belastung, der unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerade auch vor dem Risiko der eigenen Infektion und Erkrankung ausgesetzt waren, ist für Außenstehende zum Teil kaum nachvollziehbar“, so der Leiter des Pflegedienstes Kurt Böhrer. Schnell war klar, dass die Mitarbeiter die Mehrbelastung nicht auf Dauer alleine würden stemmen können.
Deshalb erhöhten die Neckar-Odenwald-Kliniken ihre Personalkapazitäten, um die Patientenversorgung dauerhaft sicherstellen zu können. Dennoch kam es durch Krankheits- und Quarantänefälle in der Belegschaft zu Ausfällen, vor allem auf den Isolierstationen. Daher wurden im Dezember die DRK-Kreisverbände, die DLRG und medizinisch ausgebildete Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr gebeten, auf den Intensiv- und den Isolierstationen auszuhelfen.
Neben dem Pflegedienst und den Ärzten auf den Intensiv- und Isolierstationen, in der Notaufnahme und im Notarztdienst waren und sind aber auch andere Berufsgruppen durch die Pandemie in starkem Maße gefordert: Der Reinigungsdienst, der für die Aufbereitung der Infektionszimmer zuständig ist, die Materialwirtschaft, die sich um Schutzkleidung kümmert, bis zur Verwaltung, die sich um die Betriebsfähigkeit der Kliniken kümmern muss, um nur einige Beispiele zu nennen.
Nach zwei Jahren Pandemie sind es mittlerweile über 1.100 Fälle mit nachgewiesener Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 sowie über 2.000 Verdachtsabklärungen, deren Versorgung dem Klinik-Team neben den sonstigen Patientinnen und Patienten besonders viel abverlangt. 201 Menschen wurden bis dato auf den Intensivstationen in Buchen und Mosbach behandelt, davon 92 mit Beatmung, und insgesamt 144 Todesfälle waren bei mit SARS-CoV-2 infizierten Patienten zu beklagen.
Durch die verschiedenen Virusvarianten unterschieden sich die jeweiligen Wellen deutlich voneinander, und auch die Impfung brachte – zumindest bis zum Auftreten von Omikron – eine deutliche Entlastung für das Klinikpersonal. Ganz aktuell kommt es hier wie in vielen anderen Bereichen zu einzelnen Engpässen, aber der Klinikbetrieb läuft grundsätzlich weitgehend normal.
„Trotz aller Widrigkeiten haben wir quasi nebenbei auch noch die Umstrukturierung der Neckar-Odenwald-Kliniken gestemmt“, betont der Ärztliche Leiter Priv.-Doz. Dr. med. Harald Genzwürker rückblickend. „Dass wir aktuell bei Sieben-Tage-Inzidenzen in ungeahnter Höhe weiterhin die ganz reguläre Versorgung der Menschen im Landkreis rund um die Uhr sicherstellen können, ist das Verdienst aller, die sich hier in den Krankenhäusern engagieren.“
Das unterstreicht auch Landrat Dr. Achim Brötel als Aufsichtsratsvorsitzender der Kliniken: „Der Stellenwert der sogenannten kleinen Krankenhäuser wurde in eindrucksvoller Weise unterstrichen. Die Versorgung in der Fläche war und ist für die Pandemiebewältigung, aber auch für die Hilfe im Notfall von unschätzbarem Wert für die Menschen im Landkreis.“ Allen Phantasien zu einer weiteren Ausdünnung der Kliniklandschaft müsse deshalb zumindest für den ländlichen Raum energisch widersprochen werden.
Über 1.100 Positiv- und über 2.000 Verdachtsfälle wurden bisher in den Neckar-Odenwald-Kliniken behandelt. (Grafik: pm)