„s`Mariele“ auch nach Ermordung präsent

Pfarrer Richard Lallathin und Pfarrerin Stefanie vom Hoff gedachten mit Gottesdienstbesuchern der ermordeten Maria Zeitler an deren Stolperstein. Auch der Neffe des NS-Opfers, Prof. Dr. Dr. Norbert Gross (li.) war nach Mosbach gekommen, um die Erinnerung an seine Tante wach zu halten. (Foto: pm)

„Ihr Name mahnt uns“ – NS-Euthanasie: Johannes-Diakonie und Stiftsgemeinde gedachten der Ermordung von Menschen mit Behinderung

Mosbach. (pm) Am Anfang stand eine Hirnhautentzündung. Als Folge dieser Krankheit blieb bei der 1911 geborenen Maria Zeitler aus Mosbach eine geistige Behinderung. Ihre Eltern brachten sie im Alter von drei Jahren in der heutigen Johannes-Diakonie unter. Im September 1940 wurden sie und weitere Bewohnerinnen und Bewohner im Rahmen der NS-Euthanasie in die Vernichtungsanstalt Grafeneck gebracht und dort ermordet.

An das Schicksal von Maria Zeitler und weiterer Opfer der NS-Euthanasie erinnerten Pfarrerin Stefanie vom Hoff und Pfarrer Richard Lallathin bei einem Gottesdienst zum Todestag von Maria Zeitler in der Stiftskirche. Unter den Gottesdienstbesuchern war auch Professor Dr. Dr. Norbert Gross, ein Neffe von Maria Zeitler. Der Gottesdienst wurde musikalisch unterstützt von Singkreis und Orffgruppe aus der Johannes-Diakonie unter Leitung von Peter Bechtold sowie von Bezirkskantor Bernhard Monninger. Später wurden am Stolperstein für Maria Zeitler im Gartenweg Blumen niedergelegt.

In einer Dialogpredigt berichtete Richard Lallathin über die Wurzeln des NS-Euthanasieprogramms T 4, das sich auf vermeintlich wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt habe. Bis 1945 fielen der staatlich organisierten Massenmord über 200.000 Menschen zum Opfer. Das Schicksal von Maria Zeitler beschrieb Lallathin stellvertretend für alle Opfer: „Ihr Name mahnt uns, wachsam und mutig für die Rechte behinderter Menschen einzutreten“, sagte Lallathin. Zugleich lud er alle Interessierten ein, sich weiter mit den persönlichen Schicksalen der Ermordeten zu beschäftigen. Denn noch immer sind die Lebensgeschichten von rund 30 Opfern der NS-Euthanasie aus Mosbach unerforscht.

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Beide Pfarrer schlugen auch den Bogen zur Gegenwart. Denn heute noch stößt Behinderung auf viele Vorbehalte und Abwehr, wie Stefanie vom Hoff unter anderem mit Blick auf das Thema Abtreibung weiter ausführte. Sie mahnte mehr Unterstützung aus der Gesellschaft für Eltern behinderter Kinder an. Als Beispiel für einen positiven Umgang mit Behinderung nannte sie die Radsportlerin Kristina Vogel, die nach einem Unfall querschnittsgelähmt im Rollstuhl sitzt. „Ihre Art, mit ihrer Behinderung umzugehen, macht vielen Menschen Mut.“

Nach dem Gottesdienst legte Lallathin im Beisein von Gross und vielen weiteren Gottesdienstbesuchern Blumen am Stolperstein von Maria Zeitler im Gartenweg nieder. Der Stolperstein war 2013 vom Künstler Gunter Demnig verlegt worden. Vor den Anwesenden sprach Gross über die Bedeutung, die das Schicksal seiner ermordeten Tante für seine Familie gehabt habe. Auch nach ihrem Tod sei „s`Mariele“ in der Familie stets präsent gewesen. Die Lehre aus ihrer Ermordung sei im Artikel 1 des Grundgesetzes enthalten: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Gemeint sei die Würde aller Menschen, ob behindert oder nicht.

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