Dialog und Kommunikation als Schlüssel

Beim 6. Odenwälder First Responder Tag bildete die Zusammenarbeit mit der Polizei einen Schwerpunkt


Die Polizei in Baden-Württemberg verfügt mittlerweile für besondere Einsatzlagen auf allen Streifenwagen über besondere Ausrüstung, wie Einsatztrainer Manfred Röckel demonstrierte. (Foto: Michael Genzwürker)

Buchen. Über 250 Einsatzkräfte trafen sich am 19.11.2016 zum mittlerweile 6. OFIRTA – Odenwälder First Responder Tag – in der Buchener Stadthalle. Rund um die Uhr sind diese qualifizierten Ersthelfer, auch als „Helfer vor Ort“ (HvO) bekannt, in ihren Gemeinden einsatzbereit, um die Zeit bis zum Eintreffen des professionellen Rettungsdienstes zu überbrücken und so ehrenamtlich teils unmittelbar lebensrettende Hilfe zu leisten. Für diese wichtigen Helfer organisierten die Leitenden Notärzte in Kooperation mit dem Förderverein psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) im Neckar-Odenwald-Kreis eine ganztägige Fortbildungsveranstaltung. Dank der Unterstützung mehrerer Sponsoren und vieler engagierter Mitwirkender war die Fortbildung für die in diesem Jahr über 250 Teilnehmer kostenlos. Wichtige Zielsetzung der Veranstaltung ist es, durch gemeinsame Fortbildung verschiedener Fachdienste die Zusammenarbeit bei der Notfallversorgung immer weiter zu optimieren.


Eine besondere Würdigung erfuhr das ehrenamtliche Engagement der Helfer durch die Anwesenheit und die Grußworte des Ministers für den ländlichen Raum Peter Hauk, den OFIRTA-Schirmherrn Dr. Achim Brötel und Bürgermeister Roland Burger als „Hausherrn“ und Vorsitzender des DRK-Kreisverbandes Buchen. Im Tagesverlauf besuchten auch noch die Mitglieder des Deutschen Bundestags Alois Gerig, Dr. Dorothee Schlegel und Margaret Horb die Veranstaltung. Sie alle betonten den unschätzbaren Wert der rund um die Uhr verfügbaren, gelebten Nachbarschaftshilfe, mit der die Einsatzkräfte bei zeitkritischen Notfällen zur Verfügung stehen. Mehrere Sponsoren hatten Preise gestiftet, sodass die beiden Glücksfeen Anna und Lea Genzwürker dafür sorgten, dass sich über 70 Teilnehmer über kleine und größere Geschenke freuen konnten.

Dankbar für die vielfältige Unterstützung und begeistert von der stetig wachsenden Teilnehmerzahl mit neuerlichem Rekordergebnis zeigte sich Priv.-Doz. Dr. Harald Genzwürker, Sprecher der Gruppe Leitender Notärzte und Organisator des OFIRTA. „Wir füllen offenbar eine Lücke im Fortbildungsangebot, denn unsere Teilnehmern reisen teilweise über 250 Kilometer weit an“ – Baden-Württemberger, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfälzer und Saarländer hatten sich angemeldet. Besonders würdigte er die Unterstützung verschiedener Sponsoren und die Leistung der Küchenmannschaft des DRK Ortsvereins Hardheim, die wieder – natürlich ehrenamtlich – für das leibliche Wohl der anwesenden Einsatzkräfte sorgte.

Ein wesentlicher Aspekt der diesjährigen Veranstaltung war die Zusammenarbeit mit Einsatzkräften der Polizei bei alltäglichen, aber insbesondere bei ungewöhnlichen Einsatzlagen. Den Auftakt machte jedoch Hermann Schröder, Leiter der Abteilung Bevölkerungsschutz und Krisenmanagement im Innenministerium Baden-Württemberg und ehemaliger Landesbranddirektor. Unter dem Titel „First Responder sind unentbehrlich!“ beschrieb er nicht nur den Stellenwert von Helfer-vor-Ort-Systemen als Teil der Rettungskette, sondern wies auch auf eine kurz vor Vollendung befindliche Rechtsverordnung hin, in der Ausbildung, Ausrüstung und Alarmierung der First Responder geregelt werden sollen. „Selbstverständlich stimmen wir uns dabei eng mit denen ab, die dieses Systeme ins Leben gerufen haben, um gerade in ländlichen Regionen wertvolle Hilfe zu leisten“, so Schröder. Er überbrachte auch den Dank von Innenminister Thomas Strobl für das herausragende Engagement der Einsatzkräfte. Um besondere Aufmerksamkeit bei ihrer Einsatztätigkeit bat Kriminaloberkommissar Michael Henk von der Kriminaltechnik des Polizeipräsidiums Heilbronn im Anschluss die Rettungskräfte. „Vom Täter fehlt jede Spur …“ lautete sein Vortragstitel, bei dem es um das Verhalten an Tatorten ging. Schwierig sei für alle Beteiligten, dass bei einem Notruf nicht immer sofort klar sei, welche Situation vor Ort vorliege. „Selbstverständlich haben Rettungsmaßnahmen und –versuche immer Vorrang“, betonte Henk. Für spätere Ermittlungstätigkeiten könnten aber selbst kleinste Details relevant sein, wie er anschaulich anhand eines realen Falles darstellte.

Aus den Reihen der Teilnehmer wurde beim letztjährigen OFIRTA vor dem Hintergrund der starken Flüchtlingsbewegungen der Wunsch geäußert, Tipps für den Umgang mit Menschen anderer Herkunft zu erhalten. Auf unkonventionelle, sehr persönliche und engagierte Weise ging die Integrationsbeauftragte der Stadt Buchen Simone Fleckenstein auf die Fragestellung „Interkulturell kompetent?“ ein. Eigene Ängste und Vorbehalte beim Einsatz im interkulturellen Umfeld empfahl sie kritisch zu prüfen und gab den Rat, „am besten einfach nachzufragen“, wenn Unsicherheiten bestünden. Definitiv könne sie keine Patentrezepte geben, denn ebenso wie Deutsche große regionale und individuelle Unterschiede aufwiesen, verhalte es sich eben auch bei Menschen mit anderer Herkunft. „Alle werden aber im Notfall froh sein, wenn Sie ihnen Hilfe bringen“, wies sie auf die besondere Rolle der Rettungskräfte hin.

Die medizinische Zusatzausbildung von Polizeibeamten des Spezialeinsatzkommando (SEK) Baden-Württemberg stellte ein Vertreter dieser Einsatzeinheit vor. Dabei beleuchtete er eindrücklich die besonderen Umstände, unter denen hier Rettungsmaßnahmen bei Betroffenen, Beamten aber auch Tätern notwendig werden können. Der Gebrauch von Schusswaffen und Messern sei für die „normalen“ Einsatzkräfte glücklicherweise kein alltägliches Erleben, aber gerade deshalb sei es wichtig, sich mit solchen Einsatzszenarien auseinander zu setzen. Insbesondere bezüglich der Kommunikation mit den polizeilichen und anderen Einsatzkräften vor Ort habe in den mittlerweile 40 Jahren seit Gründung des SEK im letzten Jahrzehnt ein Umdenken stattgefunden – schließlich seien alle Beteiligten „im Zweifelsfall aufeinander angewiesen“, um die Sicherheit im Einsatz und die Versorgung von Verletzten sicherzustellen. Den Stellenwert des gemeinsamen Dialogs und Austauschs unterstrich auch Polizeihauptkommissar Manfred Röckel, der als Einsatztrainer im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Heilbronn dafür zuständig ist, seine Kollegen für die besonderen einsatztaktischen Belange bei beispielsweise Geiselnahmen oder AMOK-Lagen zu sensibilisieren und auszubilden. Genau wie bei Einsätzen mit Feuerwehr müssten sich die Rettungsdienste mit den Polizeikräften abstimmen, um sichere und gefährliche Bereiche zu definieren. Eindrücklich war auch die praktische Demonstration der Schutzausrüstung, die mittlerweile auf allen Streifenwagen zur Verfügung steht, damit sich die ersten Einsatzkräfte bei besonderen Einsatzlagen entsprechend schützen können.

Zum Abschluss der Tagung widmete sich Notärztin Carolin Kleinschroth, selbst lange Jahre ehrenamtlich in der HvO-Gruppe Trienz aktiv, einer besonderen Gefahr im Einsatzgeschehen. Der „Stille Killer“ Kohlenmonoxid sei leider unsichtbar, geruch- und geschmacklos. Man müsse von mehreren hundert Toten in Deutschland ausgehen, wobei es vermutlich eine nicht unerhebliche Dunkelziffer gibt, da die Symptome der Patienten meist recht unspezifisch seien: Kopf- und Gliederschmerzen, allgemeine Schwäche bis hin zu Bewusstseinsstörungen, immer abhängig von der Menge des giftigen Gases und der Einwirkdauer. „Dran denken kann Patienten und Einsatzkräfte retten“, rief die Notfallmedizinerin zu entsprechender Aufmerksamkeit auf. Das Tragen entsprechender Warngeräte stelle den einzig wirksamen Schutz dar.

Ganz wichtiges Element der Veranstaltung war auch der Austausch der Teilnehmer untereinander. Im Rahmen einer Ausstellung unterstützender Firmen und des Fördervereins PSNV konnten zusätzliche Informationen eingeholt werden.


Die Stadthalle Buchen war beim OFIRTA mit über 250 Einsatzkräften gut gefüllt. (Foto: Michael Genzwürker)

Infos im Internet:

www.ofirta.de

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