„Fieses Virus nutzt gnadenlos jede Chance!“

Anzahl der Corona-Patienten in den Neckar-Odenwald-Kliniken. (Grafik: pm)

Ein Jahr Corona im Kreis – Landratsamt und Neckar-Odenwald-Kliniken blicken zurück – Fast 14.000 Behandlungstage

Mosbach/Buchen. (pm) Am 06. März 2020 war es offiziell: Das damals noch neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 hatte den Neckar-Odenwald-Kreis erreicht. Um 17.09 Uhr bestätigte das Landratsamt an diesem Tag per Pressemitteilung, dass sich eine 60-jährige Frau bei einem bereits bekannten Fall aus einem anderen Landkreis angesteckt hatte und zu Hause auf amtliche Anordnung isoliert worden war. Inzwischen sind über 4.300 Fälle dazugekommen, wovon 123 Personen die Infektion nicht überlebt haben. Das Landratsamt und die Neckar-Odenwald-Kliniken blicken anlässlich des Jahrestags auf ein enorm herausforderndes und arbeitsreiches Jahr zurück.

Vorbereitet hatte man sich, nach den ersten Meldungen aus China, im Landratsamt wie auch in den Kliniken schon einige Wochen zuvor. Das Gesundheitsamt richtete sich auf eine pandemische Lage ein, die einzelnen Fachbereiche besprachen sich in schnell handlungsfähigen Stabsstrukturen und die Kliniken überprüften ihre Pandemiepläne.

„Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitsamt sind dann die alles andere als gewöhnliche Aufgabe mit großem persönlichem Engagement angegangen“, sagt die Leiterin des Gesundheitsamts Dr. Martina Teinert rückblickend. Die Ärzte des Landratsamts sowie das Landesgesundheitsamt arbeiteten bei der Eindämmung der zunächst wenigen Fälle im Kreis eng und in eingespielter Routine zusammen.

Nicht zuletzt durch das eingerichtete Bürgertelefon zeigte sich jedoch, dass man es mit einem hochansteckenden Virus zu tun hatte. Insbesondere die Meldungen von Reiserückkehrern aus dem Skiurlaub, vor allem einem, so formulierte es das Landratsamt, „mittlerweile festgestellten Infektionsschwerpunkt in Österreich“, häuften sich.

Spätestens eine Woche später war klar, dass dem Gesundheitssystem des Kreises, bestehend aus den Kliniken in Mosbach, Buchen und Hardheim, den Haus- und Fachärzten sowie dem öffentlichen Gesundheitswesen, ein außerordentlicher Stresstest bevorstand. Eine enge Abstimmung erfolgte insbesondere mit den niedergelassenen Ärzten, der Kassenärztlichen Vereinigung und deren Pandemiebeauftragten vor Ort Dr. Christoph Kaltenmaier sowie den beiden DRK-Kreisverbänden.

Die erste Welle der SARS-CoV-2-Pandemie hatte begonnen und gipfelte in ein Maximum der 7-Tage-Inzidenz von 66,16 am 17. April. Landrat Dr. Achim Brötel dankte deshalb im Mai dem beherzten und konsequenten Handeln ganz vieler Menschen, die unermüdlich gegen die Ausbreitung des Virus im Kreis gekämpft und damit ein Ausufern der Infektionen verhindert hatten.

In den Neckar-Odenwald-Kliniken ahnte ebenfalls kaum jemand, welche Veränderungen dem Krankenhaus, seinen Mitarbeitern und den Patienten bevorstanden, als am 10. März der erste Patient mit COVID-19-Symptomen eingeliefert worden war. Eingangskontrollen wurden eingerichtet, externe Hilfskräfte angefordert und Operationstermine verschoben.

Gelockert wurde das Besuchsverbot nur in Ausnahmefällen, wie bei Geburten oder wenn ein Patient im Sterben lag. Die Abwägung zwischen wichtiger menschlicher Nähe für Patienten und der Sicherheit für alle stand stets im Vordergrund, betont Krankenhausgeschäftsführer Frank Hehn heute. Neben der ungewöhnlichen Belastung sei man von der Dankbarkeit der Patienten und einem großen Engagement in der Bevölkerung überrascht gewesen.

Auch dank des strengen, in weiten Teilen der Bevölkerung akzeptierten Lockdowns fiel das Patientenaufkommen in der ersten Welle mit 65 Positivfällen, 15 davon auf der Intensivstation, dann nicht ganz so schlimm wie befürchtet aus. „Jedoch war die Phase sehr belastend, da wir es mit einem zu diesem Zeitpunkt noch kaum erforschten Virus zu tun hatten und es entsprechend keine standardisierten Behandlungsabläufe gab“, erinnert sich der Ärztliche Leiter der Kliniken, Priv.-Doz. Dr. Harald Genzwürker.

Als großes Glück stellte sich die voll ausgestattete Isolierstation am Standort Buchen heraus, wo, ebenso wie in der am Standort Mosbach eingerichteten Isolierstation, das Personal sehr gute Bedingungen vorfindet.

Der Lockdown schlug sich dann rasch in der Inzidenz nieder. Erfreulicher Tiefpunkt zwischen erster Welle und den in größerer Zahl eintreffenden positiv getesteten Reiserückkehrern war Mitte Juni, als man eine Woche keinen neuen Fall registrierte. „Möglicherweise muss man sagen, dass wir fast zu gut durch die erste Welle gekommen sind. Denn anschließend in der Ferienzeit und im Frühherbst wurden basierend auf den weitgehenden Lockerungen oftmals Hygieneregeln nicht mehr beachtet“, ist sich Dr. Teinert sicher.

Die entscheidende Herausforderung kam ab Oktober mit Beginn der zweiten Welle, die schließlich kurz vor Weihnachten in ein Inzidenzmaximum von über 386 gipfelte. Besonders schmerzlich zeigte sich, noch flächendeckender als in der ersten Welle, die Verletzlichkeit von Einrichtungen für Senioren. Insgesamt gab es in 25 Einrichtungen einen Ausbruch. 72 Todesfälle standen in Verbindung mit Pflegeheimen, wobei viele Patienten in den Krankenhäusern verstarben.

„Die Kausalität zwischen der Infektion und dem Sterben der natürlich meist älteren Menschen ist aus medizinischer Sicht so offensichtlich, dass es mich noch immer bedrückt, wenn Menschen, die noch nie eine Intensivstation betreten haben, dies infrage stellen“, betont Dr. Genzwürker. „Das Virus ist für bestimmte Gruppen ein großes, unkalkulierbares Risiko. Wer dies leugnet oder relativiert, liegt schlichtweg komplett falsch“, meint auch Landrat Dr. Brötel.

In Mosbach und in Buchen wurden entsprechend in großer Eile im November und Dezember zusätzliche Isolierstationen eingerichtet. Die Anzahl der Isolierplätze wurde auf 77 erhöht, davon 33 in Mosbach und 44 in Buchen. Allein für Corona-Patienten wurden in den Kliniken in den zurückliegenden zwölf Monaten fast 14.000 Behandlungstage dokumentiert, wobei die zweite Welle doppelt so viele Kapazitäten in Anspruch nahm wie die erste.

Insgesamt wurde die Diagnose bei 406 Patienten bestätigt, davon 341 oder 84 Prozent im Zeitraum nach dem 1. Oktober. Auf den beiden Intensivstationen wurden 99 Menschen mit einem schweren Verlauf behandelt. Trotz aller medizinischer Anstrengungen starben in der Pandemie insgesamt 94 Menschen an oder infolge von Corona in den Kliniken, davon 22 Patienten der Intensivstationen. Das Durchschnittsalter der Verstorbenen lag bei 83,6 Jahren.

Schnell war klar, dass die Mitarbeiter die Mehrbelastung nicht auf Dauer würden allein stemmen können. Deshalb erhöhten die Neckar-Odenwald-Kliniken ihre Personalkapazitäten, um die Patientenversorgung dauerhaft sicherstellen zu können. Dennoch kam es durch Krankheits- und Quarantänefälle in der Belegschaft zu Ausfällen, vor allem auf den Isolierstationen.

Daher wurden im Dezember die DRK-Kreisverbände, die DLRG und medizinisch ausgebildete Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr gebeten, auf den Intensiv- und den Isolierstationen auszuhelfen. So leisteten über Weihnachten und den Jahreswechsel, oftmals unter Aufopferung ihrer Freizeit und zulasten ihrer Familien, 90 freiwillige Helfer des DRK rund 800 Arbeitsstunden und sieben Helfer der DLRG rund 116 Arbeitsstunden.

„Wir hätten es alleine nicht geschafft und wir können dafür einfach nur noch einmal Danke sagen“, unterstreichen Hehn und Dr. Genzwürker. Inzwischen sind über 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geimpft, so dass das Personal deutlich besser vor Infektionen mit SARS-CoV-2 geschützt ist.

Auch im Gesundheitsamt wurden die Kapazitäten noch einmal aufgestockt. Zeitweise wurde dafür das vor der Pandemie vorhandene Personal vervierfacht. Unter anderem wurden, wie schon in der ersten Welle, viele Kollegen aus anderen Fachbereichen beigezogen sowie zahlreiche Überstunden während eines Sieben-Tage-Betriebs geleistet.

Auch die Bundeswehr unterstützte das Gesundheitsamt mit bis zu acht Soldatinnen und Soldaten, so dass in allen Phasen die Kontaktpersonennachverfolgung aufrechterhalten werden konnte. Es dauerte jedoch noch bis zum 25. Februar bis auch im Kreis die Inzidenz erstmals kurzfristig unter die Vorwarnstufe von 35 fiel.

Einer der wenigen positiven Effekte der Pandemie ist die konsequente Digitalisierung. Sei es im Landratsamt, wo derzeit noch rund ein Drittel der Mitarbeiter im Wechselbetrieb im Home Office arbeiten und die digitalen Kapazitäten umfassend ausgebaut wurden. Oder sei es mit Blick auf den anstehenden Glasfaserausbau, wo vielen Bürgerinnen und Bürger die enorme Bedeutung eines leistungsfähigen Internetanschlusses bewusst wurde.

Dies gilt ebenso für die Kliniken. Da das Krankenhaus zeitweise oder ganz für Besucher gesperrt war, fielen zunächst die beliebten Informationsveranstaltungen der Reihe „Treffpunkt Medizin“ und Führungen durch den Kreißsaal aus. Aber nicht lange, denn schon Mitte Mai startete mit Dr. Winfried Munz, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, die erste virtuelle Kreißsaalführung mit großer Resonanz.

Weitere, inzwischen mehr als 30 Onlineveranstaltungen zu verschiedenen Gesundheitsthemen folgten. Auch stationäre Patienten am Standort Buchen können an den Veranstaltungen ungehindert teilnehmen, weil dort inzwischen durch Spenden ein kostenfreies WLAN ausgebaut wurde. Am Standort Mosbach wird dies noch im März erfolgen.

Aktuell beschäftigen das Gesundheitsamt insbesondere die Mutationen, die bereits in bis zu 50 Prozent der gefundenen Fälle im Kreis auftreten. „Natürlich sehnen wir das Ende der Pandemie herbei und die Impfungen machen Hoffnung. Aber ich muss eindringlich davor warnen, jetzt leichtsinnig zu werden. Es ist kein Automatismus, dass die Zahlen im Frühjahr wieder so sinken werden wie letztes Jahr und nach wie vor hat niemand, der nicht geimpft ist, eine letztendliche Sicherheit vor einem schweren Verlauf“, appelliert Dr. Teinert.

Landrat Dr. Brötel warnt zwar ebenfalls vor zu viel Euphorie, sieht inzwischen aber auch einen deutlichen Silberstreif am Horizont: „Es stimmt schon: Wir haben schmerzlich lernen müssen, dass sich das fiese Virus weder nach unseren persönlichen Vorstellungen noch nach den Einschätzungen selbst ernannter Hobbyvirologen richtet, sondern gnadenlos jede Chance ausnutzt, die sich ihm bietet.

Trotzdem blicke ich zuversichtlich nach vorne. Nachdem inzwischen deutlich mehr Impfstoff zur Verfügung steht als am Anfang, nehmen auch die Impfungen mehr und mehr an Fahrt auf. Das ist immer noch der sicherste Weg aus der Pandemie. Die Menschen wünschen sich doch nichts sehnlicher, als dass dieser ganze Spuk endlich vorbei ist.

Über Nacht wird das zwar nicht gehen, aber wir haben gute Perspektiven, es zu schaffen. Deshalb müssen wir jetzt bei allem Verständnis für das Verlangen nach mehr Freiheit unbedingt weiter achtsam bleiben. Je mehr wir das verinnerlichen, umso eher werden aber auch weitere Öffnungsschritte möglich sein.

Und: wenn wir dann irgendwann einmal Rückblick halten auf das, was war, werden wir vielleicht auch Dinge finden, die uns durch die Brille der Pandemie betrachtet ganz neu geschenkt worden sind. Ich denke dabei etwa an die Rückbesinnung auf den Wert unserer eigenen Heimat, regional erzeugter Lebensmittel und einem insgesamt deutlich mehr an den Grundsätzen der Nachhaltigkeit ausgerichteten Leben als bisher. Deshalb: negativ bleiben, aber positiv denken. Das ist und bleibt das Gebot der Stunde. Jetzt erst recht“, so das Fazit des Landrats ein Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie im Neckar-Odenwald-Kreis.


Inzidenzverlauf im Neckar-Odenwald-Kreis. (Grafik: pm)

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