Podiumsdiskussion bei der Kolpingfamilie Bad Mergentheim
Das Bild zeigt von links Rolf Grüning (Linke), Carina Schmidt ( FDP), Alois Gerig (CDU), Thomas Kraft (SPD), Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Grüne) und Moderator Oliver Bauer. (Foto: pm)
(pm) „Jeder Mensch soll sich nach seiner Begabung in die Gesellschaft und die Familie einbringen“ – mit diesem Zitat Adolph Kolpings leitete Oliver Bauer als Moderator die Podiumsdiskussion der Kolpingsfamilie Bad Mergentheim zur Bundestagswahl in zwei Wochen ein. Der Einladung folgten die Bundestagskandidaten aus dem Wahlkreis Odenwald-Tauber, Dr. Christina Baum von der Alternative für Deutschland (AFD), Alois Gerig von der CDU, Rolf Grüning von der Linken, Carina Schmidt von der FDP, Charlotte Schneidewind-Hartnagel von Bündnis90/Die Grünen, sowie Kreisrat Thomas Kraft von der SPD. Die Themen Arbeit, Soziales, Familie und Integration standen bei Bauer auf der Agenda.
Zunächst wollte der Moderator wissen, wie die Kandidaten und ihre jeweilige Partei, Menschen überzeugen wollen, die sich Kolping verbunden fühlen. Schon bei dieser Einstiegsfrage wurden die unterschiedlichen Positionen deutlich.
Während für Alois Gerig von der CDU das christliche Menschenbild und die Wahrung der Schöpfung oberste Priorität haben, stehen für Charlotte Schneidewind-Hartnagel von Bündnis 90/Grüne gleiche Chancen für alle, soziale Gerechtigkeit und Verantwortung für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, an erster Stelle. Dr. Christine Baum von der rechtspopulistischen AfD stellte allerdings schon hier klar, dass sie an einer multikulturellen Gesellschaft kein Interesse habe, sie wähnte sich in einer unklaren Bedrohungssituation, der man sich entgegenstellen müsse. Rolf Grüning trat für gerechte Arbeitsbedingungen ein und Carina Schmidt stellte sich als überzeugte Europäerin dar. Für Thomas Kraft war das wichtigste Anliegen die Teilhabe aller Menschen am Wohlstand.
Schneidewind-Hartnagel konkretisierte in der Folge Ihre Grundsätze. Gerechtigkeit sei für sie der wichtigste Aspekt ihrer Politik, diese fange bei der vom Elternhaus losgelösten Bildung an und ende bei der angemessenen Bezahlung für Menschen in der Pflege. Nach wie vor seien es mehrheitlich Frauen, die Pflegearbeit leisteten und es sei nicht einzusehen, so die, Frauen- und Sozialpolitikerin weiter, dass die Pflege von Hedgefonds so viel besser bezahlt wird, als die Pflege von alten und kranken Menschen. Die direkte Folge dieser ungleichen Bezahlung sei weibliche Altersarmut. Durch Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit und einer Rentenlücke durch Erziehungs- oder Pflegezeiten, werde diese zusätzlich noch verstärkt. Doch nicht nur in der Pflege drohe zu wenig Rente, ein ganzes Heer von Niedriglohnarbeiterinnen und –arbeitern aus allen Wirtschaftssparten wandere Richtung nicht existenzsichernder Renten. Dem gelte es mit gerechten Löhnen und einer steuerfinanzierten Garantierente entgegen zu wirken.
Wichtig sei hierbei schon der Ansatz jedes Kind mitzunehmen und ihm die beste Bildung zu teil werden zu lassen. So könne man erfolgreiche Erwerbsbiografien fördern: „Wir Grüne stellen den Kirschbaum nicht nur für alle zum Pflücken zur Verfügung, sondern wir stellen für die Kleinen auch noch eine Leiter dazu.“ Baden-Württemberg sei mit dem Ausbau der Kleinkindbetreuung und der Einführung der Gemeinschaftsschule damit auf dem besten Weg, dennoch wolle sie sich in Berlin dafür einsetzen die föderalistischen Strukturen im Bildungsbereich zu verändern um Bildungsinvestitionen auch direkt mit Bundesmitteln finanzieren zu können.
Der grünen Politikerin war es wichtig klarzustellen, dass die AfD schlicht Unwahrheiten verbreite, wenn sie, wie Dr. Baum behaupte, dass das Kultusministerium sich von homosexuellen Lobbygruppen beim Bildungsplan habe beeinflussen lassen. Im Bildungsplan sei es immer um Toleranz und Vielfalt gegangen. Es sei eine großartige Errungenschaft, dass in Deutschland jeder Mensch unabhängig von Herkunft, Religionszugehörigkeit oder sexueller Orientierung, in Freiheit leben könne. Angst, Einschüchterung und Intoleranz seien dem kollektiven Gedächtnis aus einer anderen Zeit bekannt, niemand wolle dahin zurück. Die “Ehe für alle” sei daraus die logische und längst überfällige Konsequenz.
Zum Thema Integration begeisterte sich Schneidewind-Hartnagel an dem riesigen ehrenamtlichen Engagement. Sie zeigte sich überwältig vom Einsatz tausender Ehrenamtlicher, ohne deren Einsatz die plötzliche Zuwanderung von bedrohten Menschen nicht zu bewältigen gewesen wäre. Doch ehrenamtliche Arbeit könne nicht alles alleine schaffen, weshalb es verlässliches und auskömmlich bezahltes Hauptamt brauche.
So lange jedoch Millionen Menschen hungern und auf der Flucht sind, sei es Aufgabe der europaweiten Politik sich human zu verhalten und künftige Politik entsprechend zu gestalten. Es gelte Fluchtursachen zu bekämpfen und den hier angekommenen Menschen jede Hilfe zur Integration zu gewähren. Die Schlüsselkompetenz sei dabei das Erlernen der Sprache, zudem brauche es ein Einwanderungsgesetz, um Zuwanderung auch über fachliche Kompetenz am Arbeitsmarkt steuern zu können, ließ Schneidewind-Hartnagel die Zuhörer wissen. Die händeringende Suche deutscher Unternehmen nach Arbeits- und Fachkräften sowie Azubis in Handwerk und Gewerbe mache die Zuwanderung unumgänglich, war sie sich mit Wirtschaftsverbänden einig.
Abschließend distanzierte sich Schneidewind-Hartnagel von den rassistischen, undemokratischen und rechtspopulistischen Äußerungen der AfD-Kandidatin und verurteilte den Versuch, die Gesellschaft zu spalten. Man müsse die Zukunft gemeinsam für alle gestalten, so das Anliegen der Kolpingfamilie, dem sich die grüne Direktkandidatin am Ende gerne anschloss.